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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Leben führt, eine der wichtigsten Nahrungsquellen desselben durch
die Jagd. Sie erstrecken sich, von der Natur gesäet und gepflan-
zet, über ungeheure Ebenen und Gebirge. Da auf sie in der
frühen Zeit der Menschengeschichte gar keine Arbeit verwendet
wird, so bildet sich der Begriff des Waldeigenthums sehr spät aus
und ist, wenn er entsteht, blos als Gesammteigenthum einer an-
säßigen Völkerschaft zu betrachten, an welchem ein Jeder das
Hiebs-, Jagd- und Weiderecht ausübt, während schon längst ein
Privateigenthum am Felde existirt. Aus jener Vorstellung von
einem Gesammteigenthume ging leicht der scheinbar nur wenig ver-
schiedene des Staatseigenthums hervor, während die Jagd und
Weide noch immer frei war. Nach einer solchen Metamorphose
der Ideen mußte es ein Leichtes sein, daß die Könige die Wälder
kraft der Oberhoheit einschlossen und aus den Staatswäldern könig-
liche Bannforste machten, in denen auch die Jagd den Unterthanen
untersagt ward. Durch die Verleihung von Gegenden als Lehen,
durch die Belehnung mit Jagdgerechtigkeit, durch das allmälige
in den Hintergrundtreten der Lebensverhältnisse, durch die Ausbil-
dung der landesfürstlichen Gewalt und durch das Emporkommen
der Gemeinden entstanden so nach und nach Privat-, Gemeinde-
und Staatswaldungen in den verschiedenen Ländern. Erst mit der
steigenden Bevölkerung, welche mehr Feldboden, Brenn- und Bau-
material nöthig machte, mit der Entwickelung der Gewerke, welche
Holz verarbeiten, und mit der Einsicht in die regellose Waldver-
wüstungen mußte der Gedanke des Waldbaues entstehen. Er wird
mit der Zeit immer wichtiger, je weniger andere Bau- und Brenn-
materialien man besitzt, denn er liefert ein unentbehrliches Material
und soll es nachhaltig liefern. Er erheischt verhältnißmäßig weniger
Arbeit, aber ein um so größeres Capital, welches lange auf dem
Boden gebunden bleiben muß, ehe es sich bezahlt und rentirt. Es
eignet sich der Forstbau nicht wohl für einzelne Personen (§. 261.).
Aber sein Verhältniß zum Volkswohlstande bietet manche schlimme
Seiten, weil der Geldreinertrag von der Höhe der Holzpreise ab-
hängt, bei nachlässigem, blos auf schnellen Geldgewinn abzielen-
dem, Betriebe die Möglichkeit der Befriedigung des Holzbedürf-
nisses immer mehr verschwindet, und aus beiden Gründen leicht
hohe Holzpreise entstehen können, die der Nation eine Plage sind.
Da sich hierin das National- und Privatinteresse wenigstens so
weit entgegenstehen, so wird der Forstbetrieb dann volkswirth-
schaftlich am günstigsten sein, wenn er nachhaltig ist, wenn der
Holzpreis keinen der Consumtion lästigen Preis hat, und wenn
man den dazu tauglichsten Boden sorgfältig auswählt (§. 257.).

Leben führt, eine der wichtigſten Nahrungsquellen deſſelben durch
die Jagd. Sie erſtrecken ſich, von der Natur geſäet und gepflan-
zet, über ungeheure Ebenen und Gebirge. Da auf ſie in der
frühen Zeit der Menſchengeſchichte gar keine Arbeit verwendet
wird, ſo bildet ſich der Begriff des Waldeigenthums ſehr ſpät aus
und iſt, wenn er entſteht, blos als Geſammteigenthum einer an-
ſäßigen Völkerſchaft zu betrachten, an welchem ein Jeder das
Hiebs-, Jagd- und Weiderecht ausübt, während ſchon längſt ein
Privateigenthum am Felde exiſtirt. Aus jener Vorſtellung von
einem Geſammteigenthume ging leicht der ſcheinbar nur wenig ver-
ſchiedene des Staatseigenthums hervor, während die Jagd und
Weide noch immer frei war. Nach einer ſolchen Metamorphoſe
der Ideen mußte es ein Leichtes ſein, daß die Könige die Wälder
kraft der Oberhoheit einſchloſſen und aus den Staatswäldern könig-
liche Bannforſte machten, in denen auch die Jagd den Unterthanen
unterſagt ward. Durch die Verleihung von Gegenden als Lehen,
durch die Belehnung mit Jagdgerechtigkeit, durch das allmälige
in den Hintergrundtreten der Lebensverhältniſſe, durch die Ausbil-
dung der landesfürſtlichen Gewalt und durch das Emporkommen
der Gemeinden entſtanden ſo nach und nach Privat-, Gemeinde-
und Staatswaldungen in den verſchiedenen Ländern. Erſt mit der
ſteigenden Bevölkerung, welche mehr Feldboden, Brenn- und Bau-
material nöthig machte, mit der Entwickelung der Gewerke, welche
Holz verarbeiten, und mit der Einſicht in die regelloſe Waldver-
wüſtungen mußte der Gedanke des Waldbaues entſtehen. Er wird
mit der Zeit immer wichtiger, je weniger andere Bau- und Brenn-
materialien man beſitzt, denn er liefert ein unentbehrliches Material
und ſoll es nachhaltig liefern. Er erheiſcht verhältnißmäßig weniger
Arbeit, aber ein um ſo größeres Capital, welches lange auf dem
Boden gebunden bleiben muß, ehe es ſich bezahlt und rentirt. Es
eignet ſich der Forſtbau nicht wohl für einzelne Perſonen (§. 261.).
Aber ſein Verhältniß zum Volkswohlſtande bietet manche ſchlimme
Seiten, weil der Geldreinertrag von der Höhe der Holzpreiſe ab-
hängt, bei nachläſſigem, blos auf ſchnellen Geldgewinn abzielen-
dem, Betriebe die Möglichkeit der Befriedigung des Holzbedürf-
niſſes immer mehr verſchwindet, und aus beiden Gründen leicht
hohe Holzpreiſe entſtehen können, die der Nation eine Plage ſind.
Da ſich hierin das National- und Privatintereſſe wenigſtens ſo
weit entgegenſtehen, ſo wird der Forſtbetrieb dann volkswirth-
ſchaftlich am günſtigſten ſein, wenn er nachhaltig iſt, wenn der
Holzpreis keinen der Conſumtion läſtigen Preis hat, und wenn
man den dazu tauglichſten Boden ſorgfältig auswählt (§. 257.).

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[615/0637] Leben führt, eine der wichtigſten Nahrungsquellen deſſelben durch die Jagd. Sie erſtrecken ſich, von der Natur geſäet und gepflan- zet, über ungeheure Ebenen und Gebirge. Da auf ſie in der frühen Zeit der Menſchengeſchichte gar keine Arbeit verwendet wird, ſo bildet ſich der Begriff des Waldeigenthums ſehr ſpät aus und iſt, wenn er entſteht, blos als Geſammteigenthum einer an- ſäßigen Völkerſchaft zu betrachten, an welchem ein Jeder das Hiebs-, Jagd- und Weiderecht ausübt, während ſchon längſt ein Privateigenthum am Felde exiſtirt. Aus jener Vorſtellung von einem Geſammteigenthume ging leicht der ſcheinbar nur wenig ver- ſchiedene des Staatseigenthums hervor, während die Jagd und Weide noch immer frei war. Nach einer ſolchen Metamorphoſe der Ideen mußte es ein Leichtes ſein, daß die Könige die Wälder kraft der Oberhoheit einſchloſſen und aus den Staatswäldern könig- liche Bannforſte machten, in denen auch die Jagd den Unterthanen unterſagt ward. Durch die Verleihung von Gegenden als Lehen, durch die Belehnung mit Jagdgerechtigkeit, durch das allmälige in den Hintergrundtreten der Lebensverhältniſſe, durch die Ausbil- dung der landesfürſtlichen Gewalt und durch das Emporkommen der Gemeinden entſtanden ſo nach und nach Privat-, Gemeinde- und Staatswaldungen in den verſchiedenen Ländern. Erſt mit der ſteigenden Bevölkerung, welche mehr Feldboden, Brenn- und Bau- material nöthig machte, mit der Entwickelung der Gewerke, welche Holz verarbeiten, und mit der Einſicht in die regelloſe Waldver- wüſtungen mußte der Gedanke des Waldbaues entſtehen. Er wird mit der Zeit immer wichtiger, je weniger andere Bau- und Brenn- materialien man beſitzt, denn er liefert ein unentbehrliches Material und ſoll es nachhaltig liefern. Er erheiſcht verhältnißmäßig weniger Arbeit, aber ein um ſo größeres Capital, welches lange auf dem Boden gebunden bleiben muß, ehe es ſich bezahlt und rentirt. Es eignet ſich der Forſtbau nicht wohl für einzelne Perſonen (§. 261.). Aber ſein Verhältniß zum Volkswohlſtande bietet manche ſchlimme Seiten, weil der Geldreinertrag von der Höhe der Holzpreiſe ab- hängt, bei nachläſſigem, blos auf ſchnellen Geldgewinn abzielen- dem, Betriebe die Möglichkeit der Befriedigung des Holzbedürf- niſſes immer mehr verſchwindet, und aus beiden Gründen leicht hohe Holzpreiſe entſtehen können, die der Nation eine Plage ſind. Da ſich hierin das National- und Privatintereſſe wenigſtens ſo weit entgegenſtehen, ſo wird der Forſtbetrieb dann volkswirth- ſchaftlich am günſtigſten ſein, wenn er nachhaltig iſt, wenn der Holzpreis keinen der Conſumtion läſtigen Preis hat, und wenn man den dazu tauglichſten Boden ſorgfältig auswählt (§. 257.).

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/637>, abgerufen am 24.11.2024.