Fabrikate manchfacher Art gegen eine Vergütung zum Eigenthume oder zur Nutzung abgetreten oder übergeben werden, um denjenigen einen Gewinn zu verschaffen, die zum Betriebe dieser Geschäfte Güter (Capitalien) aufbewahren. Obschon sich so diese Wissenschaft in zwei Haupttheile, nämlich in Tausch- und Leihgewerbslehre, theilt (§. 42.), so hat dennoch die Leztere keine besondere Literatur erlangt, sondern geht mit jener Hand in Hand, da die Kenntnisse, welche dieselbe voraussetzt, größtentheils wesentliche Theile der Ersteren oder Handelslehre sind und das Leihgeschäft selbst mit dem Handelsgeschäfte in Verbindung getrieben werden kann. Man kann sich daher füglich hier blos auf den Handel und die Handelslehre beziehen.
Der Handel, mit Recht für die eigenthümlichste Erscheinung im Leben und Treiben der Menschen und für das Hauptmittel zur gegenseitigen Bildung der Völker erklärt, zeigt sich schon in der Wiege des Menschengeschlechtes im gegenseitigen Austausche, der Besitzthümer und bezeichnet das im Menschen liegende Streben nach allseitiger Vervollkommnung. So weit die Geschichte reicht, finden sich seine Spuren1). Die Phönizier und Karthager erregen schon, nach den wenigen auf uns gekommenen Nachrichten, wegen ihrer Schifffahrt und ihres Handels unsere Aufmerksamkeit. Die Griechen sind uns als eine Nation bekannt, deren Handels- und Schifffahrtseinrichtungen den wichtigeren Theil ihrer inneren und äußeren Staatsverwaltung ausmachten2). Die Römer, welche, wenn wir ihren Schriftstellern, die auf uns gekommen sind, trauen dürfen3), den Handel im Kleinen ebenso wie die Griechen für verächtlich hielten, standen aber doch mit den fernsten Gegenden der damaligen Welt in ausgedehnter Handelsverbindung im Großen und es ist, wenn man nicht hohle Kriegs- und Eroberungssucht annehmen will, das Bedürfniß an den Producten der damaligen Welt wohl eine Hauptursache ihrer Unterjochung der fernsten Nationen. Jedoch abgesehen davon, so bezeugen die Zolleinkünfte des römischen Staates und die in entfernten Gegenden sich auf- haltenden römischen Kaufleute4) zur Genüge, daß seine Handels- verbindungen sehr ausgebreitet waren. Im Mittelalter veran- laßten die Veränderungen in der Ländereiverfassung, der Zustand der Landwirthschaft, das Kirchen-, Kriegs- und das Ritterwesen (dieser charakteristische Beweis der eigenthümlichen Neigung der abendländischen Völker nach Abentheuern), die Kreutzzüge, die Geistlichkeit und der spätere allgemeine Wohlstand des Bürgers im ganzen germanischen Europa die örtlichen Anfänge und rasche Ausbildung des Groß- und Kleinhandels mit seinen manchfachen
Fabrikate manchfacher Art gegen eine Vergütung zum Eigenthume oder zur Nutzung abgetreten oder übergeben werden, um denjenigen einen Gewinn zu verſchaffen, die zum Betriebe dieſer Geſchäfte Güter (Capitalien) aufbewahren. Obſchon ſich ſo dieſe Wiſſenſchaft in zwei Haupttheile, nämlich in Tauſch- und Leihgewerbslehre, theilt (§. 42.), ſo hat dennoch die Leztere keine beſondere Literatur erlangt, ſondern geht mit jener Hand in Hand, da die Kenntniſſe, welche dieſelbe vorausſetzt, größtentheils weſentliche Theile der Erſteren oder Handelslehre ſind und das Leihgeſchäft ſelbſt mit dem Handelsgeſchäfte in Verbindung getrieben werden kann. Man kann ſich daher füglich hier blos auf den Handel und die Handelslehre beziehen.
Der Handel, mit Recht für die eigenthümlichſte Erſcheinung im Leben und Treiben der Menſchen und für das Hauptmittel zur gegenſeitigen Bildung der Völker erklärt, zeigt ſich ſchon in der Wiege des Menſchengeſchlechtes im gegenſeitigen Austauſche, der Beſitzthümer und bezeichnet das im Menſchen liegende Streben nach allſeitiger Vervollkommnung. So weit die Geſchichte reicht, finden ſich ſeine Spuren1). Die Phönizier und Karthager erregen ſchon, nach den wenigen auf uns gekommenen Nachrichten, wegen ihrer Schifffahrt und ihres Handels unſere Aufmerkſamkeit. Die Griechen ſind uns als eine Nation bekannt, deren Handels- und Schifffahrtseinrichtungen den wichtigeren Theil ihrer inneren und äußeren Staatsverwaltung ausmachten2). Die Römer, welche, wenn wir ihren Schriftſtellern, die auf uns gekommen ſind, trauen dürfen3), den Handel im Kleinen ebenſo wie die Griechen für verächtlich hielten, ſtanden aber doch mit den fernſten Gegenden der damaligen Welt in ausgedehnter Handelsverbindung im Großen und es iſt, wenn man nicht hohle Kriegs- und Eroberungsſucht annehmen will, das Bedürfniß an den Producten der damaligen Welt wohl eine Haupturſache ihrer Unterjochung der fernſten Nationen. Jedoch abgeſehen davon, ſo bezeugen die Zolleinkünfte des römiſchen Staates und die in entfernten Gegenden ſich auf- haltenden römiſchen Kaufleute4) zur Genüge, daß ſeine Handels- verbindungen ſehr ausgebreitet waren. Im Mittelalter veran- laßten die Veränderungen in der Ländereiverfaſſung, der Zuſtand der Landwirthſchaft, das Kirchen-, Kriegs- und das Ritterweſen (dieſer charakteriſtiſche Beweis der eigenthümlichen Neigung der abendländiſchen Völker nach Abentheuern), die Kreutzzüge, die Geiſtlichkeit und der ſpätere allgemeine Wohlſtand des Bürgers im ganzen germaniſchen Europa die örtlichen Anfänge und raſche Ausbildung des Groß- und Kleinhandels mit ſeinen manchfachen
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Fabrikate manchfacher Art gegen eine Vergütung zum Eigenthume
oder zur Nutzung abgetreten oder übergeben werden, um denjenigen
einen Gewinn zu verſchaffen, die zum Betriebe dieſer Geſchäfte
Güter (Capitalien) aufbewahren. Obſchon ſich ſo dieſe Wiſſenſchaft
in zwei Haupttheile, nämlich in Tauſch- und Leihgewerbslehre,
theilt (§. 42.), ſo hat dennoch die Leztere keine beſondere Literatur
erlangt, ſondern geht mit jener Hand in Hand, da die Kenntniſſe,
welche dieſelbe vorausſetzt, größtentheils weſentliche Theile der
Erſteren oder Handelslehre ſind und das Leihgeſchäft ſelbſt mit dem
Handelsgeſchäfte in Verbindung getrieben werden kann. Man kann
ſich daher füglich hier blos auf den Handel und die Handelslehre
beziehen.
Der Handel, mit Recht für die eigenthümlichſte Erſcheinung
im Leben und Treiben der Menſchen und für das Hauptmittel zur
gegenſeitigen Bildung der Völker erklärt, zeigt ſich ſchon in der
Wiege des Menſchengeſchlechtes im gegenſeitigen Austauſche, der
Beſitzthümer und bezeichnet das im Menſchen liegende Streben nach
allſeitiger Vervollkommnung. So weit die Geſchichte reicht, finden
ſich ſeine Spuren1). Die Phönizier und Karthager erregen
ſchon, nach den wenigen auf uns gekommenen Nachrichten, wegen
ihrer Schifffahrt und ihres Handels unſere Aufmerkſamkeit. Die
Griechen ſind uns als eine Nation bekannt, deren Handels- und
Schifffahrtseinrichtungen den wichtigeren Theil ihrer inneren und
äußeren Staatsverwaltung ausmachten2). Die Römer, welche,
wenn wir ihren Schriftſtellern, die auf uns gekommen ſind, trauen
dürfen3), den Handel im Kleinen ebenſo wie die Griechen für
verächtlich hielten, ſtanden aber doch mit den fernſten Gegenden der
damaligen Welt in ausgedehnter Handelsverbindung im Großen
und es iſt, wenn man nicht hohle Kriegs- und Eroberungsſucht
annehmen will, das Bedürfniß an den Producten der damaligen
Welt wohl eine Haupturſache ihrer Unterjochung der fernſten
Nationen. Jedoch abgeſehen davon, ſo bezeugen die Zolleinkünfte
des römiſchen Staates und die in entfernten Gegenden ſich auf-
haltenden römiſchen Kaufleute4) zur Genüge, daß ſeine Handels-
verbindungen ſehr ausgebreitet waren. Im Mittelalter veran-
laßten die Veränderungen in der Ländereiverfaſſung, der Zuſtand
der Landwirthſchaft, das Kirchen-, Kriegs- und das Ritterweſen
(dieſer charakteriſtiſche Beweis der eigenthümlichen Neigung der
abendländiſchen Völker nach Abentheuern), die Kreutzzüge, die
Geiſtlichkeit und der ſpätere allgemeine Wohlſtand des Bürgers im
ganzen germaniſchen Europa die örtlichen Anfänge und raſche
Ausbildung des Groß- und Kleinhandels mit ſeinen manchfachen
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/467>, abgerufen am 22.11.2024.
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