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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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uns überwältigenden Affekten des Lachens den hinreißenden Zauber pba_689.002
reinster, wahrhaft "klärender" Schönheit gegenüberzustellen. Und das pba_689.003
Herrlichste vermag er zu vollbringen, wenn er diese von den entgegengesetzten pba_689.004
Seiten ausgehenden Lichtwirkungen auf ein und denselben Punkt pba_689.005
vereinigt: wenn das Verkehrte, worüber wir lachen, und das pba_689.006
Vortreffliche, an dem wir uns erfreuen,
die mannigfachen, pba_689.007
negativen und positiven Äußerungen ein und derselben Eigenschaft pba_689.008
des Geistes, des Gemütes, des Charakters darstellen. Lessings pba_689.009
"Minna von Barnhelm" tritt diesen großen Mustern zur Seite; und pba_689.010
wohl hätte Lessing das Vermögen besessen, seinem Lustspiel auch jenen pba_689.011
höchsten Schmuck der idealen Kunstform zu verleihen, um damit die pba_689.012
Kraft der kathartischen Wirkung noch um ein Bedeutendes zu steigern.

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Denn die Jdealität der Nachahmung ist für die Komödie ein pba_689.014
ebenso großes, wenn nicht noch größeres Erfordernis, wie für die pba_689.015
Tragödie; ist dieser schon das grobe Streben nach realistischer pba_689.016
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das Schiller so strenge verurteilt, gefährlich und verderblich, pba_689.017
so wird das Lustspiel dadurch geradezu vernichtet oder doch in den pba_689.018
Niederungen des lediglich "amüsanten" oder gar "pikanten" Zeitvertreibes pba_689.019
erhalten. Hier zeigt sich die Größe der Komödien des Aristophanes. pba_689.020
Der Wechsel der Prosarede und des Blankverses bei Shakespeare pba_689.021
steigert sich bei ihm zu dem Wechsel des jambischen Trimeters pba_689.022
als des Ausdrucks der gemeinen Rede und der melisch-chorischen pba_689.023
Rhythmen, als der bis zu den wunderbarsten Wirkungen erhobenen pba_689.024
Form für alle Arten des Reizes, der Anmut, der reinen Schönheit. pba_689.025
Abgewandt dem engen und platten Naturalismus, erobert er der Komödie pba_689.026
den Platz in den weiten Reichen der Phantastik.

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Dieser Begriff verlangt aber eine strenge Begrenzung!

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Es ist im Verlauf der obigen Darstellung verschiedentlich, der pba_689.029
herrschenden Ansicht entgegen, der Satz aufgestellt, daß die Phantasie pba_689.030
keineswegs eine selbständig schaffende Kraft sei, sondern daß sie nur das pba_689.031
Material liefere für die Kräfte der Empfindung und des Geistes, die pba_689.032
mit diesem Material nun "schaffen", d. h. das thun, was Aristoteles pba_689.033
poiein nennt; richtiger nennt er auch diesen Akt "Poiesis", pba_689.034
während wir fälschlich die Bezeichnung "Poesie" auf das durch diesen pba_689.035
Akt "Geschaffene" eingeschränkt haben.

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Die Frage nach Wesen, Berechtigung, Begrenzung des pba_689.037
Phantastischen in der Komödie
wird lösbar, wenn demgemäß untersucht pba_689.038
wird, nach welchen Gesetzen die Empfindungs- und Geisteskräfte pba_689.039
das Material der Phantasievorstellungen zu den komischen "Schöpfungen" pba_689.040
auszuwählen und zusammenzustellen haben? Es wird sich dabei ergeben,

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Denn die Jdealität der Nachahmung ist für die Komödie ein pba_689.014
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das Schiller so strenge verurteilt, gefährlich und verderblich, pba_689.017
so wird das Lustspiel dadurch geradezu vernichtet oder doch in den pba_689.018
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Dieser Begriff verlangt aber eine strenge Begrenzung!

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Es ist im Verlauf der obigen Darstellung verschiedentlich, der pba_689.029
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keineswegs eine selbständig schaffende Kraft sei, sondern daß sie nur das pba_689.031
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/707>, abgerufen am 22.11.2024.