Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite
der Erhöhung oder Erniedrigung jener Kostensätze steigt oder sinkt der Preis, wenn
nicht die Verkehrs- oder Concurrenzverhältnisse entgegengesetzt entsprechend eine
Erniedrigung oder Erhöhung der Gewinnstsätze veranlassen. Ein berühmter Kampf
ist aber gegen Ricardo und seine Schule erhoben worden. Es wird ihm von
Rau (polit. Oeconom. I. §. 159. der 2ten oder §. 170. der 1ten Ausg.) entgegnet,
er lege (Principles p. 84.) gar kein Gewicht auf die Hindernisse des Angebotes,
schreibe dem Mitwerben nur so vorübergehende Wirkungen auf den Preis zu, daß
es keine besondere Aufmerksamkeit verdiene, und nehme daher Kosten und Preis
als gleich an, weßhalb bei ihm Werth, Tauschwerth, soviel als Kostenbetrag,
natürlicher Preis heiße. Allein diese Ansichten hat Ricardo nicht. Er sagt viel-
mehr p. 78-84., die Arbeit bilde den natürlichen Preis, von diesem weiche der
Marktpreis zufällig und temporär ab, dieser richte sich nach Begehr und Angebot,
weil das Streben nach Gewinn die Menschen zwinge, ein sehr vortheilhaftes
Geschäft mit andern zu theilen und ein unvortheilhaftes zu verlassen, es müsse nun
wegen dieser Reaktion der Marktpreis immer nach dem natürlichen gravitiren. Im
30ten Kap. S. 492-496. sagt derselbe zwar, die Productionskosten regulireten
den Preis, aber mit der Beschränkung, daß temporär auf ihn Begehr und Angebot
wirkten, und die Ansicht von Buchanan, Say (Traite I. 316. II. 26.) und Lau-
derdale
(Inquiry p. 13.),
daß blos Begehr und Angebot den Preis bestimme, sei
ganz unrichtig und führe zu falschen Folgerungen, z. B. zu jener des Ersteren, daß
sich der Arbeitslohn nicht nach dem Preise der Lebensmittel, sondern blos nach der
Concurrenz richte. Darin hat Ricardo und Mill (Elements p. 92-93.)völlig
Recht, denn Begehr und Angebot können nur auf einen ursprünglichen Preissatz
influiren und sie sind ohne diesen bedeutungslos. Im Grunde sagt Rau (§. 163.
der 2ten oder §. 174. der 1ten Ausg.) nichts Anderes und daraus, daß Ricardo
die Hindernisse des Angebotes nicht zusammenstellt, ohne Zweifel, weil jeder nur
ein wenig denkende Leser von selbst darauf kommt, läßt sich nicht schließen, daß er
überhaupt kein Gewicht darauf lege, denn er statuirt ja den Einfluß des Angebots
und Begehrs auf den Preis. Allein Rau geht (polit. Oeconom. I. §. 166. der 2ten
oder §. 176. der 1ten Ausg.) noch weiter und sagt, Ricardo (Principles chap. I.)
und Mill a. a. O. geben blos den Arbeitslohn als Kostenbetrag an, weil sie das
Capital als aufgehäufte Frucht früherer Arbeit und seinen Preis gleichfalls als Lohn
ansehen, während Torrens On the production p. 24. scheinbar entgegengesetzt be-
haupte, der natürliche Preis richte sich gänzlich nach dem angewendeten Capitale.
Rau wendet nun zwar gegen diese Sätze ein, selbst wenn man den Preis des Capi-
tals auch ganz auf Arbeitslohn zurückführen könnte, so sei doch die Capitalrente
für die Benutzung des Capitals ein Bestandtheil der Kosten; die Ansicht von
Torrens sei richtig, insoferne alle Bestandtheile des Kostensatzes Ausgaben und als
solche Capital des Unternehmers seien, aber die Ansicht (p. 51.), daß der Gewinn
kein Kostensatz, sondern ein Ueberschuß, neu entstandenes Vermögen sei, widerlege
sich durch genaue Zergliederung der Zinsrente und des Gewerbsgewinnes und durch
die Bemerkung von selbst, daß die übliche Zinsrente entweder wirklich ausgegeben
oder, wenn das Capital dem Unternehmer selbst gehöre, wenigstens aufgeorfert
werde. Eine Bekämpfung dieser Einwendungen gibt schon der Anfang dieser Noten.
Allein mit den Ricardo'schen Ansichten hat es eine andere Bewandtniß. Ricardo
zeigt im ersten Abschnitte jenes Hauptstückes, daß der Tauschwerth eines Gutes von
der relativen Menge Productionsarbeit abhängt, und nicht von der größeren oder
geringeren Vergütung, welche für Letztere bezahlt wird; im zweiten, daß die
Anhäufung von Capital an sich keinen Unterschied in jenem Prinzipe statuire; im
dritten, daß die in jenem vorgetragenen Grundsatze durch die Anwendung von
Maschinen als stehendem Capitale beträchtlich modifizirt werden; im vierten endlich,
wie der Grundsatz, daß der Werth sich nicht mit dem Steigen und Fallen des
Arbeitslohnes verändere, ebenso modifizirt werde durch das Verhältniß des umlau-
fenden Capitals zum stehenden, durch die ungleiche Dauer des Letztern und durch
die verschiedene Schnelligkeit, womit dies dem Unternehmer erstattet werde. Es
ist wesentlich dabei zu bemerken, daß Ricardo daselbst nicht vom Preise der
Waaren an sich, sondern vom gegenseitigen verglichenen Preise derselben spricht,
und daß er (p. 40.) ausdrücklich sagt, es steige keine Waare im Tauschwerthe,
blos weil der Arbeitslohn stieg, sondern nur, wenn dieser zufolge der größeren
der Erhöhung oder Erniedrigung jener Koſtenſätze ſteigt oder ſinkt der Preis, wenn
nicht die Verkehrs- oder Concurrenzverhältniſſe entgegengeſetzt entſprechend eine
Erniedrigung oder Erhöhung der Gewinnſtſätze veranlaſſen. Ein berühmter Kampf
iſt aber gegen Ricardo und ſeine Schule erhoben worden. Es wird ihm von
Rau (polit. Oeconom. I. §. 159. der 2ten oder §. 170. der 1ten Ausg.) entgegnet,
er lege (Principles p. 84.) gar kein Gewicht auf die Hindernisse des Angebotes,
ſchreibe dem Mitwerben nur ſo vorübergehende Wirkungen auf den Preis zu, daß
es keine beſondere Aufmerkſamkeit verdiene, und nehme daher Koſten und Preis
als gleich an, weßhalb bei ihm Werth, Tauſchwerth, ſoviel als Koſtenbetrag,
natürlicher Preis heiße. Allein dieſe Anſichten hat Ricardo nicht. Er ſagt viel-
mehr p. 78–84., die Arbeit bilde den natürlichen Preis, von dieſem weiche der
Marktpreis zufällig und temporär ab, dieſer richte ſich nach Begehr und Angebot,
weil das Streben nach Gewinn die Menſchen zwinge, ein ſehr vortheilhaftes
Geſchäft mit andern zu theilen und ein unvortheilhaftes zu verlaſſen, es müſſe nun
wegen dieſer Reaktion der Marktpreis immer nach dem natürlichen gravitiren. Im
30ten Kap. S. 492–496. ſagt derſelbe zwar, die Productionskoſten regulireten
den Preis, aber mit der Beſchränkung, daß temporär auf ihn Begehr und Angebot
wirkten, und die Anſicht von Buchanan, Say (Traité I. 316. II. 26.) und Lau-
derdale
(Inquiry p. 13.),
daß blos Begehr und Angebot den Preis beſtimme, sei
ganz unrichtig und führe zu falschen Folgerungen, z. B. zu jener des Ersteren, daß
ſich der Arbeitslohn nicht nach dem Preise der Lebensmittel, sondern blos nach der
Concurrenz richte. Darin hat Ricardo und Mill (Elements p. 92–93.)völlig
Recht, denn Begehr und Angebot können nur auf einen urſprünglichen Preisſatz
influiren und ſie ſind ohne dieſen bedeutungslos. Im Grunde ſagt Rau (§. 163.
der 2ten oder §. 174. der 1ten Ausg.) nichts Anderes und daraus, daß Ricardo
die Hinderniſſe des Angebotes nicht zuſammenſtellt, ohne Zweifel, weil jeder nur
ein wenig denkende Leſer von ſelbſt darauf kommt, läßt ſich nicht ſchließen, daß er
überhaupt kein Gewicht darauf lege, denn er ſtatuirt ja den Einfluß des Angebots
und Begehrs auf den Preis. Allein Rau geht (polit. Oeconom. I. §. 166. der 2ten
oder §. 176. der 1ten Ausg.) noch weiter und ſagt, Ricardo (Principles chap. I.)
und Mill a. a. O. geben blos den Arbeitslohn als Koſtenbetrag an, weil ſie das
Capital als aufgehäufte Frucht früherer Arbeit und ſeinen Preis gleichfalls als Lohn
anſehen, während Torrens On the production p. 24. ſcheinbar entgegengeſetzt be-
haupte, der natürliche Preis richte ſich gänzlich nach dem angewendeten Capitale.
Rau wendet nun zwar gegen dieſe Sätze ein, ſelbſt wenn man den Preis des Capi-
tals auch ganz auf Arbeitslohn zurückführen könnte, ſo ſei doch die Capitalrente
für die Benutzung des Capitals ein Beſtandtheil der Koſten; die Anſicht von
Torrens ſei richtig, inſoferne alle Beſtandtheile des Koſtenſatzes Ausgaben und als
ſolche Capital des Unternehmers ſeien, aber die Anſicht (p. 51.), daß der Gewinn
kein Koſtenſatz, ſondern ein Ueberſchuß, neu entſtandenes Vermögen ſei, widerlege
ſich durch genaue Zergliederung der Zinsrente und des Gewerbsgewinnes und durch
die Bemerkung von ſelbſt, daß die übliche Zinsrente entweder wirklich ausgegeben
oder, wenn das Capital dem Unternehmer ſelbſt gehöre, wenigſtens aufgeorfert
werde. Eine Bekämpfung dieſer Einwendungen gibt ſchon der Anfang dieſer Noten.
Allein mit den Ricardo'ſchen Anſichten hat es eine andere Bewandtniß. Ricardo
zeigt im erſten Abſchnitte jenes Hauptſtückes, daß der Tauſchwerth eines Gutes von
der relativen Menge Productionsarbeit abhängt, und nicht von der größeren oder
geringeren Vergütung, welche für Letztere bezahlt wird; im zweiten, daß die
Anhäufung von Capital an ſich keinen Unterſchied in jenem Prinzipe ſtatuire; im
dritten, daß die in jenem vorgetragenen Grundſatze durch die Anwendung von
Maſchinen als ſtehendem Capitale beträchtlich modifizirt werden; im vierten endlich,
wie der Grundſatz, daß der Werth ſich nicht mit dem Steigen und Fallen des
Arbeitslohnes verändere, ebenſo modifizirt werde durch das Verhältniß des umlau-
fenden Capitals zum ſtehenden, durch die ungleiche Dauer des Letztern und durch
die verſchiedene Schnelligkeit, womit dies dem Unternehmer erſtattet werde. Es
iſt weſentlich dabei zu bemerken, daß Ricardo daſelbſt nicht vom Preiſe der
Waaren an ſich, ſondern vom gegenſeitigen verglichenen Preiſe derſelben ſpricht,
und daß er (p. 40.) ausdrücklich ſagt, es ſteige keine Waare im Tauſchwerthe,
blos weil der Arbeitslohn ſtieg, ſondern nur, wenn dieſer zufolge der größeren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <note place="end" n="3)"><pb facs="#f0610" n="588"/>
der Erhöhung oder Erniedrigung jener Ko&#x017F;ten&#x017F;ätze &#x017F;teigt oder &#x017F;inkt der Preis, wenn<lb/>
nicht die Verkehrs- oder Concurrenzverhältni&#x017F;&#x017F;e entgegenge&#x017F;etzt ent&#x017F;prechend eine<lb/>
Erniedrigung oder Erhöhung der Gewinn&#x017F;t&#x017F;ätze veranla&#x017F;&#x017F;en. Ein berühmter Kampf<lb/>
i&#x017F;t aber gegen <hi rendition="#g">Ricardo</hi> und &#x017F;eine Schule erhoben worden. Es wird ihm von<lb/><hi rendition="#g">Rau</hi> (polit. Oeconom. I. §. 159. der 2ten oder §. 170. der 1ten Ausg.) entgegnet,<lb/>
er lege <hi rendition="#aq">(Principles p. 84.)</hi> gar kein Gewicht auf die Hindernisse des Angebotes,<lb/>
&#x017F;chreibe dem Mitwerben nur &#x017F;o vorübergehende Wirkungen auf den Preis zu, daß<lb/>
es keine be&#x017F;ondere Aufmerk&#x017F;amkeit verdiene, und nehme daher Ko&#x017F;ten und Preis<lb/>
als gleich an, weßhalb bei ihm Werth, Tau&#x017F;chwerth, &#x017F;oviel als Ko&#x017F;tenbetrag,<lb/>
natürlicher Preis heiße. Allein die&#x017F;e An&#x017F;ichten hat <hi rendition="#g">Ricardo</hi> nicht. Er &#x017F;agt viel-<lb/>
mehr <hi rendition="#aq">p.</hi> 78&#x2013;84., die Arbeit bilde den natürlichen Preis, von die&#x017F;em weiche der<lb/>
Marktpreis zufällig und temporär ab, die&#x017F;er richte &#x017F;ich nach Begehr und Angebot,<lb/>
weil das Streben nach Gewinn die Men&#x017F;chen zwinge, ein &#x017F;ehr vortheilhaftes<lb/>
Ge&#x017F;chäft mit andern zu theilen und ein unvortheilhaftes zu verla&#x017F;&#x017F;en, es mü&#x017F;&#x017F;e nun<lb/>
wegen die&#x017F;er Reaktion der Marktpreis immer nach dem natürlichen gravitiren. Im<lb/>
30ten Kap. S. 492&#x2013;496. &#x017F;agt der&#x017F;elbe zwar, die Productionsko&#x017F;ten regulireten<lb/>
den Preis, aber mit der Be&#x017F;chränkung, daß temporär auf ihn Begehr und Angebot<lb/>
wirkten, und die An&#x017F;icht von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Buchanan, Say</hi> (Traité I. 316. II. 26.)</hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lau-<lb/>
derdale</hi> (Inquiry p. 13.),</hi> daß blos Begehr und Angebot den Preis be&#x017F;timme, sei<lb/>
ganz unrichtig und führe zu falschen Folgerungen, z. B. zu jener des Ersteren, daß<lb/>
&#x017F;ich der Arbeitslohn nicht nach dem Preise der Lebensmittel, sondern blos nach der<lb/>
Concurrenz richte. Darin hat <hi rendition="#g">Ricardo</hi> und <hi rendition="#g">Mill</hi> (Elements p. 92&#x2013;93.)völlig<lb/>
Recht, denn Begehr und Angebot können nur auf einen ur&#x017F;prünglichen Preis&#x017F;atz<lb/>
influiren und &#x017F;ie &#x017F;ind ohne die&#x017F;en bedeutungslos. Im Grunde &#x017F;agt <hi rendition="#g">Rau</hi> (§. 163.<lb/>
der 2ten oder §. 174. der 1ten Ausg.) nichts Anderes und daraus, daß <hi rendition="#g">Ricardo</hi><lb/>
die Hinderni&#x017F;&#x017F;e des Angebotes nicht zu&#x017F;ammen&#x017F;tellt, ohne Zweifel, weil jeder nur<lb/>
ein wenig denkende Le&#x017F;er von &#x017F;elb&#x017F;t darauf kommt, läßt &#x017F;ich nicht &#x017F;chließen, daß er<lb/>
überhaupt kein Gewicht darauf lege, denn er &#x017F;tatuirt ja den Einfluß des Angebots<lb/>
und Begehrs auf den Preis. Allein <hi rendition="#g">Rau</hi> geht (polit. Oeconom. I. §. 166. der 2ten<lb/>
oder §. 176. der 1ten Ausg.) noch weiter und &#x017F;agt, <hi rendition="#g">Ricardo</hi> <hi rendition="#aq">(Principles chap. I.)</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Mill</hi> a. a. O. geben blos den Arbeitslohn als Ko&#x017F;tenbetrag an, weil &#x017F;ie das<lb/>
Capital als aufgehäufte Frucht früherer Arbeit und &#x017F;einen Preis gleichfalls als Lohn<lb/>
an&#x017F;ehen, während <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Torrens</hi> On the production p. 24.</hi> &#x017F;cheinbar entgegenge&#x017F;etzt be-<lb/>
haupte, der natürliche Preis richte &#x017F;ich gänzlich nach dem angewendeten Capitale.<lb/><hi rendition="#g">Rau</hi> wendet nun zwar gegen die&#x017F;e Sätze ein, &#x017F;elb&#x017F;t wenn man den Preis des Capi-<lb/>
tals auch ganz auf Arbeitslohn zurückführen könnte, &#x017F;o &#x017F;ei doch die Capitalrente<lb/>
für die Benutzung des Capitals ein Be&#x017F;tandtheil der Ko&#x017F;ten; die An&#x017F;icht von<lb/><hi rendition="#g">Torrens</hi> &#x017F;ei richtig, in&#x017F;oferne alle Be&#x017F;tandtheile des Ko&#x017F;ten&#x017F;atzes Ausgaben und als<lb/>
&#x017F;olche Capital des Unternehmers &#x017F;eien, aber die An&#x017F;icht (<hi rendition="#aq">p.</hi> 51.), daß der Gewinn<lb/>
kein Ko&#x017F;ten&#x017F;atz, &#x017F;ondern ein Ueber&#x017F;chuß, neu ent&#x017F;tandenes Vermögen &#x017F;ei, widerlege<lb/>
&#x017F;ich durch genaue Zergliederung der Zinsrente und des Gewerbsgewinnes und durch<lb/>
die Bemerkung von &#x017F;elb&#x017F;t, daß die übliche Zinsrente entweder wirklich ausgegeben<lb/>
oder, wenn das Capital dem Unternehmer &#x017F;elb&#x017F;t gehöre, wenig&#x017F;tens aufgeorfert<lb/>
werde. Eine Bekämpfung die&#x017F;er Einwendungen gibt &#x017F;chon der Anfang die&#x017F;er Noten.<lb/>
Allein mit den <hi rendition="#g">Ricardo</hi>'&#x017F;chen An&#x017F;ichten hat es eine andere Bewandtniß. <hi rendition="#g">Ricardo</hi><lb/>
zeigt im er&#x017F;ten Ab&#x017F;chnitte jenes Haupt&#x017F;tückes, daß der Tau&#x017F;chwerth eines Gutes von<lb/>
der relativen Menge Productionsarbeit abhängt, und nicht von der größeren oder<lb/>
geringeren Vergütung, welche für Letztere bezahlt wird; im zweiten, daß die<lb/>
Anhäufung von Capital an &#x017F;ich keinen Unter&#x017F;chied in jenem Prinzipe &#x017F;tatuire; im<lb/>
dritten, daß die in jenem vorgetragenen Grund&#x017F;atze durch die Anwendung von<lb/>
Ma&#x017F;chinen als &#x017F;tehendem Capitale beträchtlich modifizirt werden; im vierten endlich,<lb/>
wie der Grund&#x017F;atz, daß der Werth &#x017F;ich nicht mit dem Steigen und Fallen des<lb/>
Arbeitslohnes verändere, eben&#x017F;o modifizirt werde durch das Verhältniß des umlau-<lb/>
fenden Capitals zum &#x017F;tehenden, durch die ungleiche Dauer des Letztern und durch<lb/>
die ver&#x017F;chiedene Schnelligkeit, womit dies dem Unternehmer er&#x017F;tattet werde. Es<lb/>
i&#x017F;t we&#x017F;entlich dabei zu bemerken, daß <hi rendition="#g">Ricardo</hi> da&#x017F;elb&#x017F;t nicht vom Prei&#x017F;e der<lb/>
Waaren an &#x017F;ich, &#x017F;ondern vom gegen&#x017F;eitigen verglichenen Prei&#x017F;e der&#x017F;elben &#x017F;pricht,<lb/>
und daß er <hi rendition="#aq">(p. 40.)</hi> ausdrücklich &#x017F;agt, es &#x017F;teige keine Waare im Tau&#x017F;chwerthe,<lb/>
blos weil der Arbeitslohn &#x017F;tieg, &#x017F;ondern nur, wenn die&#x017F;er zufolge der größeren<lb/></note>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[588/0610] ³⁾ der Erhöhung oder Erniedrigung jener Koſtenſätze ſteigt oder ſinkt der Preis, wenn nicht die Verkehrs- oder Concurrenzverhältniſſe entgegengeſetzt entſprechend eine Erniedrigung oder Erhöhung der Gewinnſtſätze veranlaſſen. Ein berühmter Kampf iſt aber gegen Ricardo und ſeine Schule erhoben worden. Es wird ihm von Rau (polit. Oeconom. I. §. 159. der 2ten oder §. 170. der 1ten Ausg.) entgegnet, er lege (Principles p. 84.) gar kein Gewicht auf die Hindernisse des Angebotes, ſchreibe dem Mitwerben nur ſo vorübergehende Wirkungen auf den Preis zu, daß es keine beſondere Aufmerkſamkeit verdiene, und nehme daher Koſten und Preis als gleich an, weßhalb bei ihm Werth, Tauſchwerth, ſoviel als Koſtenbetrag, natürlicher Preis heiße. Allein dieſe Anſichten hat Ricardo nicht. Er ſagt viel- mehr p. 78–84., die Arbeit bilde den natürlichen Preis, von dieſem weiche der Marktpreis zufällig und temporär ab, dieſer richte ſich nach Begehr und Angebot, weil das Streben nach Gewinn die Menſchen zwinge, ein ſehr vortheilhaftes Geſchäft mit andern zu theilen und ein unvortheilhaftes zu verlaſſen, es müſſe nun wegen dieſer Reaktion der Marktpreis immer nach dem natürlichen gravitiren. Im 30ten Kap. S. 492–496. ſagt derſelbe zwar, die Productionskoſten regulireten den Preis, aber mit der Beſchränkung, daß temporär auf ihn Begehr und Angebot wirkten, und die Anſicht von Buchanan, Say (Traité I. 316. II. 26.) und Lau- derdale (Inquiry p. 13.), daß blos Begehr und Angebot den Preis beſtimme, sei ganz unrichtig und führe zu falschen Folgerungen, z. B. zu jener des Ersteren, daß ſich der Arbeitslohn nicht nach dem Preise der Lebensmittel, sondern blos nach der Concurrenz richte. Darin hat Ricardo und Mill (Elements p. 92–93.)völlig Recht, denn Begehr und Angebot können nur auf einen urſprünglichen Preisſatz influiren und ſie ſind ohne dieſen bedeutungslos. Im Grunde ſagt Rau (§. 163. der 2ten oder §. 174. der 1ten Ausg.) nichts Anderes und daraus, daß Ricardo die Hinderniſſe des Angebotes nicht zuſammenſtellt, ohne Zweifel, weil jeder nur ein wenig denkende Leſer von ſelbſt darauf kommt, läßt ſich nicht ſchließen, daß er überhaupt kein Gewicht darauf lege, denn er ſtatuirt ja den Einfluß des Angebots und Begehrs auf den Preis. Allein Rau geht (polit. Oeconom. I. §. 166. der 2ten oder §. 176. der 1ten Ausg.) noch weiter und ſagt, Ricardo (Principles chap. I.) und Mill a. a. O. geben blos den Arbeitslohn als Koſtenbetrag an, weil ſie das Capital als aufgehäufte Frucht früherer Arbeit und ſeinen Preis gleichfalls als Lohn anſehen, während Torrens On the production p. 24. ſcheinbar entgegengeſetzt be- haupte, der natürliche Preis richte ſich gänzlich nach dem angewendeten Capitale. Rau wendet nun zwar gegen dieſe Sätze ein, ſelbſt wenn man den Preis des Capi- tals auch ganz auf Arbeitslohn zurückführen könnte, ſo ſei doch die Capitalrente für die Benutzung des Capitals ein Beſtandtheil der Koſten; die Anſicht von Torrens ſei richtig, inſoferne alle Beſtandtheile des Koſtenſatzes Ausgaben und als ſolche Capital des Unternehmers ſeien, aber die Anſicht (p. 51.), daß der Gewinn kein Koſtenſatz, ſondern ein Ueberſchuß, neu entſtandenes Vermögen ſei, widerlege ſich durch genaue Zergliederung der Zinsrente und des Gewerbsgewinnes und durch die Bemerkung von ſelbſt, daß die übliche Zinsrente entweder wirklich ausgegeben oder, wenn das Capital dem Unternehmer ſelbſt gehöre, wenigſtens aufgeorfert werde. Eine Bekämpfung dieſer Einwendungen gibt ſchon der Anfang dieſer Noten. Allein mit den Ricardo'ſchen Anſichten hat es eine andere Bewandtniß. Ricardo zeigt im erſten Abſchnitte jenes Hauptſtückes, daß der Tauſchwerth eines Gutes von der relativen Menge Productionsarbeit abhängt, und nicht von der größeren oder geringeren Vergütung, welche für Letztere bezahlt wird; im zweiten, daß die Anhäufung von Capital an ſich keinen Unterſchied in jenem Prinzipe ſtatuire; im dritten, daß die in jenem vorgetragenen Grundſatze durch die Anwendung von Maſchinen als ſtehendem Capitale beträchtlich modifizirt werden; im vierten endlich, wie der Grundſatz, daß der Werth ſich nicht mit dem Steigen und Fallen des Arbeitslohnes verändere, ebenſo modifizirt werde durch das Verhältniß des umlau- fenden Capitals zum ſtehenden, durch die ungleiche Dauer des Letztern und durch die verſchiedene Schnelligkeit, womit dies dem Unternehmer erſtattet werde. Es iſt weſentlich dabei zu bemerken, daß Ricardo daſelbſt nicht vom Preiſe der Waaren an ſich, ſondern vom gegenſeitigen verglichenen Preiſe derſelben ſpricht, und daß er (p. 40.) ausdrücklich ſagt, es ſteige keine Waare im Tauſchwerthe, blos weil der Arbeitslohn ſtieg, ſondern nur, wenn dieſer zufolge der größeren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/610
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/610>, abgerufen am 24.08.2024.