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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Hieraus ergibt sich die Productivität des Handels, des Capitalisten-
geschäftes, der Gewerbs- und Hauswirthschaftsdienste bei einigem
Nachdenken von selbst3). Unter den Geschäften der Dienstleistenden
anderer Art, z. B. der Gelehrten, Staatsdiener, Advocaten,
Künstler u. s. w. werden sich auch die wirthschaftlich productiven
leicht herausfinden lassen; solche Dienste überhaupt für wirthschaft-
lich productiv zu erklären ist, wenn sie auch das Glück des Lebens
noch so sehr fördern, so gewiß unrichtig, als sich ihre Geschäfte
nicht immer auf wirthschaftliche Verhältnisse beziehen, sondern alle
Lebensbeziehungen umfassen4).

1) Der Satz des physiokratischen Systemes, daß blos der Erdbau productiv
sei, ist nur eine Folgerung aus der im §. 401. widerlegten Ansicht desselben, daß
die Materie das Wesen des Guts ausmache. Sobald man eingesehen hat, daß dieses
der Werth ist, so müssen auch die anderen Werth schaffenden, erhöhenden, ersparen-
den und erhaltenden Beschäftigungen productiv sein. Ebenso fließt der merkantilische
Satz, daß Handwerke, Fabriken und Handel die Quellen des Volksreichthums seien,
aus dem als unwahr bewiesenen Prinzipe, das Wesen des Vermögens bestehe im
Gelde. Wenn man bedenkt, daß der Handel und die Gewerke ihre Stoffe erst von
den Urgewerben entnehmen müssen, und daß erst der Werth die erste Ursache des
Geldpreises ist, so zerfällt auch diese Merkantilansicht in sich selbst.
2) Für die Productivität derselben s. say Cours. II. 204. Uebers. von v. Th.
II. S. 151. Droz Econom. politique. p. 30. Mac-Culloch Principles. p. 151.
Uebers. von v. Weber. S. 110. 119. Malthus Principles. p. 442. Hermann
Untersuchungen. S. 22 folg. Gioja Nuovo Prospetto. I. 246. Murhard Theorie
des Handels. I. 73. Kraus Staatswirthsch. IV. 18. Ganilh Des systemes. I. 91.
Gegen die Productivität derselben s. Lotz Handb. I. §. 39. Auch wohl Rau polit.
Oeconom. I. §. 102-109., der zwischen mittelbarer und unmittelbarer Productivi-
tät spricht, und leztere nur den Stoffarbeiten mit Ausnahme des Handels zuschreibt,
den er für mittelbar productiv erklärt, weil er als Vermittler zwischen Producent
und Consument der Volkswirthschaft wesentliche Erleichterungen gewährt.
3) Der Handel ist aber in der That nicht blos mittelbar productiv, wie ihn
Rau nennt und erklärt, sondern er ruft wirklich neue Werthe hervor oder ver-
wirklicht solche. Er setzt, wie andere Gewerbe, productive Arbeit in Bewegung
und verbringt die Güter, welche als Ueberschüsse des Einen für diesen, um mit
Rau zu reden, keinen concreten Werth mehr haben, zu Andern und verschafft ihnen
so wieder den concreten Werth. Es ist dies also die Hervorrufung oder Erneuerung
eines Gebrauchs- oder Sachwerthes. Rau (a. a. O. §. 102.) irrt aber, ebenso
wie Kraus (Staatswirthsch. I. S. 13 folg.), da er von A. Smith sagt, dieser
halte den Handel für productiv, weil die Versendungs- und Handelskosten anderer
Art den Tauschwerth der Güter erhöheten. Diese von Rau angeführte Stelle
(Untersuchungen II. 141. oder Inquiry II. 143.) ist eine unwesentliche Aeußerung
von A. Smith, welche er auch (p. 142. der engl. Ausg.) vom Landbaue und den
Gewerken macht. Er will damit nur beweisen, daß zufolge der Preiserhöhung der
Producte durch die Anwendung von Capital und Arbeit eine Vergütung der Aus-
lagen und ein Gewinnst für die Einzelwirthschaft realisirt werde; dagegen setzt er
die volkswirthschaftliche Productivität des Handels, wie der genannten anderen
Gewerbe, darein, daß sie verschiedene Mengen productiver Arbeit in Bewegung
setzen und den Werth des jährlichen Productes der Erde und der Arbeit mit ihren
Capitalien erhöhen. Dasselbe sagt er noch einmal (Inquiry II. 209 und 210.) mit
Hinblick auf die Geschichte. Allein Rau scheint obige Ansicht mit der Anmerkg. b.
des §. 103. gegen say Cours II. a. a. O. bestreiten zu wollen, indem er gegen
dessen Behauptung, daß nicht der Tausch, sondern der Transport den Werth der
Güter erhöhe und so der Handel productiv sei, da die örtliche Stellung eine Modi-

Hieraus ergibt ſich die Productivität des Handels, des Capitaliſten-
geſchäftes, der Gewerbs- und Hauswirthſchaftsdienſte bei einigem
Nachdenken von ſelbſt3). Unter den Geſchäften der Dienſtleiſtenden
anderer Art, z. B. der Gelehrten, Staatsdiener, Advocaten,
Künſtler u. ſ. w. werden ſich auch die wirthſchaftlich productiven
leicht herausfinden laſſen; ſolche Dienſte überhaupt für wirthſchaft-
lich productiv zu erklären iſt, wenn ſie auch das Glück des Lebens
noch ſo ſehr fördern, ſo gewiß unrichtig, als ſich ihre Geſchäfte
nicht immer auf wirthſchaftliche Verhältniſſe beziehen, ſondern alle
Lebensbeziehungen umfaſſen4).

1) Der Satz des phyſiokratiſchen Syſtemes, daß blos der Erdbau productiv
ſei, iſt nur eine Folgerung aus der im §. 401. widerlegten Anſicht deſſelben, daß
die Materie das Weſen des Guts ausmache. Sobald man eingeſehen hat, daß dieſes
der Werth iſt, ſo müſſen auch die anderen Werth ſchaffenden, erhöhenden, erſparen-
den und erhaltenden Beſchäftigungen productiv ſein. Ebenſo fließt der merkantiliſche
Satz, daß Handwerke, Fabriken und Handel die Quellen des Volksreichthums ſeien,
aus dem als unwahr bewieſenen Prinzipe, das Weſen des Vermögens beſtehe im
Gelde. Wenn man bedenkt, daß der Handel und die Gewerke ihre Stoffe erſt von
den Urgewerben entnehmen müſſen, und daß erſt der Werth die erſte Urſache des
Geldpreiſes iſt, ſo zerfällt auch dieſe Merkantilanſicht in ſich ſelbſt.
2) Für die Productivität derſelben ſ. say Cours. II. 204. Ueberſ. von v. Th.
II. S. 151. Droz Econom. politique. p. 30. Mac-Culloch Principles. p. 151.
Ueberſ. von v. Weber. S. 110. 119. Malthus Principles. p. 442. Hermann
Unterſuchungen. S. 22 folg. Gioja Nuovo Prospetto. I. 246. Murhard Theorie
des Handels. I. 73. Kraus Staatswirthſch. IV. 18. Ganilh Des systemes. I. 91.
Gegen die Productivität derſelben ſ. Lotz Handb. I. §. 39. Auch wohl Rau polit.
Oeconom. I. §. 102–109., der zwiſchen mittelbarer und unmittelbarer Productivi-
tät ſpricht, und leztere nur den Stoffarbeiten mit Ausnahme des Handels zuſchreibt,
den er für mittelbar productiv erklärt, weil er als Vermittler zwiſchen Producent
und Conſument der Volkswirthſchaft weſentliche Erleichterungen gewährt.
3) Der Handel iſt aber in der That nicht blos mittelbar productiv, wie ihn
Rau nennt und erklärt, ſondern er ruft wirklich neue Werthe hervor oder ver-
wirklicht ſolche. Er ſetzt, wie andere Gewerbe, productive Arbeit in Bewegung
und verbringt die Güter, welche als Ueberſchüſſe des Einen für dieſen, um mit
Rau zu reden, keinen concreten Werth mehr haben, zu Andern und verſchafft ihnen
ſo wieder den concreten Werth. Es iſt dies alſo die Hervorrufung oder Erneuerung
eines Gebrauchs- oder Sachwerthes. Rau (a. a. O. §. 102.) irrt aber, ebenſo
wie Kraus (Staatswirthſch. I. S. 13 folg.), da er von A. Smith ſagt, dieſer
halte den Handel für productiv, weil die Verſendungs- und Handelskoſten anderer
Art den Tauſchwerth der Güter erhöheten. Dieſe von Rau angeführte Stelle
(Unterſuchungen II. 141. oder Inquiry II. 143.) iſt eine unweſentliche Aeußerung
von A. Smith, welche er auch (p. 142. der engl. Ausg.) vom Landbaue und den
Gewerken macht. Er will damit nur beweiſen, daß zufolge der Preiserhöhung der
Producte durch die Anwendung von Capital und Arbeit eine Vergütung der Aus-
lagen und ein Gewinnſt für die Einzelwirthſchaft realiſirt werde; dagegen ſetzt er
die volkswirthſchaftliche Productivität des Handels, wie der genannten anderen
Gewerbe, darein, daß ſie verſchiedene Mengen productiver Arbeit in Bewegung
ſetzen und den Werth des jährlichen Productes der Erde und der Arbeit mit ihren
Capitalien erhöhen. Daſſelbe ſagt er noch einmal (Inquiry II. 209 und 210.) mit
Hinblick auf die Geſchichte. Allein Rau ſcheint obige Anſicht mit der Anmerkg. b.
des §. 103. gegen say Cours II. a. a. O. beſtreiten zu wollen, indem er gegen
deſſen Behauptung, daß nicht der Tauſch, ſondern der Transport den Werth der
Güter erhöhe und ſo der Handel productiv ſei, da die örtliche Stellung eine Modi-
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[555/0577] Hieraus ergibt ſich die Productivität des Handels, des Capitaliſten- geſchäftes, der Gewerbs- und Hauswirthſchaftsdienſte bei einigem Nachdenken von ſelbſt3). Unter den Geſchäften der Dienſtleiſtenden anderer Art, z. B. der Gelehrten, Staatsdiener, Advocaten, Künſtler u. ſ. w. werden ſich auch die wirthſchaftlich productiven leicht herausfinden laſſen; ſolche Dienſte überhaupt für wirthſchaft- lich productiv zu erklären iſt, wenn ſie auch das Glück des Lebens noch ſo ſehr fördern, ſo gewiß unrichtig, als ſich ihre Geſchäfte nicht immer auf wirthſchaftliche Verhältniſſe beziehen, ſondern alle Lebensbeziehungen umfaſſen4). ¹⁾ Der Satz des phyſiokratiſchen Syſtemes, daß blos der Erdbau productiv ſei, iſt nur eine Folgerung aus der im §. 401. widerlegten Anſicht deſſelben, daß die Materie das Weſen des Guts ausmache. Sobald man eingeſehen hat, daß dieſes der Werth iſt, ſo müſſen auch die anderen Werth ſchaffenden, erhöhenden, erſparen- den und erhaltenden Beſchäftigungen productiv ſein. Ebenſo fließt der merkantiliſche Satz, daß Handwerke, Fabriken und Handel die Quellen des Volksreichthums ſeien, aus dem als unwahr bewieſenen Prinzipe, das Weſen des Vermögens beſtehe im Gelde. Wenn man bedenkt, daß der Handel und die Gewerke ihre Stoffe erſt von den Urgewerben entnehmen müſſen, und daß erſt der Werth die erſte Urſache des Geldpreiſes iſt, ſo zerfällt auch dieſe Merkantilanſicht in ſich ſelbſt. ²⁾ Für die Productivität derſelben ſ. say Cours. II. 204. Ueberſ. von v. Th. II. S. 151. Droz Econom. politique. p. 30. Mac-Culloch Principles. p. 151. Ueberſ. von v. Weber. S. 110. 119. Malthus Principles. p. 442. Hermann Unterſuchungen. S. 22 folg. Gioja Nuovo Prospetto. I. 246. Murhard Theorie des Handels. I. 73. Kraus Staatswirthſch. IV. 18. Ganilh Des systemes. I. 91. Gegen die Productivität derſelben ſ. Lotz Handb. I. §. 39. Auch wohl Rau polit. Oeconom. I. §. 102–109., der zwiſchen mittelbarer und unmittelbarer Productivi- tät ſpricht, und leztere nur den Stoffarbeiten mit Ausnahme des Handels zuſchreibt, den er für mittelbar productiv erklärt, weil er als Vermittler zwiſchen Producent und Conſument der Volkswirthſchaft weſentliche Erleichterungen gewährt. ³⁾ Der Handel iſt aber in der That nicht blos mittelbar productiv, wie ihn Rau nennt und erklärt, ſondern er ruft wirklich neue Werthe hervor oder ver- wirklicht ſolche. Er ſetzt, wie andere Gewerbe, productive Arbeit in Bewegung und verbringt die Güter, welche als Ueberſchüſſe des Einen für dieſen, um mit Rau zu reden, keinen concreten Werth mehr haben, zu Andern und verſchafft ihnen ſo wieder den concreten Werth. Es iſt dies alſo die Hervorrufung oder Erneuerung eines Gebrauchs- oder Sachwerthes. Rau (a. a. O. §. 102.) irrt aber, ebenſo wie Kraus (Staatswirthſch. I. S. 13 folg.), da er von A. Smith ſagt, dieſer halte den Handel für productiv, weil die Verſendungs- und Handelskoſten anderer Art den Tauſchwerth der Güter erhöheten. Dieſe von Rau angeführte Stelle (Unterſuchungen II. 141. oder Inquiry II. 143.) iſt eine unweſentliche Aeußerung von A. Smith, welche er auch (p. 142. der engl. Ausg.) vom Landbaue und den Gewerken macht. Er will damit nur beweiſen, daß zufolge der Preiserhöhung der Producte durch die Anwendung von Capital und Arbeit eine Vergütung der Aus- lagen und ein Gewinnſt für die Einzelwirthſchaft realiſirt werde; dagegen ſetzt er die volkswirthſchaftliche Productivität des Handels, wie der genannten anderen Gewerbe, darein, daß ſie verſchiedene Mengen productiver Arbeit in Bewegung ſetzen und den Werth des jährlichen Productes der Erde und der Arbeit mit ihren Capitalien erhöhen. Daſſelbe ſagt er noch einmal (Inquiry II. 209 und 210.) mit Hinblick auf die Geſchichte. Allein Rau ſcheint obige Anſicht mit der Anmerkg. b. des §. 103. gegen say Cours II. a. a. O. beſtreiten zu wollen, indem er gegen deſſen Behauptung, daß nicht der Tauſch, ſondern der Transport den Werth der Güter erhöhe und ſo der Handel productiv ſei, da die örtliche Stellung eine Modi-

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/577>, abgerufen am 25.11.2024.