wegen vieler Folgen und wegen mancher Vorurtheile schwieriges Geschäft4). Wo Wiesen, Weiden und Aecker in verschiedener Lage vorkommen, da kann sie auch jedesmal nur jede dieser drei Klassen besonders treffen; fast unmöglich wird sie oft, wenn es in der Gemarkung recht verschiedene Bodenklassen hat. Nur die Mi- norität einer Gemeinde kann, wenn sie dagegen ist, zur Theilnahme an der von der Majorität beschlossenen Maaßregel gezwungen werden. Es folgt dann Klassifizirung der Flur, Schätzung der Grundstücke der Einzelnen, geometrische Flurtheilung, Vertauschung, zuweilen mit baaren Ausgleichungen, Verlegung der Wohnungen und Er- neuerung der Unterpfandsbücher auf einander, nach obrigkeitlich geprüften und genehmigten Planen5).
F.Die Gemeinheitstheilungen, d. h. zum Theile Auf- hebung gegenseitiger Weideservitute der Gemeindeglieder (engl. Enclosure, Einhängung), zum Theile die Vertheilung der Gemein- degüter, besonders der öden Gemeindeweiden unter die Gemeinde- glieder (§. 388. B., wo die Vor- und Nachtheile derselben ver- glichen sind)6). Es ist nicht das Interesse der großen Viehbesitzer, besonders der Schaafzüchter, welches der Ausführung dieser Maaß- regel Hindernisse in den Weg legt, denn diese können bei der Thei- lung durch Einrichtung einer Weidearrondirung befriedigt werden; sondern vielmehr der Streit über den Theilungsmaaßstab hat viele Hindernisse verursacht. Es ist zum Wundern, daß man, wohl blos zufolge des Spieles der Partheien, den allernatürlichsten und rück- sichtslos gerechtesten Theilungsmaaßstab, nämlich 1) das rechtliche Verhältniß der Bürger zur Gemeinde nicht überall annahm, da er doch mit dem Nutzungsrechte genau zusammenfällt und die bisherige Nutzung keinen gerechten Theilungsgrund abgeben kann, so billig es auch scheint, der Reicheren wegen eine ungleiche Vertheilung vorzunehmen7). In der That beruhen die noch übrigen vorge- schlagenen und zum Theile auch angewendeten Maaßstäbe blos auf der letzteren Maxime. Sie sind folgende: 2) der Viehstand der Interessenten, -- jeweilig etwas Zufälliges und im Durchschnitte schwer zu ermitteln; 3) der Durchwinterungsmaaßstab, d. h. die Menge von Vieh, welches der Berechtigte nach seinem eigenen zu schätzenden Futtererwachse durchwintern kann, -- erschwert durch die Klassifizirung, Messung und Ertragsschätzung der Felder eines Jeden, und für grundbesitzlose Bürger unbrauchbar; 4) die Größe des Grundbesitzes, -- ohne Klassifizirung nicht brauchbar, als Er- tragsmaaßstab wegen des Capitals und der Arbeit unzureichend; 5) die Beiträge zu den Gemeindebedürfnissen, -- nicht ausführbar, wegen der verschiedenen Arten von Steuern8).
wegen vieler Folgen und wegen mancher Vorurtheile ſchwieriges Geſchäft4). Wo Wieſen, Weiden und Aecker in verſchiedener Lage vorkommen, da kann ſie auch jedesmal nur jede dieſer drei Klaſſen beſonders treffen; faſt unmöglich wird ſie oft, wenn es in der Gemarkung recht verſchiedene Bodenklaſſen hat. Nur die Mi- norität einer Gemeinde kann, wenn ſie dagegen iſt, zur Theilnahme an der von der Majorität beſchloſſenen Maaßregel gezwungen werden. Es folgt dann Klaſſifizirung der Flur, Schätzung der Grundſtücke der Einzelnen, geometriſche Flurtheilung, Vertauſchung, zuweilen mit baaren Ausgleichungen, Verlegung der Wohnungen und Er- neuerung der Unterpfandsbücher auf einander, nach obrigkeitlich geprüften und genehmigten Planen5).
F.Die Gemeinheitstheilungen, d. h. zum Theile Auf- hebung gegenſeitiger Weideſervitute der Gemeindeglieder (engl. Enclosure, Einhängung), zum Theile die Vertheilung der Gemein- degüter, beſonders der öden Gemeindeweiden unter die Gemeinde- glieder (§. 388. B., wo die Vor- und Nachtheile derſelben ver- glichen ſind)6). Es iſt nicht das Intereſſe der großen Viehbeſitzer, beſonders der Schaafzüchter, welches der Ausführung dieſer Maaß- regel Hinderniſſe in den Weg legt, denn dieſe können bei der Thei- lung durch Einrichtung einer Weidearrondirung befriedigt werden; ſondern vielmehr der Streit über den Theilungsmaaßſtab hat viele Hinderniſſe verurſacht. Es iſt zum Wundern, daß man, wohl blos zufolge des Spieles der Partheien, den allernatürlichſten und rück- ſichtslos gerechteſten Theilungsmaaßſtab, nämlich 1) das rechtliche Verhältniß der Bürger zur Gemeinde nicht überall annahm, da er doch mit dem Nutzungsrechte genau zuſammenfällt und die bisherige Nutzung keinen gerechten Theilungsgrund abgeben kann, ſo billig es auch ſcheint, der Reicheren wegen eine ungleiche Vertheilung vorzunehmen7). In der That beruhen die noch übrigen vorge- ſchlagenen und zum Theile auch angewendeten Maaßſtäbe blos auf der letzteren Maxime. Sie ſind folgende: 2) der Viehſtand der Intereſſenten, — jeweilig etwas Zufälliges und im Durchſchnitte ſchwer zu ermitteln; 3) der Durchwinterungsmaaßſtab, d. h. die Menge von Vieh, welches der Berechtigte nach ſeinem eigenen zu ſchätzenden Futtererwachſe durchwintern kann, — erſchwert durch die Klaſſifizirung, Meſſung und Ertragsſchätzung der Felder eines Jeden, und für grundbeſitzloſe Bürger unbrauchbar; 4) die Größe des Grundbeſitzes, — ohne Klaſſifizirung nicht brauchbar, als Er- tragsmaaßſtab wegen des Capitals und der Arbeit unzureichend; 5) die Beiträge zu den Gemeindebedürfniſſen, — nicht ausführbar, wegen der verſchiedenen Arten von Steuern8).
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wegen vieler Folgen und wegen mancher Vorurtheile ſchwieriges
Geſchäft4). Wo Wieſen, Weiden und Aecker in verſchiedener
Lage vorkommen, da kann ſie auch jedesmal nur jede dieſer drei
Klaſſen beſonders treffen; faſt unmöglich wird ſie oft, wenn es in
der Gemarkung recht verſchiedene Bodenklaſſen hat. Nur die Mi-
norität einer Gemeinde kann, wenn ſie dagegen iſt, zur Theilnahme
an der von der Majorität beſchloſſenen Maaßregel gezwungen werden.
Es folgt dann Klaſſifizirung der Flur, Schätzung der Grundſtücke
der Einzelnen, geometriſche Flurtheilung, Vertauſchung, zuweilen
mit baaren Ausgleichungen, Verlegung der Wohnungen und Er-
neuerung der Unterpfandsbücher auf einander, nach obrigkeitlich
geprüften und genehmigten Planen5).
F. Die Gemeinheitstheilungen, d. h. zum Theile Auf-
hebung gegenſeitiger Weideſervitute der Gemeindeglieder (engl.
Enclosure, Einhängung), zum Theile die Vertheilung der Gemein-
degüter, beſonders der öden Gemeindeweiden unter die Gemeinde-
glieder (§. 388. B., wo die Vor- und Nachtheile derſelben ver-
glichen ſind)6). Es iſt nicht das Intereſſe der großen Viehbeſitzer,
beſonders der Schaafzüchter, welches der Ausführung dieſer Maaß-
regel Hinderniſſe in den Weg legt, denn dieſe können bei der Thei-
lung durch Einrichtung einer Weidearrondirung befriedigt werden;
ſondern vielmehr der Streit über den Theilungsmaaßſtab hat viele
Hinderniſſe verurſacht. Es iſt zum Wundern, daß man, wohl blos
zufolge des Spieles der Partheien, den allernatürlichſten und rück-
ſichtslos gerechteſten Theilungsmaaßſtab, nämlich 1) das rechtliche
Verhältniß der Bürger zur Gemeinde nicht überall annahm, da er
doch mit dem Nutzungsrechte genau zuſammenfällt und die bisherige
Nutzung keinen gerechten Theilungsgrund abgeben kann, ſo billig
es auch ſcheint, der Reicheren wegen eine ungleiche Vertheilung
vorzunehmen7). In der That beruhen die noch übrigen vorge-
ſchlagenen und zum Theile auch angewendeten Maaßſtäbe blos auf
der letzteren Maxime. Sie ſind folgende: 2) der Viehſtand der
Intereſſenten, — jeweilig etwas Zufälliges und im Durchſchnitte
ſchwer zu ermitteln; 3) der Durchwinterungsmaaßſtab, d. h. die
Menge von Vieh, welches der Berechtigte nach ſeinem eigenen zu
ſchätzenden Futtererwachſe durchwintern kann, — erſchwert durch
die Klaſſifizirung, Meſſung und Ertragsſchätzung der Felder eines
Jeden, und für grundbeſitzloſe Bürger unbrauchbar; 4) die Größe
des Grundbeſitzes, — ohne Klaſſifizirung nicht brauchbar, als Er-
tragsmaaßſtab wegen des Capitals und der Arbeit unzureichend;
5) die Beiträge zu den Gemeindebedürfniſſen, — nicht ausführbar,
wegen der verſchiedenen Arten von Steuern8).
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/686>, abgerufen am 24.11.2024.
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