8) Uebrigens spricht Rau's Grund (§. 91.), daß die Gemeindeweiden nicht das gesammte Gemeindevermögen und die andern Gemeindegüter nach andern Maaßstäben zu vertheilen seien, nicht gegen diesen Maaßstab Eine Combination dieser verschiedenen Maaßstäbe, wie sie Rau (§. 93.) vorschlägt, ist ganz unnöthig. Ebenso ist das Auflegen eines Bodenzinses (§. 94) schädlich.
§. 465. G.Kredit- und Versicherungsanstalten. H.Vereine. I. Unterrichtsanstalten.
Endlich sind noch hierher zu rechnen:
G.Die Versicherungs- und Kreditanstalten. Wegen den Ersteren ist schon oben das Nöthige berührt (§. 455. 456. L. a.). Von sehr großer Bedeutung sind aber die Letzteren, d. h. Anstalten (Kassen, Institute, Vereine), in welchen die durch Mißverhältnisse irgend einer Art, besonders aber durch zu wohlfeile Preise der Producte, die mit den Capitalauslagen in Mißverhältniß stehen und den landmännischen Kredit schwächen, bedrückten Grundeigen- thümer zu billigen Bedingungen Capital aufnehmen können1). Der Kreditverein tritt in's Mittel zwischen den Grundeigenthümern und Capitalisten, stellt in seinem Namen den Capitalisten die Schuld- briefe aus und haftet mit dem Gesammtbetrage der verpfändeten Grundstücke aller einzelnen Mitglieder für Verzinsung und Capital- zahlung; er läßt sich von jedem Schuldner eine hypothekarische unter ihrem Werthe geschätzte Grundversicherung geben, und bezieht von ihm die Zinsen, darf aber demselben nicht aufkündigen, wenn der Capitalist vom Vereine sein Capital verlangt; es stehen ihm gegen nachlässige Versäumung der Zinszahlung Zwangsmittel zu Gebote: derselbe führt die Geschäfte und genaue Rechnung, wofür die Kosten auch aus den Zinsen genommen werden, und hat also, bei gehöriger Beobachtung des Wirthschaftsganges der Mitglieder, immer genaue Einsicht in die Verhältnisse der Letzteren zum Vereine2).
H.Die landwirthschaftlichen Vereine3). Sie sind an- erkannt eines der mächtigsten Mittel, das landwirthschaftliche Ge- werbe zu heben. Allein die Erfahrung hat auch gezeigt, daß sie, schlecht geleitet, oft nicht nur keinen Nutzen, sondern sogar Scha- den brachten. Es ist bei ihnen nicht mit Musterwirthschaften und Mustergütern, die sie als Pachtungen oder als Eigenthum besitzen, eben so wenig mit großen landwirthschaftlichen Gär- ten gethan, in welchen die größte Manchfaltigkeit von Pflanzen zu finden ist; sondern diese Vereine müssen sich unter den Bauern- stand mengen, Versuche im Kleinen vormachen, wenn sie erprobt sind, die Bauern der verschiedensten Gegenden ermuntern, sie im Freien auf größerem Felde nachzumachen, indem man ihnen die
8) Uebrigens ſpricht Rau's Grund (§. 91.), daß die Gemeindeweiden nicht das geſammte Gemeindevermögen und die andern Gemeindegüter nach andern Maaßſtäben zu vertheilen ſeien, nicht gegen dieſen Maaßſtab Eine Combination dieſer verſchiedenen Maaßſtäbe, wie ſie Rau (§. 93.) vorſchlägt, iſt ganz unnöthig. Ebenſo iſt das Auflegen eines Bodenzinſes (§. 94) ſchädlich.
§. 465. G.Kredit- und Verſicherungsanſtalten. H.Vereine. I. Unterrichtsanſtalten.
Endlich ſind noch hierher zu rechnen:
G.Die Verſicherungs- und Kreditanſtalten. Wegen den Erſteren iſt ſchon oben das Nöthige berührt (§. 455. 456. L. a.). Von ſehr großer Bedeutung ſind aber die Letzteren, d. h. Anſtalten (Kaſſen, Inſtitute, Vereine), in welchen die durch Mißverhältniſſe irgend einer Art, beſonders aber durch zu wohlfeile Preiſe der Producte, die mit den Capitalauslagen in Mißverhältniß ſtehen und den landmänniſchen Kredit ſchwächen, bedrückten Grundeigen- thümer zu billigen Bedingungen Capital aufnehmen können1). Der Kreditverein tritt in's Mittel zwiſchen den Grundeigenthümern und Capitaliſten, ſtellt in ſeinem Namen den Capitaliſten die Schuld- briefe aus und haftet mit dem Geſammtbetrage der verpfändeten Grundſtücke aller einzelnen Mitglieder für Verzinſung und Capital- zahlung; er läßt ſich von jedem Schuldner eine hypothekariſche unter ihrem Werthe geſchätzte Grundverſicherung geben, und bezieht von ihm die Zinſen, darf aber demſelben nicht aufkündigen, wenn der Capitaliſt vom Vereine ſein Capital verlangt; es ſtehen ihm gegen nachläſſige Verſäumung der Zinszahlung Zwangsmittel zu Gebote: derſelbe führt die Geſchäfte und genaue Rechnung, wofür die Koſten auch aus den Zinſen genommen werden, und hat alſo, bei gehöriger Beobachtung des Wirthſchaftsganges der Mitglieder, immer genaue Einſicht in die Verhältniſſe der Letzteren zum Vereine2).
H.Die landwirthſchaftlichen Vereine3). Sie ſind an- erkannt eines der mächtigſten Mittel, das landwirthſchaftliche Ge- werbe zu heben. Allein die Erfahrung hat auch gezeigt, daß ſie, ſchlecht geleitet, oft nicht nur keinen Nutzen, ſondern ſogar Scha- den brachten. Es iſt bei ihnen nicht mit Muſterwirthſchaften und Muſtergütern, die ſie als Pachtungen oder als Eigenthum beſitzen, eben ſo wenig mit großen landwirthſchaftlichen Gär- ten gethan, in welchen die größte Manchfaltigkeit von Pflanzen zu finden iſt; ſondern dieſe Vereine müſſen ſich unter den Bauern- ſtand mengen, Verſuche im Kleinen vormachen, wenn ſie erprobt ſind, die Bauern der verſchiedenſten Gegenden ermuntern, ſie im Freien auf größerem Felde nachzumachen, indem man ihnen die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><divn="9"><pbfacs="#f0688"n="666"/><noteplace="end"n="8)">Uebrigens ſpricht <hirendition="#g">Rau</hi>'s Grund (§. 91.), daß die Gemeindeweiden nicht<lb/>
das geſammte Gemeindevermögen und die andern Gemeindegüter nach andern<lb/>
Maaßſtäben zu vertheilen ſeien, nicht gegen dieſen Maaßſtab Eine Combination<lb/>
dieſer verſchiedenen Maaßſtäbe, wie ſie <hirendition="#g">Rau</hi> (§. 93.) vorſchlägt, iſt ganz unnöthig.<lb/>
Ebenſo iſt das Auflegen eines Bodenzinſes (§. 94) ſchädlich.</note></div><lb/><divn="9"><head><hirendition="#c">§. 465.<lb/><hirendition="#aq">G.</hi><hirendition="#g">Kredit</hi>- <hirendition="#g">und Verſicherungsanſtalten</hi>. <hirendition="#aq">H.</hi><hirendition="#g">Vereine</hi>.<lb/>
I. <hirendition="#g">Unterrichtsanſtalten</hi>.</hi></head><lb/><p>Endlich ſind noch hierher zu rechnen:</p><lb/><p><hirendition="#aq">G.</hi><hirendition="#g">Die Verſicherungs</hi>- <hirendition="#g">und Kreditanſtalten</hi>. Wegen<lb/>
den Erſteren iſt ſchon oben das Nöthige berührt (§. 455. 456. <hirendition="#aq">L. a.).</hi><lb/>
Von ſehr großer Bedeutung ſind aber die Letzteren, d. h. Anſtalten<lb/>
(Kaſſen, Inſtitute, Vereine), in welchen die durch Mißverhältniſſe<lb/>
irgend einer Art, beſonders aber durch zu wohlfeile Preiſe der<lb/>
Producte, die mit den Capitalauslagen in Mißverhältniß ſtehen<lb/>
und den landmänniſchen Kredit ſchwächen, bedrückten Grundeigen-<lb/>
thümer zu billigen Bedingungen Capital aufnehmen können<hirendition="#sup">1</hi>). Der<lb/>
Kreditverein tritt in's Mittel zwiſchen den Grundeigenthümern und<lb/>
Capitaliſten, ſtellt in ſeinem Namen den Capitaliſten die Schuld-<lb/>
briefe aus und haftet mit dem Geſammtbetrage der verpfändeten<lb/>
Grundſtücke aller einzelnen Mitglieder für Verzinſung und Capital-<lb/>
zahlung; er läßt ſich von jedem Schuldner eine hypothekariſche<lb/>
unter ihrem Werthe geſchätzte Grundverſicherung geben, und bezieht<lb/>
von ihm die Zinſen, darf aber demſelben nicht aufkündigen, wenn<lb/>
der Capitaliſt vom Vereine ſein Capital verlangt; es ſtehen ihm<lb/>
gegen nachläſſige Verſäumung der Zinszahlung Zwangsmittel zu<lb/>
Gebote: derſelbe führt die Geſchäfte und genaue Rechnung, wofür<lb/>
die Koſten auch aus den Zinſen genommen werden, und hat alſo,<lb/>
bei gehöriger Beobachtung des Wirthſchaftsganges der Mitglieder,<lb/>
immer genaue Einſicht in die Verhältniſſe der Letzteren zum Vereine<hirendition="#sup">2</hi>).</p><lb/><p><hirendition="#aq">H.</hi><hirendition="#g">Die landwirthſchaftlichen Vereine</hi><hirendition="#sup">3</hi>). Sie ſind an-<lb/>
erkannt eines der mächtigſten Mittel, das landwirthſchaftliche Ge-<lb/>
werbe zu heben. Allein die Erfahrung hat auch gezeigt, daß ſie,<lb/>ſchlecht geleitet, oft nicht nur keinen Nutzen, ſondern ſogar Scha-<lb/>
den brachten. Es iſt bei ihnen nicht mit <hirendition="#g">Muſterwirthſchaften</hi><lb/>
und <hirendition="#g">Muſtergütern</hi>, die ſie als Pachtungen oder als Eigenthum<lb/>
beſitzen, eben ſo wenig mit großen <hirendition="#g">landwirthſchaftlichen Gär</hi>-<lb/><hirendition="#g">ten</hi> gethan, in welchen die größte Manchfaltigkeit von Pflanzen<lb/>
zu finden iſt; ſondern dieſe Vereine müſſen ſich unter den Bauern-<lb/>ſtand mengen, Verſuche im Kleinen vormachen, wenn ſie erprobt<lb/>ſind, die Bauern der verſchiedenſten Gegenden ermuntern, ſie im<lb/>
Freien auf größerem Felde nachzumachen, indem man ihnen die<lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[666/0688]
⁸⁾ Uebrigens ſpricht Rau's Grund (§. 91.), daß die Gemeindeweiden nicht
das geſammte Gemeindevermögen und die andern Gemeindegüter nach andern
Maaßſtäben zu vertheilen ſeien, nicht gegen dieſen Maaßſtab Eine Combination
dieſer verſchiedenen Maaßſtäbe, wie ſie Rau (§. 93.) vorſchlägt, iſt ganz unnöthig.
Ebenſo iſt das Auflegen eines Bodenzinſes (§. 94) ſchädlich.
§. 465.
G. Kredit- und Verſicherungsanſtalten. H. Vereine.
I. Unterrichtsanſtalten.
Endlich ſind noch hierher zu rechnen:
G. Die Verſicherungs- und Kreditanſtalten. Wegen
den Erſteren iſt ſchon oben das Nöthige berührt (§. 455. 456. L. a.).
Von ſehr großer Bedeutung ſind aber die Letzteren, d. h. Anſtalten
(Kaſſen, Inſtitute, Vereine), in welchen die durch Mißverhältniſſe
irgend einer Art, beſonders aber durch zu wohlfeile Preiſe der
Producte, die mit den Capitalauslagen in Mißverhältniß ſtehen
und den landmänniſchen Kredit ſchwächen, bedrückten Grundeigen-
thümer zu billigen Bedingungen Capital aufnehmen können1). Der
Kreditverein tritt in's Mittel zwiſchen den Grundeigenthümern und
Capitaliſten, ſtellt in ſeinem Namen den Capitaliſten die Schuld-
briefe aus und haftet mit dem Geſammtbetrage der verpfändeten
Grundſtücke aller einzelnen Mitglieder für Verzinſung und Capital-
zahlung; er läßt ſich von jedem Schuldner eine hypothekariſche
unter ihrem Werthe geſchätzte Grundverſicherung geben, und bezieht
von ihm die Zinſen, darf aber demſelben nicht aufkündigen, wenn
der Capitaliſt vom Vereine ſein Capital verlangt; es ſtehen ihm
gegen nachläſſige Verſäumung der Zinszahlung Zwangsmittel zu
Gebote: derſelbe führt die Geſchäfte und genaue Rechnung, wofür
die Koſten auch aus den Zinſen genommen werden, und hat alſo,
bei gehöriger Beobachtung des Wirthſchaftsganges der Mitglieder,
immer genaue Einſicht in die Verhältniſſe der Letzteren zum Vereine2).
H. Die landwirthſchaftlichen Vereine3). Sie ſind an-
erkannt eines der mächtigſten Mittel, das landwirthſchaftliche Ge-
werbe zu heben. Allein die Erfahrung hat auch gezeigt, daß ſie,
ſchlecht geleitet, oft nicht nur keinen Nutzen, ſondern ſogar Scha-
den brachten. Es iſt bei ihnen nicht mit Muſterwirthſchaften
und Muſtergütern, die ſie als Pachtungen oder als Eigenthum
beſitzen, eben ſo wenig mit großen landwirthſchaftlichen Gär-
ten gethan, in welchen die größte Manchfaltigkeit von Pflanzen
zu finden iſt; ſondern dieſe Vereine müſſen ſich unter den Bauern-
ſtand mengen, Verſuche im Kleinen vormachen, wenn ſie erprobt
ſind, die Bauern der verſchiedenſten Gegenden ermuntern, ſie im
Freien auf größerem Felde nachzumachen, indem man ihnen die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/688>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.