pba_592.001 ständigen und Rechten" zu öffnen und durch die solches Empfinden begleitende pba_592.002 Freude des "Verständigen und Rechten" als solchen inne pba_592.003 zu werden.
pba_592.004 "Alle Kunst ist der Freude gewidmet, und es gibt keine höhere pba_592.005 und keine ernsthaftere Aufgabe, als die Menschen zu beglücken. Die pba_592.006 rechte Kunst ist nur diese, welche den höchsten Genuß verschafft. Der pba_592.007 höchste Genuß aber ist die Freiheit des Gemüts in dem lebendigen pba_592.008 Spiel aller seiner Kräfte." Ein solches "freies Spiel aller Gemütskräfte" pba_592.009 schließt es aus, daß Verstand und Vernunft direkt in Anspruch pba_592.010 genommen werden, was ohne Arbeit nicht geschehen kann; es pba_592.011 kann nur in der Thätigkeit der Empfindungskräfte erfolgen, insofern pba_592.012 in der richtigen Beschaffenheit ihrer Äußerung ein Resultat im Gemüte pba_592.013 auftritt, das sowohl die Billigung des Verstandes als die der Vernunft pba_592.014 notwendig einschließt.
pba_592.015 Noch einmal irrt Schiller im Ausdruck ab: "Der wahren Kunst pba_592.016 ist es Ernst damit, den Menschen nicht bloß in einen augenblicklichen pba_592.017 Traum von Freiheit zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der That pba_592.018 frei zu machen, und dieses dadurch, daß sie eine Kraft in ihm erweckt, pba_592.019 übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als roher pba_592.020 Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine pba_592.021 objektive Form zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln pba_592.022 und das Materielle durch Jdeen zu beherrschen." Den Worten pba_592.023 nach scheint hier noch die alte Theorie von der Vernunftfreiheit, die pba_592.024 durch die tragische Kunst zum Bewußtsein gebracht werden soll, zu spuken. pba_592.025 Der weitere Verlauf zeigt aber trotz eines gewissen Schwankens im Ausdruck, pba_592.026 das eben durch die mangelnde Sicherheit der theoretischen Erkenntnis pba_592.027 unvermeidlich wird, doch unzweideutig, daß Schiller "jene Kraft, pba_592.028 die erweckt, geübt und ausgebildet" werden soll, nicht mehr im sittlichen pba_592.029 Vermögen, sondern daß er sie im Empfinden sucht.
pba_592.030 "Jm Gemüt" soll diese Kraft "erbaut und begründet" werden. pba_592.031 Das erreicht die Kunst, indem sie die "wahre Natur" darstellt, "indem pba_592.032 sie das Wirkliche ganz verläßt und rein ideell wird. Die pba_592.033 (wahre) Natur selbst ist nur eine Jdee des Geistes, die nie in die pba_592.034 Sinne fällt. Unter der Decke der Erscheinungen liegt sie, aber sie selbst pba_592.035 kommt niemals zur Erscheinung. Bloß der Kunst des Jdeals ist es pba_592.036 verliehen, oder vielmehr, es ist ihr aufgegeben, diesen Geist des Alls zu pba_592.037 ergreifen und in einer körperlichen Form zu binden. Auch sie selbst pba_592.038 kann ihn zwar nie vor die Sinne, aber doch durch ihre schaffende pba_592.039 Kraft vor die Einbildungskraft bringen, und dadurch wahrer sein als pba_592.040 alle Wirklichkeit, und realer als alle Erfahrung."
pba_592.001 ständigen und Rechten“ zu öffnen und durch die solches Empfinden begleitende pba_592.002 Freude des „Verständigen und Rechten“ als solchen inne pba_592.003 zu werden.
pba_592.004 „Alle Kunst ist der Freude gewidmet, und es gibt keine höhere pba_592.005 und keine ernsthaftere Aufgabe, als die Menschen zu beglücken. Die pba_592.006 rechte Kunst ist nur diese, welche den höchsten Genuß verschafft. Der pba_592.007 höchste Genuß aber ist die Freiheit des Gemüts in dem lebendigen pba_592.008 Spiel aller seiner Kräfte.“ Ein solches „freies Spiel aller Gemütskräfte“ pba_592.009 schließt es aus, daß Verstand und Vernunft direkt in Anspruch pba_592.010 genommen werden, was ohne Arbeit nicht geschehen kann; es pba_592.011 kann nur in der Thätigkeit der Empfindungskräfte erfolgen, insofern pba_592.012 in der richtigen Beschaffenheit ihrer Äußerung ein Resultat im Gemüte pba_592.013 auftritt, das sowohl die Billigung des Verstandes als die der Vernunft pba_592.014 notwendig einschließt.
pba_592.015 Noch einmal irrt Schiller im Ausdruck ab: „Der wahren Kunst pba_592.016 ist es Ernst damit, den Menschen nicht bloß in einen augenblicklichen pba_592.017 Traum von Freiheit zu versetzen, sondern ihn wirklich und in der That pba_592.018 frei zu machen, und dieses dadurch, daß sie eine Kraft in ihm erweckt, pba_592.019 übt und ausbildet, die sinnliche Welt, die sonst nur als roher pba_592.020 Stoff auf uns lastet, als eine blinde Macht auf uns drückt, in eine pba_592.021 objektive Form zu rücken, in ein freies Werk unsers Geistes zu verwandeln pba_592.022 und das Materielle durch Jdeen zu beherrschen.“ Den Worten pba_592.023 nach scheint hier noch die alte Theorie von der Vernunftfreiheit, die pba_592.024 durch die tragische Kunst zum Bewußtsein gebracht werden soll, zu spuken. pba_592.025 Der weitere Verlauf zeigt aber trotz eines gewissen Schwankens im Ausdruck, pba_592.026 das eben durch die mangelnde Sicherheit der theoretischen Erkenntnis pba_592.027 unvermeidlich wird, doch unzweideutig, daß Schiller „jene Kraft, pba_592.028 die erweckt, geübt und ausgebildet“ werden soll, nicht mehr im sittlichen pba_592.029 Vermögen, sondern daß er sie im Empfinden sucht.
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„Jm Gemüt“ soll diese Kraft „erbaut und begründet“ werden. pba_592.031
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/610>, abgerufen am 22.11.2024.
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