nämlich Schutz und Begünstigung des inländischen Gewerbswesens und Leitung der vaterländischen Consumtion hier zu erwägen übrig. a) Die Ausfuhr von Urproducten wird durch Zölle erschwert, entweder um die Kunstgewerbe, welche sie verbrauchen, zu begün- stigen (z. B. Wolle, Haare, Flachs, Hanf, Gold und Silber, andere Metalle, Taback u. s. w.) oder aus Furcht vor einem Man- gel an solchen, die zu den gewöhnlichen Bedürfnissen gehören (z. B. Vieh, Getreide). Ersteres ist eine ungerechte Benachtheiligung der einen Gewerbsklasse zum Vortheile der andern, indem dadurch aus unverhältnißmäßigem Angebote eine bedeutende Erniedrigung der Preise veranlaßt wird, so daß nur zwischen Verlust und Ver- lassen des betreffenden Urgewerbes die Wahl übrig bleibt, also im günstigsten Falle eine Mißleitung von Arbeit und Capital erfolgt. Aus dem zweiten Grunde gingen die Korngesetze5) hervor. Die Erschwerung der Kornausfuhr hat aber jedenfalls die so eben an- gegebenen Folgen für die Gewerke und die genannten Nachtheile für den Feldbau, welcher im günstigen Falle dann dem Wiesen- und Weidenbaue für Erweiterung der Viehzucht weichen muß (wenn die Viehausfuhr nicht auch erschwert ist), so daß die beabsichtigte Wohlfeilheit des Getreides nicht nur nicht erreicht wird, sondern zu- folge der erschwerten Ausfuhr Getreidemangel entstehen kann. Die- selbe, als Maasregel gegen Getreidemangel betrachtet, ist in getreide- reichen Ländern ganz unnöthig und jedenfalls schädlich; in Ländern von weniger günstiger Getreideproduction, aber von der Lage und Beschaffenheit, daß Getreide leicht eingeführt werden kann, gilt dies ebenfalls; in Ländern endlich, denen auch diese letzte Wohlthat fehlt, bleibt freilich blos die Wahl zwischen Erschwerung der Korn- ausfuhr und den oben (§. 459.) erwähnten Mitteln. Ob bei der Wahl der Ersteren die Kornausfuhr permanent oder blos momentan und wie sehr erschwert werden soll, bedarf einer besondern sorg- samen Erwägung nach den speziellen Verhältnissen. Im ersten Falle wird bei einem gewissen Preise die Ausfuhr entweder ganz untersagt oder sie bleibt gestattet, aber der Ausfuhrzoll steigt mit dem Preise. b)Die Einfuhr von Urproducten wird erschwert, um die Urgewerbe zu begünstigen. Dies begründet für dieselben ein Monopol zum Nachtheile der Consumenten und der Gewerke, und erleidet daher alle Einwendungen gegen dieses (§. 469. 3.). Der Einfuhrzoll erhöht den Waarenpreis. Wenn die Urproducenten die Concurrenz der Ausländer nicht ertragen können, so kann dies von Mängeln im Gewerbsbetriebe, von äußern Hindernissen oder von geringer Wirksamkeit der Natur herrühren, weßhalb man vorerst die beiden ersteren Hindernisse heben muß, während beim dritten
nämlich Schutz und Begünſtigung des inländiſchen Gewerbsweſens und Leitung der vaterländiſchen Conſumtion hier zu erwägen übrig. a) Die Ausfuhr von Urproducten wird durch Zölle erſchwert, entweder um die Kunſtgewerbe, welche ſie verbrauchen, zu begün- ſtigen (z. B. Wolle, Haare, Flachs, Hanf, Gold und Silber, andere Metalle, Taback u. ſ. w.) oder aus Furcht vor einem Man- gel an ſolchen, die zu den gewöhnlichen Bedürfniſſen gehören (z. B. Vieh, Getreide). Erſteres iſt eine ungerechte Benachtheiligung der einen Gewerbsklaſſe zum Vortheile der andern, indem dadurch aus unverhältnißmäßigem Angebote eine bedeutende Erniedrigung der Preiſe veranlaßt wird, ſo daß nur zwiſchen Verluſt und Ver- laſſen des betreffenden Urgewerbes die Wahl übrig bleibt, alſo im günſtigſten Falle eine Mißleitung von Arbeit und Capital erfolgt. Aus dem zweiten Grunde gingen die Korngeſetze5) hervor. Die Erſchwerung der Kornausfuhr hat aber jedenfalls die ſo eben an- gegebenen Folgen für die Gewerke und die genannten Nachtheile für den Feldbau, welcher im günſtigen Falle dann dem Wieſen- und Weidenbaue für Erweiterung der Viehzucht weichen muß (wenn die Viehausfuhr nicht auch erſchwert iſt), ſo daß die beabſichtigte Wohlfeilheit des Getreides nicht nur nicht erreicht wird, ſondern zu- folge der erſchwerten Ausfuhr Getreidemangel entſtehen kann. Die- ſelbe, als Maaſregel gegen Getreidemangel betrachtet, iſt in getreide- reichen Ländern ganz unnöthig und jedenfalls ſchädlich; in Ländern von weniger günſtiger Getreideproduction, aber von der Lage und Beſchaffenheit, daß Getreide leicht eingeführt werden kann, gilt dies ebenfalls; in Ländern endlich, denen auch dieſe letzte Wohlthat fehlt, bleibt freilich blos die Wahl zwiſchen Erſchwerung der Korn- ausfuhr und den oben (§. 459.) erwähnten Mitteln. Ob bei der Wahl der Erſteren die Kornausfuhr permanent oder blos momentan und wie ſehr erſchwert werden ſoll, bedarf einer beſondern ſorg- ſamen Erwägung nach den ſpeziellen Verhältniſſen. Im erſten Falle wird bei einem gewiſſen Preiſe die Ausfuhr entweder ganz unterſagt oder ſie bleibt geſtattet, aber der Ausfuhrzoll ſteigt mit dem Preiſe. b)Die Einfuhr von Urproducten wird erſchwert, um die Urgewerbe zu begünſtigen. Dies begründet für dieſelben ein Monopol zum Nachtheile der Conſumenten und der Gewerke, und erleidet daher alle Einwendungen gegen dieſes (§. 469. 3.). Der Einfuhrzoll erhöht den Waarenpreis. Wenn die Urproducenten die Concurrenz der Ausländer nicht ertragen können, ſo kann dies von Mängeln im Gewerbsbetriebe, von äußern Hinderniſſen oder von geringer Wirkſamkeit der Natur herrühren, weßhalb man vorerſt die beiden erſteren Hinderniſſe heben muß, während beim dritten
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[684/0706]
nämlich Schutz und Begünſtigung des inländiſchen Gewerbsweſens
und Leitung der vaterländiſchen Conſumtion hier zu erwägen übrig.
a) Die Ausfuhr von Urproducten wird durch Zölle erſchwert,
entweder um die Kunſtgewerbe, welche ſie verbrauchen, zu begün-
ſtigen (z. B. Wolle, Haare, Flachs, Hanf, Gold und Silber,
andere Metalle, Taback u. ſ. w.) oder aus Furcht vor einem Man-
gel an ſolchen, die zu den gewöhnlichen Bedürfniſſen gehören (z. B.
Vieh, Getreide). Erſteres iſt eine ungerechte Benachtheiligung
der einen Gewerbsklaſſe zum Vortheile der andern, indem dadurch
aus unverhältnißmäßigem Angebote eine bedeutende Erniedrigung
der Preiſe veranlaßt wird, ſo daß nur zwiſchen Verluſt und Ver-
laſſen des betreffenden Urgewerbes die Wahl übrig bleibt, alſo im
günſtigſten Falle eine Mißleitung von Arbeit und Capital erfolgt.
Aus dem zweiten Grunde gingen die Korngeſetze5) hervor. Die
Erſchwerung der Kornausfuhr hat aber jedenfalls die ſo eben an-
gegebenen Folgen für die Gewerke und die genannten Nachtheile
für den Feldbau, welcher im günſtigen Falle dann dem Wieſen-
und Weidenbaue für Erweiterung der Viehzucht weichen muß (wenn
die Viehausfuhr nicht auch erſchwert iſt), ſo daß die beabſichtigte
Wohlfeilheit des Getreides nicht nur nicht erreicht wird, ſondern zu-
folge der erſchwerten Ausfuhr Getreidemangel entſtehen kann. Die-
ſelbe, als Maaſregel gegen Getreidemangel betrachtet, iſt in getreide-
reichen Ländern ganz unnöthig und jedenfalls ſchädlich; in Ländern
von weniger günſtiger Getreideproduction, aber von der Lage und
Beſchaffenheit, daß Getreide leicht eingeführt werden kann, gilt
dies ebenfalls; in Ländern endlich, denen auch dieſe letzte Wohlthat
fehlt, bleibt freilich blos die Wahl zwiſchen Erſchwerung der Korn-
ausfuhr und den oben (§. 459.) erwähnten Mitteln. Ob bei der
Wahl der Erſteren die Kornausfuhr permanent oder blos momentan
und wie ſehr erſchwert werden ſoll, bedarf einer beſondern ſorg-
ſamen Erwägung nach den ſpeziellen Verhältniſſen. Im erſten
Falle wird bei einem gewiſſen Preiſe die Ausfuhr entweder ganz
unterſagt oder ſie bleibt geſtattet, aber der Ausfuhrzoll ſteigt mit
dem Preiſe. b) Die Einfuhr von Urproducten wird erſchwert,
um die Urgewerbe zu begünſtigen. Dies begründet für dieſelben ein
Monopol zum Nachtheile der Conſumenten und der Gewerke, und
erleidet daher alle Einwendungen gegen dieſes (§. 469. 3.). Der
Einfuhrzoll erhöht den Waarenpreis. Wenn die Urproducenten die
Concurrenz der Ausländer nicht ertragen können, ſo kann dies von
Mängeln im Gewerbsbetriebe, von äußern Hinderniſſen oder von
geringer Wirkſamkeit der Natur herrühren, weßhalb man vorerſt
die beiden erſteren Hinderniſſe heben muß, während beim dritten
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/706>, abgerufen am 24.11.2024.
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