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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich pba_607.002
Als Lügner zeigen, oder sich als wahr pba_607.003
Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste pba_607.004
Gethan. -- Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter pba_607.005
Zu treffen, als sie trafen. -- Wer für nichts mehr pba_607.006
Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr.

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Und weiter bis zu dem oben schon citierten Schluß:

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Alles dies pba_607.009
Erleid' ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben pba_607.010
Die Orakel, und gerettet sind die Götter.

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Schuldlos leidet sie und leiden die Jhren; und nur das schuldlose pba_607.012
Leiden ist das Tragische. Die Fehler, die das Leiden auf die so pba_607.013
furchtbar Betroffenen herabziehen, sind das verhängnisvolle Erbteil ihres pba_607.014
Hauses; in ihnen und in den Umständen, durch die sie so verderblich pba_607.015
werden, liegt der Fluch, unter dem sie leiden: aus beiden zusammen pba_607.016
webt sich ihr tragisches Geschick. Wieder gibt der Chor diesem Verhältnis pba_607.017
den schlagenden Ausdruck, wenn er gegenüber der gefährlichen Größe pba_607.018
sich die bescheidene Einfalt und die Sicherheit des einfachen Naturlebens pba_607.019
erwählt:

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Wohl dem, selig muß ich ihn preisen, pba_607.021
Der in der Stille der ländlichen Flur, pba_607.022
Fern von des Lebens verworrenen Kreisen, pba_607.023
Kindlich liegt an der Brust der Natur! pba_607.024
Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen, pba_607.025
Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks pba_607.026
Stürzen sehe die Höchsten, die Besten pba_607.027
Jn der Schnelle des Augenblicks!

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Und weiter hin bis zu jenem oft citierten Schlusse, der als der pba_607.029
Gipfel der "sentimentalen" Anschauungsweise angesehen wird, während pba_607.030
er doch in Wahrheit nur auf die Lösung des Tragischen hinweist, pba_607.031
die allein in der Einfalt reinen, gesunden Empfindens gefunden pba_607.032
werden kann:

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Nur in bestimmter Höhe ziehet pba_607.034
Das Verbrechen hin und das Ungemach, pba_607.035
Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet; pba_607.036
Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach.
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Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte pba_607.038
Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte; pba_607.039
Die Welt ist vollkommen überall, pba_607.040
Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.
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Und weiter bis zu dem oben schon citierten Schluß:

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er doch in Wahrheit nur auf die Lösung des Tragischen hinweist, pba_607.031
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Nur in bestimmter Höhe ziehet pba_607.034
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[607/0625] pba_607.001 Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich pba_607.002 Als Lügner zeigen, oder sich als wahr pba_607.003 Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste pba_607.004 Gethan. — Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter pba_607.005 Zu treffen, als sie trafen. — Wer für nichts mehr pba_607.006 Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr. pba_607.007 Und weiter bis zu dem oben schon citierten Schluß: pba_607.008 Alles dies pba_607.009 Erleid' ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben pba_607.010 Die Orakel, und gerettet sind die Götter. pba_607.011 Schuldlos leidet sie und leiden die Jhren; und nur das schuldlose pba_607.012 Leiden ist das Tragische. Die Fehler, die das Leiden auf die so pba_607.013 furchtbar Betroffenen herabziehen, sind das verhängnisvolle Erbteil ihres pba_607.014 Hauses; in ihnen und in den Umständen, durch die sie so verderblich pba_607.015 werden, liegt der Fluch, unter dem sie leiden: aus beiden zusammen pba_607.016 webt sich ihr tragisches Geschick. Wieder gibt der Chor diesem Verhältnis pba_607.017 den schlagenden Ausdruck, wenn er gegenüber der gefährlichen Größe pba_607.018 sich die bescheidene Einfalt und die Sicherheit des einfachen Naturlebens pba_607.019 erwählt: pba_607.020 Wohl dem, selig muß ich ihn preisen, pba_607.021 Der in der Stille der ländlichen Flur, pba_607.022 Fern von des Lebens verworrenen Kreisen, pba_607.023 Kindlich liegt an der Brust der Natur! pba_607.024 Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen, pba_607.025 Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks pba_607.026 Stürzen sehe die Höchsten, die Besten pba_607.027 Jn der Schnelle des Augenblicks! pba_607.028 Und weiter hin bis zu jenem oft citierten Schlusse, der als der pba_607.029 Gipfel der „sentimentalen“ Anschauungsweise angesehen wird, während pba_607.030 er doch in Wahrheit nur auf die Lösung des Tragischen hinweist, pba_607.031 die allein in der Einfalt reinen, gesunden Empfindens gefunden pba_607.032 werden kann: pba_607.033 Nur in bestimmter Höhe ziehet pba_607.034 Das Verbrechen hin und das Ungemach, pba_607.035 Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet; pba_607.036 Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach. pba_607.037 Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte pba_607.038 Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte; pba_607.039 Die Welt ist vollkommen überall, pba_607.040 Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/625>, abgerufen am 22.11.2024.