Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

erreicht, dämpft man das Feuer und setzt auf die Maischblase den
sogenannten Helm oder Hut6), ein oben geschlossenes gewölbtes
Gefäß von Kupfer, in welches die Dämpfe steigen, um von da
aus durch den Helmschnabel, eine von oben zu hinabwärts-
gehende Röhre, zu entweichen, welche man mit einer anderen
(der Kühlröhre) verbindet, die ihr aus einem Apparate ent-
gegenkommt, der Kühlapparat (Refrigerator, Erkälter) heißt,
und dazu dient, die Dämpfe zu einer tropfbaren Flüssigkeit nieder-
zuschlagen7). Aus dem Refrigerator kommt die Kühlröhre auf
der anderen Seite hervor und es tröpfelt aus ihr ein sehr wasser-
reicher Branntwein (Läuter, Lutter) von nur 10-20° Tralles.
Dieser Läuter muß alsbald, damit sein Gehalt an Essigsäure keine
saure Gährung bewirkte, zum Behufe der zweiten Destillation
(Rectification) in eine zweite Destillir- oder in die Wein-
blase (von Weinen, wie man diese Destillation auch nennt)
gebracht und wie auf die erste Art destillirt und abgekühlt werden.
Was zuerst durch die Kühlröhre hervorkommt (der Vorlauf), ist
weit stärker, als was nachkommt (der Nachlauf). Man leitet
beides durch einen Filter von Filz, der einem Hanswursthute sehr
ähnlich ist, in ein Gefäß, nimmt den Vorlauf, sobald man den
Nachlauf bemerkt, hinweg, fängt auch diesen auf und bringt ihn
mit dem nächsten Lutter wieder in die Weinblase. Diese Brenn-
methode hat viele Verbesserungen erlebt, deren vollständige Auf-
führung8) hier nicht thunlich ist. Eine der Wesentlichen ist die
Einführung des Dampfbrennapparates9). B. Neuere, auch
manchfach verbesserte
, Methode. Wie schon erwähnt ist, so
besteht das Charakteristische derselben darin, daß man den Brannt-
wein in sehr concentrirtem Zustande schon gewinnt, indem das
Destillat nur einmal durch den Brennapparat geht. Das Verfahren
ist in jeder Beziehung abgekürzt und materiell vortheilhafter; allein
die Apparate dazu sind zusammengesetzter und kostspieliger. Man
verfährt dabei nach zwei Prinzipien. Nach dem ersten Prinzipe
sucht man eine mehrfache Destillation zu bewirken, um den Gehalt
des Branntweines stufenweise mit jeder neuen Destillation zu er-
höhen, indem die Siedhitze in den Gefäßen, die er durchwandern
muß, stufenweise abnimmt und derselbe aus der Blase mit dem
niedrigsten Siedpunkte in den Kühlapparat geht10). Nach dem
zweiten Prinzipe sucht man den Branntwein nicht durch wieder-
holte Destillation, sondern vielmehr durch wiederholte stufenweise
Condensirung oder Abkühlung verschiedenen Grades zu concentriren.
Daher leitet man die weingeistigen Dämpfe aus der höheren Tem-
peratur in eine Röhre (Condensator, Rectificator) von einer

26 *

erreicht, dämpft man das Feuer und ſetzt auf die Maiſchblaſe den
ſogenannten Helm oder Hut6), ein oben geſchloſſenes gewölbtes
Gefäß von Kupfer, in welches die Dämpfe ſteigen, um von da
aus durch den Helmſchnabel, eine von oben zu hinabwärts-
gehende Röhre, zu entweichen, welche man mit einer anderen
(der Kühlröhre) verbindet, die ihr aus einem Apparate ent-
gegenkommt, der Kühlapparat (Refrigerator, Erkälter) heißt,
und dazu dient, die Dämpfe zu einer tropfbaren Flüſſigkeit nieder-
zuſchlagen7). Aus dem Refrigerator kommt die Kühlröhre auf
der anderen Seite hervor und es tröpfelt aus ihr ein ſehr waſſer-
reicher Branntwein (Läuter, Lutter) von nur 10–20° Tralles.
Dieſer Läuter muß alsbald, damit ſein Gehalt an Eſſigſäure keine
ſaure Gährung bewirkte, zum Behufe der zweiten Deſtillation
(Rectification) in eine zweite Deſtillir- oder in die Wein-
blaſe (von Weinen, wie man dieſe Deſtillation auch nennt)
gebracht und wie auf die erſte Art deſtillirt und abgekühlt werden.
Was zuerſt durch die Kühlröhre hervorkommt (der Vorlauf), iſt
weit ſtärker, als was nachkommt (der Nachlauf). Man leitet
beides durch einen Filter von Filz, der einem Hanswurſthute ſehr
ähnlich iſt, in ein Gefäß, nimmt den Vorlauf, ſobald man den
Nachlauf bemerkt, hinweg, fängt auch dieſen auf und bringt ihn
mit dem nächſten Lutter wieder in die Weinblaſe. Dieſe Brenn-
methode hat viele Verbeſſerungen erlebt, deren vollſtändige Auf-
führung8) hier nicht thunlich iſt. Eine der Weſentlichen iſt die
Einführung des Dampfbrennapparates9). B. Neuere, auch
manchfach verbeſſerte
, Methode. Wie ſchon erwähnt iſt, ſo
beſteht das Charakteriſtiſche derſelben darin, daß man den Brannt-
wein in ſehr concentrirtem Zuſtande ſchon gewinnt, indem das
Deſtillat nur einmal durch den Brennapparat geht. Das Verfahren
iſt in jeder Beziehung abgekürzt und materiell vortheilhafter; allein
die Apparate dazu ſind zuſammengeſetzter und koſtſpieliger. Man
verfährt dabei nach zwei Prinzipien. Nach dem erſten Prinzipe
ſucht man eine mehrfache Deſtillation zu bewirken, um den Gehalt
des Branntweines ſtufenweiſe mit jeder neuen Deſtillation zu er-
höhen, indem die Siedhitze in den Gefäßen, die er durchwandern
muß, ſtufenweiſe abnimmt und derſelbe aus der Blaſe mit dem
niedrigſten Siedpunkte in den Kühlapparat geht10). Nach dem
zweiten Prinzipe ſucht man den Branntwein nicht durch wieder-
holte Deſtillation, ſondern vielmehr durch wiederholte ſtufenweiſe
Condenſirung oder Abkühlung verſchiedenen Grades zu concentriren.
Daher leitet man die weingeiſtigen Dämpfe aus der höheren Tem-
peratur in eine Röhre (Condenſator, Rectificator) von einer

26 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0425" n="403"/>
erreicht, dämpft man das Feuer und &#x017F;etzt auf die Mai&#x017F;chbla&#x017F;e den<lb/>
&#x017F;ogenannten <hi rendition="#g">Helm</hi> oder <hi rendition="#g">Hut</hi><hi rendition="#sup">6</hi>), ein oben ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enes gewölbtes<lb/>
Gefäß von Kupfer, in welches die Dämpfe &#x017F;teigen, um von da<lb/>
aus durch den <hi rendition="#g">Helm&#x017F;chnabel</hi>, eine von oben zu hinabwärts-<lb/>
gehende Röhre, zu entweichen, welche man mit einer anderen<lb/>
(der <hi rendition="#g">Kühlröhre</hi>) verbindet, die ihr aus einem Apparate ent-<lb/>
gegenkommt, der Kühlapparat (<hi rendition="#g">Refrigerator</hi>, <hi rendition="#g">Erkälter</hi>) heißt,<lb/>
und dazu dient, die Dämpfe zu einer tropfbaren Flü&#x017F;&#x017F;igkeit nieder-<lb/>
zu&#x017F;chlagen<hi rendition="#sup">7</hi>). Aus dem Refrigerator kommt die Kühlröhre auf<lb/>
der anderen Seite hervor und es tröpfelt aus ihr ein &#x017F;ehr wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
reicher Branntwein (<hi rendition="#g">Läuter</hi>, <hi rendition="#g">Lutter</hi>) von nur 10&#x2013;20° Tralles.<lb/>
Die&#x017F;er Läuter muß alsbald, damit &#x017F;ein Gehalt an E&#x017F;&#x017F;ig&#x017F;äure keine<lb/>
&#x017F;aure Gährung bewirkte, zum Behufe der zweiten De&#x017F;tillation<lb/>
(<hi rendition="#g">Rectification</hi>) in eine zweite De&#x017F;tillir- oder in die <hi rendition="#g">Wein</hi>-<lb/><hi rendition="#g">bla&#x017F;e</hi> (von <hi rendition="#g">Weinen</hi>, wie man die&#x017F;e De&#x017F;tillation auch nennt)<lb/>
gebracht und wie auf die er&#x017F;te Art de&#x017F;tillirt und abgekühlt werden.<lb/>
Was zuer&#x017F;t durch die Kühlröhre hervorkommt (der <hi rendition="#g">Vorlauf</hi>), i&#x017F;t<lb/>
weit &#x017F;tärker, als was nachkommt (der <hi rendition="#g">Nachlauf</hi>). Man leitet<lb/>
beides durch einen Filter von Filz, der einem Hanswur&#x017F;thute &#x017F;ehr<lb/>
ähnlich i&#x017F;t, in ein Gefäß, nimmt den Vorlauf, &#x017F;obald man den<lb/>
Nachlauf bemerkt, hinweg, fängt auch die&#x017F;en auf und bringt ihn<lb/>
mit dem näch&#x017F;ten Lutter wieder in die Weinbla&#x017F;e. Die&#x017F;e Brenn-<lb/>
methode hat viele Verbe&#x017F;&#x017F;erungen erlebt, deren voll&#x017F;tändige Auf-<lb/>
führung<hi rendition="#sup">8</hi>) hier nicht thunlich i&#x017F;t. Eine der We&#x017F;entlichen i&#x017F;t die<lb/>
Einführung des <hi rendition="#g">Dampfbrennapparates</hi><hi rendition="#sup">9</hi>). <hi rendition="#aq">B.</hi> <hi rendition="#g">Neuere</hi>, <hi rendition="#g">auch<lb/>
manchfach verbe&#x017F;&#x017F;erte</hi>, <hi rendition="#g">Methode</hi>. Wie &#x017F;chon erwähnt i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
be&#x017F;teht das Charakteri&#x017F;ti&#x017F;che der&#x017F;elben darin, daß man den Brannt-<lb/>
wein in &#x017F;ehr concentrirtem Zu&#x017F;tande &#x017F;chon gewinnt, indem das<lb/>
De&#x017F;tillat nur einmal durch den Brennapparat geht. Das Verfahren<lb/>
i&#x017F;t in jeder Beziehung abgekürzt und materiell vortheilhafter; allein<lb/>
die Apparate dazu &#x017F;ind zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzter und ko&#x017F;t&#x017F;pieliger. Man<lb/>
verfährt dabei nach zwei Prinzipien. Nach dem <hi rendition="#g">er&#x017F;ten Prinzipe</hi><lb/>
&#x017F;ucht man eine mehrfache De&#x017F;tillation zu bewirken, um den Gehalt<lb/>
des Branntweines &#x017F;tufenwei&#x017F;e mit jeder neuen De&#x017F;tillation zu er-<lb/>
höhen, indem die Siedhitze in den Gefäßen, die er durchwandern<lb/>
muß, &#x017F;tufenwei&#x017F;e abnimmt und der&#x017F;elbe aus der Bla&#x017F;e mit dem<lb/>
niedrig&#x017F;ten Siedpunkte in den Kühlapparat geht<hi rendition="#sup">10</hi>). Nach dem<lb/><hi rendition="#g">zweiten Prinzipe</hi> &#x017F;ucht man den Branntwein nicht durch wieder-<lb/>
holte De&#x017F;tillation, &#x017F;ondern vielmehr durch wiederholte &#x017F;tufenwei&#x017F;e<lb/>
Conden&#x017F;irung oder Abkühlung ver&#x017F;chiedenen Grades zu concentriren.<lb/>
Daher leitet man die weingei&#x017F;tigen Dämpfe aus der höheren Tem-<lb/>
peratur in eine Röhre (Conden&#x017F;ator, <hi rendition="#g">Rectificator</hi>) von einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26 *</fw><lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0425] erreicht, dämpft man das Feuer und ſetzt auf die Maiſchblaſe den ſogenannten Helm oder Hut6), ein oben geſchloſſenes gewölbtes Gefäß von Kupfer, in welches die Dämpfe ſteigen, um von da aus durch den Helmſchnabel, eine von oben zu hinabwärts- gehende Röhre, zu entweichen, welche man mit einer anderen (der Kühlröhre) verbindet, die ihr aus einem Apparate ent- gegenkommt, der Kühlapparat (Refrigerator, Erkälter) heißt, und dazu dient, die Dämpfe zu einer tropfbaren Flüſſigkeit nieder- zuſchlagen7). Aus dem Refrigerator kommt die Kühlröhre auf der anderen Seite hervor und es tröpfelt aus ihr ein ſehr waſſer- reicher Branntwein (Läuter, Lutter) von nur 10–20° Tralles. Dieſer Läuter muß alsbald, damit ſein Gehalt an Eſſigſäure keine ſaure Gährung bewirkte, zum Behufe der zweiten Deſtillation (Rectification) in eine zweite Deſtillir- oder in die Wein- blaſe (von Weinen, wie man dieſe Deſtillation auch nennt) gebracht und wie auf die erſte Art deſtillirt und abgekühlt werden. Was zuerſt durch die Kühlröhre hervorkommt (der Vorlauf), iſt weit ſtärker, als was nachkommt (der Nachlauf). Man leitet beides durch einen Filter von Filz, der einem Hanswurſthute ſehr ähnlich iſt, in ein Gefäß, nimmt den Vorlauf, ſobald man den Nachlauf bemerkt, hinweg, fängt auch dieſen auf und bringt ihn mit dem nächſten Lutter wieder in die Weinblaſe. Dieſe Brenn- methode hat viele Verbeſſerungen erlebt, deren vollſtändige Auf- führung8) hier nicht thunlich iſt. Eine der Weſentlichen iſt die Einführung des Dampfbrennapparates9). B. Neuere, auch manchfach verbeſſerte, Methode. Wie ſchon erwähnt iſt, ſo beſteht das Charakteriſtiſche derſelben darin, daß man den Brannt- wein in ſehr concentrirtem Zuſtande ſchon gewinnt, indem das Deſtillat nur einmal durch den Brennapparat geht. Das Verfahren iſt in jeder Beziehung abgekürzt und materiell vortheilhafter; allein die Apparate dazu ſind zuſammengeſetzter und koſtſpieliger. Man verfährt dabei nach zwei Prinzipien. Nach dem erſten Prinzipe ſucht man eine mehrfache Deſtillation zu bewirken, um den Gehalt des Branntweines ſtufenweiſe mit jeder neuen Deſtillation zu er- höhen, indem die Siedhitze in den Gefäßen, die er durchwandern muß, ſtufenweiſe abnimmt und derſelbe aus der Blaſe mit dem niedrigſten Siedpunkte in den Kühlapparat geht10). Nach dem zweiten Prinzipe ſucht man den Branntwein nicht durch wieder- holte Deſtillation, ſondern vielmehr durch wiederholte ſtufenweiſe Condenſirung oder Abkühlung verſchiedenen Grades zu concentriren. Daher leitet man die weingeiſtigen Dämpfe aus der höheren Tem- peratur in eine Röhre (Condenſator, Rectificator) von einer 26 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/425
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/425>, abgerufen am 22.11.2024.