Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.Mac-Culloch Principles. p. 264-287. Uebers. von v. Weber. S. 212-230. Ganilh, Des systemes. II. 1-24. simonde de sismondi, Nouv. Principes. I. 275. L. say Considerations. p. 84 (über A. Smith). p. 168 (Ricardo). p. 268 (Malthus). Canard Principes. p. 5-8. -- Die Lehre von der Grundrente ist aus mehreren Gründen bisher noch sehr unvollständig, nämlich a) weil man den Begriff der Grundrente mit jenem der Capitalrente und des Gewerbsgewinnes ver- mengte, ein Fehler, dem schwer zu entgehen war, da kein Grund und Boden ohne Capital und Arbeit zu bewirthschaften ist, da sich viel Capital in den Boden fixirt, so daß sich dessen Beschaffenheit verändert, und da man erst von einer Rente spricht nach Eingang oder Verrechnung der Preise der Urproducte; b) weil man, anstatt die Urproduction und den Zustand der Bevölkerung im Vergleiche zum ganzen Gewerbswesen in möglichst vielen Ländern und geschichtlich zu betrachten, sich mei- stens blos auf ein Land, eine Betriebsart etc. bezog, ein Fehler, in welchen die Ricardo'sche Schule verfiel, da sie blos die Verhältnisse Englands vor Augen hatte, obschon in Schottland und Irland unter sich und im Vergleiche mit jenem verschiedene Verhältnisse obwalten (Quarterly Review. Tom. 46. p. 83. Tom. 43. p. 354.); endlich c) weil man die Lehre von der Grundrente zu sehr auf das gewohnte praktische Landbausystem, namentlich auf das Pachtsystem, baute und so stets die Rente nach ihrem Geldbetrage, also nach den Productenpreisen berechnete, und mit dem landwirthschaftlichen Reinertrage verwechselte. 2) Der Begriff von Grundrente ist zwar schwer, aber logisch weit leichter zu geben, als praktisch zu finden und statistisch darzustellen. Es ging hier eine der merkwürdigsten Verwechselungen der Methodik, das Wesen der Rente begreiflich zu machen, mit den Gründen der Entstehung und Veränderungen der Rente vor. Nichts ist natürlicher, als die Methode von Malthus, West, Ricardo, Mill, Torrens, Jones a. a. O. I. 94., und Andern, daß sie sagen: Wenn die Be- völkerung so zunehme, daß man gezwungen sei, zur Befriedigung der Lebensbedürf- nisse immer neuen Boden von schlechterer Qualität urbar zu machen und zu bebauen, so werde der Preis der Producte so hoch steigen, daß auch die größeren Productions- kosten, die auf den schlechteren Boden verwendet würden, sammt den üblichen Ge- winnsten erstattet und für die Eigenthümer des je besseren Bodens, der je weniger Auslagen in der Bewirthschaftung erheische, dadurch ein den Eigenthümern schlechtern Bodens nicht zukommender Gewinn bereitet werde. Aber daraus zu schließen, daß nur so und dann eine Rente entstehe, wie dies Ricardo und seine Anhänger allgemein gethan haben sollen, ist eben so viel, als zu behaupten, daß die Productivkraft der Natur vor Entstehung des Grundeigenthums und einer großen Bevölkerung nicht bestanden und nicht gewirkt habe. Die Grundrente ist die erste, welche der Mensch im rohesten Zustande nebst der Arbeitsrente bezieht, und Folge der Productivkraft des Bodens. Ricardo widerspräche sich mit einer so allgemeinen Folgerung selbst, denn er erklärt die Grundrente mit Recht für den- jenigen Theil des Products der Erde, welchen der Grundherr für den Gebrauch der ursprünglichen unverwüstlichen Kraft des Bodens erhält (p. 47.), und sagt, sie werde nicht bezogen oder größer je nach dem theureren Verkaufe der Producte überhaupt, sondern in dieser Erhöhung könne Handels- und Gewerbsgewinn liegen und die Gesetze der Rente seien von denen des Letzten verschieden (p. 48-49.). Solche auffallende Widersprüche hat man sich nicht gescheut einem Ricardo unter- zuschieben, obschon ganz deutlich aus seiner Rentenlehre hervorgeht, daß er von der entrichteten Rente spricht, welche vom Pachtzinse ganz verschieden ist, da dieser auch Capitalzins enthalten kann für das mit dem Boden verpachtete Capital. Wenn er nun (p. 50.) sagt, in reichen Urländern mit Ueberfluß an Boden gebe es keine Rente, weil Niemand für den Gebrauch des Bodens etwas bezahle, so lange dort nicht Grundeigenthum bestehe oder eine große Masse Landes unbesessen sei, da Jedermann, wie Luft und Wasser benutzen, so auch Boden nach Belieben anbauen könne; so muß ihm wohl Jedermann auch Recht geben. Rau (§. 208. der 2ten oder §. 144. der 1ten Ausg.) greift zwar Ricardo schon damit an, daß derselbe von der Rente sogar diejenige Vergütung ausschließe, welche man gebe, um die bereits auf oder im Boden befindlichen Gegenstände, z. B. haubares Holz, Stein- kohlen u. dgl. wegnehmen zu dürfen. Allein an der Richtigkeit dieser Ansicht Ricardo's kann nicht gezweifelt werden, wenn man bedenkt, daß derjenige, Baumstark Encyclopädie. 38
Mac-Culloch Principles. p. 264–287. Ueberſ. von v. Weber. S. 212–230. Ganilh, Des systemes. II. 1–24. simonde de sismondi, Nouv. Principes. I. 275. L. say Considérations. p. 84 (über A. Smith). p. 168 (Ricardo). p. 268 (Malthus). Canard Principes. p. 5–8. — Die Lehre von der Grundrente iſt aus mehreren Gründen bisher noch ſehr unvollſtändig, nämlich a) weil man den Begriff der Grundrente mit jenem der Capitalrente und des Gewerbsgewinnes ver- mengte, ein Fehler, dem ſchwer zu entgehen war, da kein Grund und Boden ohne Capital und Arbeit zu bewirthſchaften iſt, da ſich viel Capital in den Boden fixirt, ſo daß ſich deſſen Beſchaffenheit verändert, und da man erſt von einer Rente ſpricht nach Eingang oder Verrechnung der Preiſe der Urproducte; b) weil man, anſtatt die Urproduction und den Zuſtand der Bevölkerung im Vergleiche zum ganzen Gewerbsweſen in möglichſt vielen Ländern und geſchichtlich zu betrachten, ſich mei- ſtens blos auf ein Land, eine Betriebsart ꝛc. bezog, ein Fehler, in welchen die Ricardo'ſche Schule verfiel, da ſie blos die Verhältniſſe Englands vor Augen hatte, obſchon in Schottland und Irland unter ſich und im Vergleiche mit jenem verſchiedene Verhältniſſe obwalten (Quarterly Review. Tom. 46. p. 83. Tom. 43. p. 354.); endlich c) weil man die Lehre von der Grundrente zu ſehr auf das gewohnte praktiſche Landbauſyſtem, namentlich auf das Pachtſyſtem, baute und ſo ſtets die Rente nach ihrem Geldbetrage, alſo nach den Productenpreiſen berechnete, und mit dem landwirthſchaftlichen Reinertrage verwechſelte. 2) Der Begriff von Grundrente iſt zwar ſchwer, aber logiſch weit leichter zu geben, als praktiſch zu finden und ſtatiſtiſch darzuſtellen. Es ging hier eine der merkwürdigſten Verwechſelungen der Methodik, das Weſen der Rente begreiflich zu machen, mit den Gründen der Entſtehung und Veränderungen der Rente vor. Nichts iſt natürlicher, als die Methode von Malthus, Weſt, Ricardo, Mill, Torrens, Jones a. a. O. I. 94., und Andern, daß ſie ſagen: Wenn die Be- völkerung ſo zunehme, daß man gezwungen ſei, zur Befriedigung der Lebensbedürf- niſſe immer neuen Boden von ſchlechterer Qualität urbar zu machen und zu bebauen, ſo werde der Preis der Producte ſo hoch ſteigen, daß auch die größeren Productions- koſten, die auf den ſchlechteren Boden verwendet würden, ſammt den üblichen Ge- winnſten erſtattet und für die Eigenthümer des je beſſeren Bodens, der je weniger Auslagen in der Bewirthſchaftung erheiſche, dadurch ein den Eigenthümern ſchlechtern Bodens nicht zukommender Gewinn bereitet werde. Aber daraus zu ſchließen, daß nur ſo und dann eine Rente entſtehe, wie dies Ricardo und ſeine Anhänger allgemein gethan haben ſollen, iſt eben ſo viel, als zu behaupten, daß die Productivkraft der Natur vor Entſtehung des Grundeigenthums und einer großen Bevölkerung nicht beſtanden und nicht gewirkt habe. Die Grundrente iſt die erſte, welche der Menſch im roheſten Zuſtande nebſt der Arbeitsrente bezieht, und Folge der Productivkraft des Bodens. Ricardo widerſpräche ſich mit einer ſo allgemeinen Folgerung ſelbſt, denn er erklärt die Grundrente mit Recht für den- jenigen Theil des Products der Erde, welchen der Grundherr für den Gebrauch der urſprünglichen unverwüſtlichen Kraft des Bodens erhält (p. 47.), und ſagt, ſie werde nicht bezogen oder größer je nach dem theureren Verkaufe der Producte überhaupt, ſondern in dieſer Erhöhung könne Handels- und Gewerbsgewinn liegen und die Geſetze der Rente ſeien von denen des Letzten verſchieden (p. 48–49.). Solche auffallende Widerſprüche hat man ſich nicht geſcheut einem Ricardo unter- zuſchieben, obſchon ganz deutlich aus ſeiner Rentenlehre hervorgeht, daß er von der entrichteten Rente ſpricht, welche vom Pachtzinſe ganz verſchieden iſt, da dieſer auch Capitalzins enthalten kann für das mit dem Boden verpachtete Capital. Wenn er nun (p. 50.) ſagt, in reichen Urländern mit Ueberfluß an Boden gebe es keine Rente, weil Niemand für den Gebrauch des Bodens etwas bezahle, ſo lange dort nicht Grundeigenthum beſtehe oder eine große Maſſe Landes unbeſeſſen ſei, da Jedermann, wie Luft und Waſſer benutzen, ſo auch Boden nach Belieben anbauen könne; ſo muß ihm wohl Jedermann auch Recht geben. Rau (§. 208. der 2ten oder §. 144. der 1ten Ausg.) greift zwar Ricardo ſchon damit an, daß derſelbe von der Rente ſogar diejenige Vergütung ausſchließe, welche man gebe, um die bereits auf oder im Boden befindlichen Gegenſtände, z. B. haubares Holz, Stein- kohlen u. dgl. wegnehmen zu dürfen. Allein an der Richtigkeit dieſer Anſicht Ricardo's kann nicht gezweifelt werden, wenn man bedenkt, daß derjenige, Baumſtark Encyclopädie. 38
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¹⁾ Mac-Culloch Principles. p. 264–287. Ueberſ. von v. Weber. S. 212–230.
Ganilh, Des systemes. II. 1–24. simonde de sismondi, Nouv. Principes. I. 275.
L. say Considérations. p. 84 (über A. Smith). p. 168 (Ricardo). p. 268
(Malthus). Canard Principes. p. 5–8. — Die Lehre von der Grundrente iſt
aus mehreren Gründen bisher noch ſehr unvollſtändig, nämlich a) weil man den
Begriff der Grundrente mit jenem der Capitalrente und des Gewerbsgewinnes ver-
mengte, ein Fehler, dem ſchwer zu entgehen war, da kein Grund und Boden ohne
Capital und Arbeit zu bewirthſchaften iſt, da ſich viel Capital in den Boden fixirt,
ſo daß ſich deſſen Beſchaffenheit verändert, und da man erſt von einer Rente ſpricht
nach Eingang oder Verrechnung der Preiſe der Urproducte; b) weil man, anſtatt
die Urproduction und den Zuſtand der Bevölkerung im Vergleiche zum ganzen
Gewerbsweſen in möglichſt vielen Ländern und geſchichtlich zu betrachten, ſich mei-
ſtens blos auf ein Land, eine Betriebsart ꝛc. bezog, ein Fehler, in welchen die
Ricardo'ſche Schule verfiel, da ſie blos die Verhältniſſe Englands vor Augen
hatte, obſchon in Schottland und Irland unter ſich und im Vergleiche mit jenem
verſchiedene Verhältniſſe obwalten (Quarterly Review. Tom. 46. p. 83. Tom. 43.
p. 354.); endlich c) weil man die Lehre von der Grundrente zu ſehr auf das
gewohnte praktiſche Landbauſyſtem, namentlich auf das Pachtſyſtem, baute und ſo
ſtets die Rente nach ihrem Geldbetrage, alſo nach den Productenpreiſen berechnete,
und mit dem landwirthſchaftlichen Reinertrage verwechſelte.
²⁾ Der Begriff von Grundrente iſt zwar ſchwer, aber logiſch weit leichter zu
geben, als praktiſch zu finden und ſtatiſtiſch darzuſtellen. Es ging hier eine der
merkwürdigſten Verwechſelungen der Methodik, das Weſen der Rente begreiflich zu
machen, mit den Gründen der Entſtehung und Veränderungen der Rente vor.
Nichts iſt natürlicher, als die Methode von Malthus, Weſt, Ricardo, Mill,
Torrens, Jones a. a. O. I. 94., und Andern, daß ſie ſagen: Wenn die Be-
völkerung ſo zunehme, daß man gezwungen ſei, zur Befriedigung der Lebensbedürf-
niſſe immer neuen Boden von ſchlechterer Qualität urbar zu machen und zu bebauen,
ſo werde der Preis der Producte ſo hoch ſteigen, daß auch die größeren Productions-
koſten, die auf den ſchlechteren Boden verwendet würden, ſammt den üblichen Ge-
winnſten erſtattet und für die Eigenthümer des je beſſeren Bodens, der je weniger
Auslagen in der Bewirthſchaftung erheiſche, dadurch ein den Eigenthümern
ſchlechtern Bodens nicht zukommender Gewinn bereitet werde. Aber daraus zu
ſchließen, daß nur ſo und dann eine Rente entſtehe, wie dies Ricardo und ſeine
Anhänger allgemein gethan haben ſollen, iſt eben ſo viel, als zu behaupten, daß
die Productivkraft der Natur vor Entſtehung des Grundeigenthums und einer
großen Bevölkerung nicht beſtanden und nicht gewirkt habe. Die Grundrente iſt die
erſte, welche der Menſch im roheſten Zuſtande nebſt der Arbeitsrente bezieht, und
Folge der Productivkraft des Bodens. Ricardo widerſpräche ſich mit einer ſo
allgemeinen Folgerung ſelbſt, denn er erklärt die Grundrente mit Recht für den-
jenigen Theil des Products der Erde, welchen der Grundherr für den Gebrauch
der urſprünglichen unverwüſtlichen Kraft des Bodens erhält (p. 47.), und ſagt, ſie
werde nicht bezogen oder größer je nach dem theureren Verkaufe der Producte
überhaupt, ſondern in dieſer Erhöhung könne Handels- und Gewerbsgewinn liegen
und die Geſetze der Rente ſeien von denen des Letzten verſchieden (p. 48–49.).
Solche auffallende Widerſprüche hat man ſich nicht geſcheut einem Ricardo unter-
zuſchieben, obſchon ganz deutlich aus ſeiner Rentenlehre hervorgeht, daß er von der
entrichteten Rente ſpricht, welche vom Pachtzinſe ganz verſchieden iſt, da dieſer
auch Capitalzins enthalten kann für das mit dem Boden verpachtete Capital. Wenn
er nun (p. 50.) ſagt, in reichen Urländern mit Ueberfluß an Boden gebe es keine
Rente, weil Niemand für den Gebrauch des Bodens etwas bezahle, ſo lange dort
nicht Grundeigenthum beſtehe oder eine große Maſſe Landes unbeſeſſen ſei, da
Jedermann, wie Luft und Waſſer benutzen, ſo auch Boden nach Belieben anbauen
könne; ſo muß ihm wohl Jedermann auch Recht geben. Rau (§. 208. der 2ten
oder §. 144. der 1ten Ausg.) greift zwar Ricardo ſchon damit an, daß derſelbe
von der Rente ſogar diejenige Vergütung ausſchließe, welche man gebe, um die
bereits auf oder im Boden befindlichen Gegenſtände, z. B. haubares Holz, Stein-
kohlen u. dgl. wegnehmen zu dürfen. Allein an der Richtigkeit dieſer Anſicht
Ricardo's kann nicht gezweifelt werden, wenn man bedenkt, daß derjenige,
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