b) Die Reitzmittel, welche nicht den Zweck haben, zu dün- gen, d. h. dem Boden Nahrungstheile für die Pflanzen zu geben, sondern vielmehr auf Beförderung des Wachsthums der Pflanzen, und der Thätigkeit des Bodens zu wirken1). Dieselben müssen Stoffe sein, welche sich mit den Bestandtheilen des Bodens ver- binden können oder auch selbst in Wasser auflöslich sind. Es ge- hören folglich hierher:
1) Der Kalk, welcher sowohl im ätzenden (reinen) Zustande, als auch in Verbindung mit Kohlensäure und Schwefelsäure an- gewendet werden kann. Der ätzende Kalk muß, ehe er als Reitzmittel dient, bis zum Zerfallen mit Luft oder Wasser verbun- den sein, und wirkt auf den sauren oder verkohlten Humus durch Beförderung seiner Auflöslichkeit in Wasser; in Boden ohne Humus ist er daher so zwecklos als auf Torf- und Moorboden vortheilhaft. Der kohlensaure Kalk (Kreide, Bauschutt) wirkt in kalklosem Boden reitzend, in saurem Boden entsäurend. Der schwefel- saure Kalk (Gips) wirkt reitzend auf den Boden und auf die Pflanzen selbst, zum Theile als Kalk, zum Theile wegen der in ihm enthaltenen Säure2).
2) Der Schwefel, sobald er auflöslich ist. Er löst sich durch Kali (ätzenden Kalk oder Laugensalze) in Wasser und vermittelst der das Wasser zersetzenden Kohle in Wasserstoff auf. Weder zu feuchter, noch zu trockener Boden, noch humusloser Grund wird daher durch Schwefelpulver gewinnen. Das durch Einfluß von Luft und Wasser sich mit Sauerstoff verbindende Schwefeleisen bildet schwefelsaures Eisen, wie es öfters aus zersetzten Stein- kohlen und Torf hervorgeht. Auch dieses hat die Erfahrung als Reitzmittel bewährt.
3) Die Salze, nämlich die Laugensalze, die salpetersauren und kochsalzsauren Salze. Die Laugensalze (Kali oder Pottasche, Natrum oder Soda, und Ammonium) wirken im reinen Zustande und in Verbindung mit Kohlensäure auf die Auflösung des Humus. Sie werden für die Landwirthschaft in der Holz-, Torf- und Steinkohlenasche, und in der Asche von den Pottasche-, Salpe- ter-, Seifensiedereien u. dgl. benutzt, abgesehen von den andern Bestandtheilen der Asche. Die salpeter- und kochsalzsauern Salze (als leztere der Dorn- und Pfannenstein von den Salinen) wirken auf den Boden reitzend wegen des in ihnen enthaltenen Laugensalzes und Kalkes, wegen der Kalkerde und Säure, und
§. 146. Fortſetzung. b)Reitzmittel.
b) Die Reitzmittel, welche nicht den Zweck haben, zu dün- gen, d. h. dem Boden Nahrungstheile für die Pflanzen zu geben, ſondern vielmehr auf Beförderung des Wachsthums der Pflanzen, und der Thätigkeit des Bodens zu wirken1). Dieſelben müſſen Stoffe ſein, welche ſich mit den Beſtandtheilen des Bodens ver- binden können oder auch ſelbſt in Waſſer auflöslich ſind. Es ge- hören folglich hierher:
1) Der Kalk, welcher ſowohl im ätzenden (reinen) Zuſtande, als auch in Verbindung mit Kohlenſäure und Schwefelſäure an- gewendet werden kann. Der ätzende Kalk muß, ehe er als Reitzmittel dient, bis zum Zerfallen mit Luft oder Waſſer verbun- den ſein, und wirkt auf den ſauren oder verkohlten Humus durch Beförderung ſeiner Auflöslichkeit in Waſſer; in Boden ohne Humus iſt er daher ſo zwecklos als auf Torf- und Moorboden vortheilhaft. Der kohlenſaure Kalk (Kreide, Bauſchutt) wirkt in kalkloſem Boden reitzend, in ſaurem Boden entſäurend. Der ſchwefel- ſaure Kalk (Gips) wirkt reitzend auf den Boden und auf die Pflanzen ſelbſt, zum Theile als Kalk, zum Theile wegen der in ihm enthaltenen Säure2).
2) Der Schwefel, ſobald er auflöslich iſt. Er löst ſich durch Kali (ätzenden Kalk oder Laugenſalze) in Waſſer und vermittelſt der das Waſſer zerſetzenden Kohle in Waſſerſtoff auf. Weder zu feuchter, noch zu trockener Boden, noch humusloſer Grund wird daher durch Schwefelpulver gewinnen. Das durch Einfluß von Luft und Waſſer ſich mit Sauerſtoff verbindende Schwefeleiſen bildet ſchwefelſaures Eiſen, wie es öfters aus zerſetzten Stein- kohlen und Torf hervorgeht. Auch dieſes hat die Erfahrung als Reitzmittel bewährt.
3) Die Salze, nämlich die Laugenſalze, die ſalpeterſauren und kochſalzſauren Salze. Die Laugenſalze (Kali oder Pottaſche, Natrum oder Soda, und Ammonium) wirken im reinen Zuſtande und in Verbindung mit Kohlenſäure auf die Auflöſung des Humus. Sie werden für die Landwirthſchaft in der Holz-, Torf- und Steinkohlenaſche, und in der Aſche von den Pottaſche-, Salpe- ter-, Seifenſiedereien u. dgl. benutzt, abgeſehen von den andern Beſtandtheilen der Aſche. Die ſalpeter- und kochſalzſauern Salze (als leztere der Dorn- und Pfannenſtein von den Salinen) wirken auf den Boden reitzend wegen des in ihnen enthaltenen Laugenſalzes und Kalkes, wegen der Kalkerde und Säure, und
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§. 146.
Fortſetzung. b) Reitzmittel.
b) Die Reitzmittel, welche nicht den Zweck haben, zu dün-
gen, d. h. dem Boden Nahrungstheile für die Pflanzen zu geben,
ſondern vielmehr auf Beförderung des Wachsthums der Pflanzen,
und der Thätigkeit des Bodens zu wirken1). Dieſelben müſſen
Stoffe ſein, welche ſich mit den Beſtandtheilen des Bodens ver-
binden können oder auch ſelbſt in Waſſer auflöslich ſind. Es ge-
hören folglich hierher:
1) Der Kalk, welcher ſowohl im ätzenden (reinen) Zuſtande,
als auch in Verbindung mit Kohlenſäure und Schwefelſäure an-
gewendet werden kann. Der ätzende Kalk muß, ehe er als
Reitzmittel dient, bis zum Zerfallen mit Luft oder Waſſer verbun-
den ſein, und wirkt auf den ſauren oder verkohlten Humus durch
Beförderung ſeiner Auflöslichkeit in Waſſer; in Boden ohne Humus
iſt er daher ſo zwecklos als auf Torf- und Moorboden vortheilhaft.
Der kohlenſaure Kalk (Kreide, Bauſchutt) wirkt in kalkloſem
Boden reitzend, in ſaurem Boden entſäurend. Der ſchwefel-
ſaure Kalk (Gips) wirkt reitzend auf den Boden und auf die
Pflanzen ſelbſt, zum Theile als Kalk, zum Theile wegen der in
ihm enthaltenen Säure2).
2) Der Schwefel, ſobald er auflöslich iſt. Er löst ſich durch
Kali (ätzenden Kalk oder Laugenſalze) in Waſſer und vermittelſt
der das Waſſer zerſetzenden Kohle in Waſſerſtoff auf. Weder zu
feuchter, noch zu trockener Boden, noch humusloſer Grund wird
daher durch Schwefelpulver gewinnen. Das durch Einfluß von
Luft und Waſſer ſich mit Sauerſtoff verbindende Schwefeleiſen
bildet ſchwefelſaures Eiſen, wie es öfters aus zerſetzten Stein-
kohlen und Torf hervorgeht. Auch dieſes hat die Erfahrung als
Reitzmittel bewährt.
3) Die Salze, nämlich die Laugenſalze, die ſalpeterſauren
und kochſalzſauren Salze. Die Laugenſalze (Kali oder Pottaſche,
Natrum oder Soda, und Ammonium) wirken im reinen Zuſtande
und in Verbindung mit Kohlenſäure auf die Auflöſung des Humus.
Sie werden für die Landwirthſchaft in der Holz-, Torf- und
Steinkohlenaſche, und in der Aſche von den Pottaſche-, Salpe-
ter-, Seifenſiedereien u. dgl. benutzt, abgeſehen von den andern
Beſtandtheilen der Aſche. Die ſalpeter- und kochſalzſauern
Salze (als leztere der Dorn- und Pfannenſtein von den Salinen)
wirken auf den Boden reitzend wegen des in ihnen enthaltenen
Laugenſalzes und Kalkes, wegen der Kalkerde und Säure, und
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/205>, abgerufen am 28.11.2024.
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