Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

ein wissenschaftlicher Praktiker wäre. Zum Staatsexamen berufen,
werden alsdann die Candidaten in diesen Gewerbslehren theoretisch,
vermittelst einiger Fragen examinirt, aber nicht für solche prak-
tische Fächer geprüft, und alsdann selbst darin angestellt. Ist
auf diese Art etwas anderes als die berührte Einseitigkeit zu er-
warten? Warum nimmt man zu den Staatsstellen, welche mit
jenen Gewerbszweigen in genaue Berührung kommen, nicht prak-
tisch gebildete Männer? Und warum prüft man die eigentlichen
Kameralisten nicht streng in den politischen Fächern, da doch die
Gewerbsvorlesungen auf Universitäten kaum mehr sind als theore-
tische Encyclopädien? Und warum endlich verweist man diese
Letzteren nicht geradezu auf polytechnische Schulen, wie es bis-
her mit der Bildung der Baubeamten auch geschehen ist? -- Man
wird wohl einsehen, daß ich trotz dieser Ansichten dennoch eine
kameralistische Encyclopädie schreiben konnte und durfte, nur muß
man allmälig von dem Vorurtheile abkommen, daß man nach den
wissenschaftlichen Systemen die Bildung und Prüfung der Staats-
beamten einrichten solle, anstatt die Vorschriften darüber nach dem
praktischen Bedürfnisse zu entwerfen. Zudem vermag ich nicht
einzusehen, warum gerade Alles, was im Leben in einigen Zu-
sammenhang tritt, auch im Systeme einen solchen haben soll.
Wir können alle fühlen, wohin so Etwas führt. Das Leben wird
systematisch, aber keineswegs das System lebendig.

Man ersieht aus dem Bisherigen schon hinlänglich, welchen
wissenschaftlichen und praktischen Zweck ich mit dieser Arbeit zu
erreichen wünsche. Es bleibt mir aber nun auch noch übrig, mein
Bedauern darüber auszudrücken, daß man bei dieser Art von Bü-
chern, wo es auf möglichste Raumgewinnung ankommt, zugleich
eine angenehme Darstellung, wie sehr sie auch in der That wün-
schenswerth ist, nicht überall erreichen kann. Ich habe gesucht,
sie, wo es nur thunlich war, nicht außer Augen zu lassen. Wenn
es mir gar nicht, oder vielleicht blos nicht überall gelungen ist, so
darf ich wohl aus jenem Grunde auf Nachsicht Anspruch machen.
Um aber die Brauchbarkeit des Buches für den Praktiker zu er-
höhen, so habe ich mit der Fertigung des Registers, ich möchte
sagen, mein Unmögliches geleistet; denn meine Unfähigkeit zu
solchen Arbeiten ist so groß, daß ich sie absolut nennen würde,
wenn mich das Register nicht dennoch anders belehrt hätte. Fast
so steht es mit meinen Correctorstalenten, und deßhalb folgt auch
noch ein ziemliches Register von Sinn störenden Druckfehlern, der
andern unbedeutenden nicht zu gedenken.

Heidelberg im December 1834.


ein wiſſenſchaftlicher Praktiker wäre. Zum Staatsexamen berufen,
werden alsdann die Candidaten in dieſen Gewerbslehren theoretiſch,
vermittelſt einiger Fragen examinirt, aber nicht für ſolche prak-
tiſche Fächer geprüft, und alsdann ſelbſt darin angeſtellt. Iſt
auf dieſe Art etwas anderes als die berührte Einſeitigkeit zu er-
warten? Warum nimmt man zu den Staatsſtellen, welche mit
jenen Gewerbszweigen in genaue Berührung kommen, nicht prak-
tiſch gebildete Männer? Und warum prüft man die eigentlichen
Kameraliſten nicht ſtreng in den politiſchen Fächern, da doch die
Gewerbsvorleſungen auf Univerſitäten kaum mehr ſind als theore-
tiſche Encyclopädien? Und warum endlich verweist man dieſe
Letzteren nicht geradezu auf polytechniſche Schulen, wie es bis-
her mit der Bildung der Baubeamten auch geſchehen iſt? — Man
wird wohl einſehen, daß ich trotz dieſer Anſichten dennoch eine
kameraliſtiſche Encyclopädie ſchreiben konnte und durfte, nur muß
man allmälig von dem Vorurtheile abkommen, daß man nach den
wiſſenſchaftlichen Syſtemen die Bildung und Prüfung der Staats-
beamten einrichten ſolle, anſtatt die Vorſchriften darüber nach dem
praktiſchen Bedürfniſſe zu entwerfen. Zudem vermag ich nicht
einzuſehen, warum gerade Alles, was im Leben in einigen Zu-
ſammenhang tritt, auch im Syſteme einen ſolchen haben ſoll.
Wir können alle fühlen, wohin ſo Etwas führt. Das Leben wird
ſyſtematiſch, aber keineswegs das Syſtem lebendig.

Man erſieht aus dem Bisherigen ſchon hinlänglich, welchen
wiſſenſchaftlichen und praktiſchen Zweck ich mit dieſer Arbeit zu
erreichen wünſche. Es bleibt mir aber nun auch noch übrig, mein
Bedauern darüber auszudrücken, daß man bei dieſer Art von Bü-
chern, wo es auf möglichſte Raumgewinnung ankommt, zugleich
eine angenehme Darſtellung, wie ſehr ſie auch in der That wün-
ſchenswerth iſt, nicht überall erreichen kann. Ich habe geſucht,
ſie, wo es nur thunlich war, nicht außer Augen zu laſſen. Wenn
es mir gar nicht, oder vielleicht blos nicht überall gelungen iſt, ſo
darf ich wohl aus jenem Grunde auf Nachſicht Anſpruch machen.
Um aber die Brauchbarkeit des Buches für den Praktiker zu er-
höhen, ſo habe ich mit der Fertigung des Regiſters, ich möchte
ſagen, mein Unmögliches geleiſtet; denn meine Unfähigkeit zu
ſolchen Arbeiten iſt ſo groß, daß ich ſie abſolut nennen würde,
wenn mich das Regiſter nicht dennoch anders belehrt hätte. Faſt
ſo ſteht es mit meinen Correctorstalenten, und deßhalb folgt auch
noch ein ziemliches Regiſter von Sinn ſtörenden Druckfehlern, der
andern unbedeutenden nicht zu gedenken.

Heidelberg im December 1834.


<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="X"/>
ein wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlicher Praktiker wäre. Zum Staatsexamen berufen,<lb/>
werden alsdann die Candidaten in die&#x017F;en Gewerbslehren theoreti&#x017F;ch,<lb/>
vermittel&#x017F;t einiger Fragen <hi rendition="#g">examinirt</hi>, aber nicht für &#x017F;olche prak-<lb/>
ti&#x017F;che Fächer <hi rendition="#g">geprüft</hi>, und alsdann &#x017F;elb&#x017F;t darin ange&#x017F;tellt. I&#x017F;t<lb/>
auf die&#x017F;e Art etwas anderes als die berührte Ein&#x017F;eitigkeit zu er-<lb/>
warten? Warum nimmt man zu den Staats&#x017F;tellen, welche mit<lb/>
jenen Gewerbszweigen in genaue Berührung kommen, nicht prak-<lb/>
ti&#x017F;ch gebildete Männer? Und warum prüft man die eigentlichen<lb/>
Kamerali&#x017F;ten nicht &#x017F;treng in den politi&#x017F;chen Fächern, da doch die<lb/>
Gewerbsvorle&#x017F;ungen auf Univer&#x017F;itäten kaum mehr &#x017F;ind als theore-<lb/>
ti&#x017F;che Encyclopädien? Und warum endlich verweist man die&#x017F;e<lb/>
Letzteren nicht geradezu auf polytechni&#x017F;che Schulen, wie es bis-<lb/>
her mit der Bildung der Baubeamten auch ge&#x017F;chehen i&#x017F;t? &#x2014; Man<lb/>
wird wohl ein&#x017F;ehen, daß ich trotz die&#x017F;er An&#x017F;ichten dennoch eine<lb/>
kamerali&#x017F;ti&#x017F;che Encyclopädie &#x017F;chreiben konnte und durfte, nur muß<lb/>
man allmälig von dem Vorurtheile abkommen, daß man nach den<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Sy&#x017F;temen die Bildung und Prüfung der Staats-<lb/>
beamten einrichten &#x017F;olle, an&#x017F;tatt die Vor&#x017F;chriften darüber nach dem<lb/>
prakti&#x017F;chen Bedürfni&#x017F;&#x017F;e zu entwerfen. Zudem vermag ich nicht<lb/>
einzu&#x017F;ehen, warum gerade Alles, was im Leben in einigen Zu-<lb/>
&#x017F;ammenhang tritt, auch im Sy&#x017F;teme einen &#x017F;olchen haben &#x017F;oll.<lb/>
Wir können alle fühlen, wohin &#x017F;o Etwas führt. Das Leben wird<lb/>
&#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch, aber keineswegs das Sy&#x017F;tem lebendig.</p><lb/>
        <p>Man er&#x017F;ieht aus dem Bisherigen &#x017F;chon hinlänglich, welchen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen und prakti&#x017F;chen Zweck ich mit die&#x017F;er Arbeit zu<lb/>
erreichen wün&#x017F;che. Es bleibt mir aber nun auch noch übrig, mein<lb/>
Bedauern darüber auszudrücken, daß man bei die&#x017F;er Art von Bü-<lb/>
chern, wo es auf möglich&#x017F;te Raumgewinnung ankommt, zugleich<lb/>
eine angenehme Dar&#x017F;tellung, wie &#x017F;ehr &#x017F;ie auch in der That wün-<lb/>
&#x017F;chenswerth i&#x017F;t, nicht überall erreichen kann. Ich habe ge&#x017F;ucht,<lb/>
&#x017F;ie, wo es nur thunlich war, nicht außer Augen zu la&#x017F;&#x017F;en. Wenn<lb/>
es mir gar nicht, oder vielleicht blos nicht überall gelungen i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
darf ich wohl aus jenem Grunde auf Nach&#x017F;icht An&#x017F;pruch machen.<lb/>
Um aber die Brauchbarkeit des Buches für den Praktiker zu er-<lb/>
höhen, &#x017F;o habe ich mit der Fertigung des Regi&#x017F;ters, ich möchte<lb/>
&#x017F;agen, mein Unmögliches gelei&#x017F;tet; denn meine Unfähigkeit zu<lb/>
&#x017F;olchen Arbeiten i&#x017F;t &#x017F;o groß, daß ich &#x017F;ie ab&#x017F;olut nennen würde,<lb/>
wenn mich das Regi&#x017F;ter nicht dennoch anders belehrt hätte. Fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o &#x017F;teht es mit meinen Correctorstalenten, und deßhalb folgt auch<lb/>
noch ein ziemliches Regi&#x017F;ter von Sinn &#x017F;törenden Druckfehlern, der<lb/>
andern unbedeutenden nicht zu gedenken.</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Heidelberg</hi> im December 1834.</hi> </p>
      </div><lb/>
    </front>
  </text>
</TEI>
[X/0016] ein wiſſenſchaftlicher Praktiker wäre. Zum Staatsexamen berufen, werden alsdann die Candidaten in dieſen Gewerbslehren theoretiſch, vermittelſt einiger Fragen examinirt, aber nicht für ſolche prak- tiſche Fächer geprüft, und alsdann ſelbſt darin angeſtellt. Iſt auf dieſe Art etwas anderes als die berührte Einſeitigkeit zu er- warten? Warum nimmt man zu den Staatsſtellen, welche mit jenen Gewerbszweigen in genaue Berührung kommen, nicht prak- tiſch gebildete Männer? Und warum prüft man die eigentlichen Kameraliſten nicht ſtreng in den politiſchen Fächern, da doch die Gewerbsvorleſungen auf Univerſitäten kaum mehr ſind als theore- tiſche Encyclopädien? Und warum endlich verweist man dieſe Letzteren nicht geradezu auf polytechniſche Schulen, wie es bis- her mit der Bildung der Baubeamten auch geſchehen iſt? — Man wird wohl einſehen, daß ich trotz dieſer Anſichten dennoch eine kameraliſtiſche Encyclopädie ſchreiben konnte und durfte, nur muß man allmälig von dem Vorurtheile abkommen, daß man nach den wiſſenſchaftlichen Syſtemen die Bildung und Prüfung der Staats- beamten einrichten ſolle, anſtatt die Vorſchriften darüber nach dem praktiſchen Bedürfniſſe zu entwerfen. Zudem vermag ich nicht einzuſehen, warum gerade Alles, was im Leben in einigen Zu- ſammenhang tritt, auch im Syſteme einen ſolchen haben ſoll. Wir können alle fühlen, wohin ſo Etwas führt. Das Leben wird ſyſtematiſch, aber keineswegs das Syſtem lebendig. Man erſieht aus dem Bisherigen ſchon hinlänglich, welchen wiſſenſchaftlichen und praktiſchen Zweck ich mit dieſer Arbeit zu erreichen wünſche. Es bleibt mir aber nun auch noch übrig, mein Bedauern darüber auszudrücken, daß man bei dieſer Art von Bü- chern, wo es auf möglichſte Raumgewinnung ankommt, zugleich eine angenehme Darſtellung, wie ſehr ſie auch in der That wün- ſchenswerth iſt, nicht überall erreichen kann. Ich habe geſucht, ſie, wo es nur thunlich war, nicht außer Augen zu laſſen. Wenn es mir gar nicht, oder vielleicht blos nicht überall gelungen iſt, ſo darf ich wohl aus jenem Grunde auf Nachſicht Anſpruch machen. Um aber die Brauchbarkeit des Buches für den Praktiker zu er- höhen, ſo habe ich mit der Fertigung des Regiſters, ich möchte ſagen, mein Unmögliches geleiſtet; denn meine Unfähigkeit zu ſolchen Arbeiten iſt ſo groß, daß ich ſie abſolut nennen würde, wenn mich das Regiſter nicht dennoch anders belehrt hätte. Faſt ſo ſteht es mit meinen Correctorstalenten, und deßhalb folgt auch noch ein ziemliches Regiſter von Sinn ſtörenden Druckfehlern, der andern unbedeutenden nicht zu gedenken. Heidelberg im December 1834.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/16
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/16>, abgerufen am 18.12.2024.