Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.pba_607.001 Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich pba_607.002 Als Lügner zeigen, oder sich als wahr pba_607.003 Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste pba_607.004 Gethan. -- Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter pba_607.005 Zu treffen, als sie trafen. -- Wer für nichts mehr pba_607.006 Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr. pba_607.007 Alles dies pba_607.009 Erleid' ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben pba_607.010 Die Orakel, und gerettet sind die Götter. pba_607.011 Wohl dem, selig muß ich ihn preisen, pba_607.021 Der in der Stille der ländlichen Flur, pba_607.022 Fern von des Lebens verworrenen Kreisen, pba_607.023 Kindlich liegt an der Brust der Natur! pba_607.024 Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen, pba_607.025 Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks pba_607.026 Stürzen sehe die Höchsten, die Besten pba_607.027 Jn der Schnelle des Augenblicks! pba_607.028 Nur in bestimmter Höhe ziehet pba_607.034 Das Verbrechen hin und das Ungemach, pba_607.035 Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet; pba_607.036 Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach. pba_607.037
Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte pba_607.038 Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte; pba_607.039 Die Welt ist vollkommen überall, pba_607.040 Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. pba_607.001 Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich pba_607.002 Als Lügner zeigen, oder sich als wahr pba_607.003 Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste pba_607.004 Gethan. — Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter pba_607.005 Zu treffen, als sie trafen. — Wer für nichts mehr pba_607.006 Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr. pba_607.007 Alles dies pba_607.009 Erleid' ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben pba_607.010 Die Orakel, und gerettet sind die Götter. pba_607.011 Wohl dem, selig muß ich ihn preisen, pba_607.021 Der in der Stille der ländlichen Flur, pba_607.022 Fern von des Lebens verworrenen Kreisen, pba_607.023 Kindlich liegt an der Brust der Natur! pba_607.024 Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen, pba_607.025 Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks pba_607.026 Stürzen sehe die Höchsten, die Besten pba_607.027 Jn der Schnelle des Augenblicks! pba_607.028 Nur in bestimmter Höhe ziehet pba_607.034 Das Verbrechen hin und das Ungemach, pba_607.035 Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet; pba_607.036 Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach. pba_607.037
Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte pba_607.038 Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte; pba_607.039 Die Welt ist vollkommen überall, pba_607.040 Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0625" n="607"/> <lb n="pba_607.001"/> <lg> <l>Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich</l> <lb n="pba_607.002"/> <l>Als Lügner zeigen, oder sich als wahr</l> <lb n="pba_607.003"/> <l>Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste</l> <lb n="pba_607.004"/> <l>Gethan. — Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter</l> <lb n="pba_607.005"/> <l>Zu treffen, als sie trafen. — <hi rendition="#g">Wer für nichts mehr</hi></l> <lb n="pba_607.006"/> <l><hi rendition="#g">Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr</hi>.</l> </lg> <p><lb n="pba_607.007"/> Und weiter bis zu dem oben schon citierten Schluß:</p> <lb n="pba_607.008"/> <lg> <l> Alles dies</l> <lb n="pba_607.009"/> <l>Erleid' ich schuldlos; doch bei Ehren bleiben</l> <lb n="pba_607.010"/> <l>Die Orakel, und gerettet sind die Götter.</l> </lg> <p><lb n="pba_607.011"/><hi rendition="#g">Schuldlos</hi> leidet sie und leiden die Jhren; und nur das schuldlose <lb n="pba_607.012"/> Leiden ist das Tragische. Die Fehler, die das Leiden auf die so <lb n="pba_607.013"/> furchtbar Betroffenen herabziehen, sind das verhängnisvolle Erbteil ihres <lb n="pba_607.014"/> Hauses; in ihnen und in den Umständen, durch die sie so verderblich <lb n="pba_607.015"/> werden, liegt der Fluch, unter dem sie leiden: aus beiden zusammen <lb n="pba_607.016"/> webt sich ihr tragisches Geschick. Wieder gibt der Chor diesem Verhältnis <lb n="pba_607.017"/> den schlagenden Ausdruck, wenn er gegenüber der gefährlichen Größe <lb n="pba_607.018"/> sich die bescheidene Einfalt und die Sicherheit des einfachen Naturlebens <lb n="pba_607.019"/> erwählt:</p> <lb n="pba_607.020"/> <lg> <l>Wohl dem, selig muß ich ihn preisen,</l> <lb n="pba_607.021"/> <l>Der in der Stille der ländlichen Flur,</l> <lb n="pba_607.022"/> <l>Fern von des Lebens verworrenen Kreisen,</l> <lb n="pba_607.023"/> <l>Kindlich liegt an der Brust der Natur!</l> <lb n="pba_607.024"/> <l>Denn das Herz wird mir schwer in der Fürsten Palästen,</l> <lb n="pba_607.025"/> <l>Wenn ich herab vom Gipfel des Glücks</l> <lb n="pba_607.026"/> <l>Stürzen sehe die Höchsten, die Besten</l> <lb n="pba_607.027"/> <l>Jn der Schnelle des Augenblicks!</l> </lg> <p><lb n="pba_607.028"/> Und weiter hin bis zu jenem oft citierten Schlusse, der als der <lb n="pba_607.029"/> Gipfel der „sentimentalen“ Anschauungsweise angesehen wird, während <lb n="pba_607.030"/> er doch in Wahrheit nur auf die <hi rendition="#g">Lösung des Tragischen hinweist,</hi> <lb n="pba_607.031"/> die allein in der <hi rendition="#g">Einfalt reinen, gesunden Empfindens</hi> gefunden <lb n="pba_607.032"/> werden kann:</p> <lb n="pba_607.033"/> <lg> <l>Nur in bestimmter Höhe ziehet</l> <lb n="pba_607.034"/> <l>Das Verbrechen hin und das Ungemach,</l> <lb n="pba_607.035"/> <l>Wie die Pest die erhabenen Orte fliehet;</l> <lb n="pba_607.036"/> <l>Dem Qualm der Städte wälzt es sich nach. </l> </lg> <lg> <lb n="pba_607.037"/> <l>Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte</l> <lb n="pba_607.038"/> <l>Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte;</l> <lb n="pba_607.039"/> <l>Die Welt ist vollkommen überall,</l> <lb n="pba_607.040"/> <l>Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.</l> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [607/0625]
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Was kümmert's mich noch, ob die Götter sich pba_607.002
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Bestätigen? Mir haben sie das Ärgste pba_607.004
Gethan. — Trotz biet' ich ihnen, mich noch härter pba_607.005
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Zu zittern hat, der fürchtet sie nicht mehr.
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Und weiter bis zu dem oben schon citierten Schluß:
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Alles dies pba_607.009
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Die Orakel, und gerettet sind die Götter.
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Schuldlos leidet sie und leiden die Jhren; und nur das schuldlose pba_607.012
Leiden ist das Tragische. Die Fehler, die das Leiden auf die so pba_607.013
furchtbar Betroffenen herabziehen, sind das verhängnisvolle Erbteil ihres pba_607.014
Hauses; in ihnen und in den Umständen, durch die sie so verderblich pba_607.015
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Und weiter hin bis zu jenem oft citierten Schlusse, der als der pba_607.029
Gipfel der „sentimentalen“ Anschauungsweise angesehen wird, während pba_607.030
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Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.
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