verkaufen zu können. Es ist indessen das Wesen des Staatspapier- handels so umgekehrt worden, daß wohl bei weitem die größere Anzahl der Handelsgeschäfte bloße Spiele sind, bei welchen nicht an die reelle Lieferung der Papiere selbst gedacht wird. Der Staatspapierhandel ist eigentlich eine bloße Uebertragung der Actien- geschäfte auf die Staatspapiere. Aber weil diese weit mehr Zu- fälligkeiten darbieten, als die Actien, so ist auch der Staatspapier- handel mehr ausgebildet. Aller Gewinnst und Verlust hängt auch hier von dem Curse ab. Dieser aber ist ebenfalls nach den allge- meinen Preisregulatoren zu bemessen (§. 58. und 59.). Auch hier ist, wie bei den Actien, der Werth, als Preisregulator, am schwierigsten zu ermessen2). Aber zum Verständnisse der Curs- zettel muß man außer dem Nominalwerthe der Staatspapiere, d. h. der Summe, auf welche sie lauten, auch noch bei den Renten den Realwerth bei der Negociation des Anleihens, d. h. diejenige Summe kennen, welche von dem Uebernehmer des Anleihens an den Staat für die Papiere bezahlt worden ist. Das Pari, das über und unter Pari kann nach diesen beiden Sätzen berechnet werden. Dieser Cursstand rührt aber bei Staatspapieren eben so wenig, als bei Actien, immer von reellen Ursachen her, sondern ist vielfach eine Folge der Operationen der Händler, welche in ihren Geschäften Alles aufbieten, um den Curs für sich zu lenken. Dies wird aber erst an den verschiedenen Geschäften mit Staats- papieren (auch mit Actien) klar. Man unterscheidet nämlich eigentliche 1) Kaufgeschäfte, wobei ein wirklicher oder fingirter Kauf oder Tausch vorgeht3), 2) Versatzgeschäfte, wobei Staatspapiere gegen Darleihen auf bestimmte Zeit in Pfand gege- ben werden, 3) Assecuranzgeschäfte, wobei man sich von einem Anderen gegen eine Vergütung die Versicherung geben läßt, daß er, wenn bei der nächsten Ziehung ein Loos mit zu geringem Ge- winnste herauskomme, Einem eine noch liegende Nummer verschaffe.
1)Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. S. 369. Nebenius, Oeffentl. Kredit. I. 505. 557. 602 folg. Bressons, Des fonds publics. Paris 1824. p. 186. 193. 216. Coffimere, De la bourse et des speculations sur les effects publics. Paris 1824. Deutsch von Schmalz. Berlin 1824. Fix, Revue mensuelle d'Eco- nomie politique. 1838. Octobre (I. vol. N. 4. p. 255 sqq.).Meine Versuche. S. 470. 479.
2) Auch gilt, was am Anfange der Note 2. des vorigen §. gesagt ist. In soweit der Werth der Staatspapiere auf den Curs derselben Einfluß hat, richtet sich dieser nach dem Kredite des Staats, welchen jedes bedeutende Verhältniß und Ereigniß im inneren und äußeren Staatenleben bestimmt, besonders aber die Finanz- und namentlich die Staatsschuldverhältnisse reguliren, nach der besonderen Beschaffenheit und eigenen Einrichtung des Anleihens, zu dem die Papiere gehören (z. B. Renten, Lotterieanleihe u. dgl.), nach der Form der Staatspapiere, von welcher ihre Uebertragbarkeit abhängt, nach der Größe und Art der Erhebung der
verkaufen zu können. Es iſt indeſſen das Weſen des Staatspapier- handels ſo umgekehrt worden, daß wohl bei weitem die größere Anzahl der Handelsgeſchäfte bloße Spiele ſind, bei welchen nicht an die reelle Lieferung der Papiere ſelbſt gedacht wird. Der Staatspapierhandel iſt eigentlich eine bloße Uebertragung der Actien- geſchäfte auf die Staatspapiere. Aber weil dieſe weit mehr Zu- fälligkeiten darbieten, als die Actien, ſo iſt auch der Staatspapier- handel mehr ausgebildet. Aller Gewinnſt und Verluſt hängt auch hier von dem Curſe ab. Dieſer aber iſt ebenfalls nach den allge- meinen Preisregulatoren zu bemeſſen (§. 58. und 59.). Auch hier iſt, wie bei den Actien, der Werth, als Preisregulator, am ſchwierigſten zu ermeſſen2). Aber zum Verſtändniſſe der Curs- zettel muß man außer dem Nominalwerthe der Staatspapiere, d. h. der Summe, auf welche ſie lauten, auch noch bei den Renten den Realwerth bei der Negociation des Anleihens, d. h. diejenige Summe kennen, welche von dem Uebernehmer des Anleihens an den Staat für die Papiere bezahlt worden iſt. Das Pari, das über und unter Pari kann nach dieſen beiden Sätzen berechnet werden. Dieſer Cursſtand rührt aber bei Staatspapieren eben ſo wenig, als bei Actien, immer von reellen Urſachen her, ſondern iſt vielfach eine Folge der Operationen der Händler, welche in ihren Geſchäften Alles aufbieten, um den Curs für ſich zu lenken. Dies wird aber erſt an den verſchiedenen Geſchäften mit Staats- papieren (auch mit Actien) klar. Man unterſcheidet nämlich eigentliche 1) Kaufgeſchäfte, wobei ein wirklicher oder fingirter Kauf oder Tauſch vorgeht3), 2) Verſatzgeſchäfte, wobei Staatspapiere gegen Darleihen auf beſtimmte Zeit in Pfand gege- ben werden, 3) Aſſecuranzgeſchäfte, wobei man ſich von einem Anderen gegen eine Vergütung die Verſicherung geben läßt, daß er, wenn bei der nächſten Ziehung ein Loos mit zu geringem Ge- winnſte herauskomme, Einem eine noch liegende Nummer verſchaffe.
1)Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. S. 369. Nebenius, Oeffentl. Kredit. I. 505. 557. 602 folg. Bressons, Des fonds publics. Paris 1824. p. 186. 193. 216. Coffimère, De la bourse et des speculations sur les effects publics. Paris 1824. Deutſch von Schmalz. Berlin 1824. Fix, Revue mensuelle d'Eco- nomie politique. 1838. Octobre (I. vol. N. 4. p. 255 sqq.).Meine Verſuche. S. 470. 479.
2) Auch gilt, was am Anfange der Note 2. des vorigen §. geſagt iſt. In ſoweit der Werth der Staatspapiere auf den Curs derſelben Einfluß hat, richtet ſich dieſer nach dem Kredite des Staats, welchen jedes bedeutende Verhältniß und Ereigniß im inneren und äußeren Staatenleben beſtimmt, beſonders aber die Finanz- und namentlich die Staatsſchuldverhältniſſe reguliren, nach der beſonderen Beſchaffenheit und eigenen Einrichtung des Anleihens, zu dem die Papiere gehören (z. B. Renten, Lotterieanleihe u. dgl.), nach der Form der Staatspapiere, von welcher ihre Uebertragbarkeit abhängt, nach der Größe und Art der Erhebung der
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verkaufen zu können. Es iſt indeſſen das Weſen des Staatspapier-
handels ſo umgekehrt worden, daß wohl bei weitem die größere
Anzahl der Handelsgeſchäfte bloße Spiele ſind, bei welchen nicht
an die reelle Lieferung der Papiere ſelbſt gedacht wird. Der
Staatspapierhandel iſt eigentlich eine bloße Uebertragung der Actien-
geſchäfte auf die Staatspapiere. Aber weil dieſe weit mehr Zu-
fälligkeiten darbieten, als die Actien, ſo iſt auch der Staatspapier-
handel mehr ausgebildet. Aller Gewinnſt und Verluſt hängt auch
hier von dem Curſe ab. Dieſer aber iſt ebenfalls nach den allge-
meinen Preisregulatoren zu bemeſſen (§. 58. und 59.). Auch hier
iſt, wie bei den Actien, der Werth, als Preisregulator, am
ſchwierigſten zu ermeſſen2). Aber zum Verſtändniſſe der Curs-
zettel muß man außer dem Nominalwerthe der Staatspapiere,
d. h. der Summe, auf welche ſie lauten, auch noch bei den Renten
den Realwerth bei der Negociation des Anleihens, d. h. diejenige
Summe kennen, welche von dem Uebernehmer des Anleihens an
den Staat für die Papiere bezahlt worden iſt. Das Pari, das
über und unter Pari kann nach dieſen beiden Sätzen berechnet
werden. Dieſer Cursſtand rührt aber bei Staatspapieren eben ſo
wenig, als bei Actien, immer von reellen Urſachen her, ſondern
iſt vielfach eine Folge der Operationen der Händler, welche in
ihren Geſchäften Alles aufbieten, um den Curs für ſich zu lenken.
Dies wird aber erſt an den verſchiedenen Geſchäften mit Staats-
papieren (auch mit Actien) klar. Man unterſcheidet nämlich
eigentliche 1) Kaufgeſchäfte, wobei ein wirklicher oder fingirter
Kauf oder Tauſch vorgeht3), 2) Verſatzgeſchäfte, wobei
Staatspapiere gegen Darleihen auf beſtimmte Zeit in Pfand gege-
ben werden, 3) Aſſecuranzgeſchäfte, wobei man ſich von einem
Anderen gegen eine Vergütung die Verſicherung geben läßt, daß
er, wenn bei der nächſten Ziehung ein Loos mit zu geringem Ge-
winnſte herauskomme, Einem eine noch liegende Nummer verſchaffe.
¹⁾ Bender, der Verkehr mit Staatspapieren. S. 369. Nebenius, Oeffentl.
Kredit. I. 505. 557. 602 folg. Bressons, Des fonds publics. Paris 1824. p. 186.
193. 216. Coffimère, De la bourse et des speculations sur les effects publics.
Paris 1824. Deutſch von Schmalz. Berlin 1824. Fix, Revue mensuelle d'Eco-
nomie politique. 1838. Octobre (I. vol. N. 4. p. 255 sqq.). Meine Verſuche.
S. 470. 479.
²⁾ Auch gilt, was am Anfange der Note 2. des vorigen §. geſagt iſt. In
ſoweit der Werth der Staatspapiere auf den Curs derſelben Einfluß hat, richtet
ſich dieſer nach dem Kredite des Staats, welchen jedes bedeutende Verhältniß und
Ereigniß im inneren und äußeren Staatenleben beſtimmt, beſonders aber die
Finanz- und namentlich die Staatsſchuldverhältniſſe reguliren, nach der beſonderen
Beſchaffenheit und eigenen Einrichtung des Anleihens, zu dem die Papiere gehören
(z. B. Renten, Lotterieanleihe u. dgl.), nach der Form der Staatspapiere, von
welcher ihre Uebertragbarkeit abhängt, nach der Größe und Art der Erhebung der
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/500>, abgerufen am 25.11.2024.
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