pba_516.001 für das beste erklärte, welches die Leidenschaften am heftigsten erregte". pba_516.002 Wenn er somit die Sollicitationstheorie zuerst in Anregung brachte, so pba_516.003 war wenigstens Lessing nicht auf seiner Seite.
pba_516.004 Dubos entwickelt die Hauptsätze seiner Theorie, die von der Baumgartenschen pba_516.005 und Schweizerischen Ästhetik im wesentlichen aufgenommen pba_516.006 wurden, gleich im Beginne seiner Reflexions critiques sur la Poesie pba_516.007 et sur la Peinture, die 1719 zuerst erschienen. Er geht von der Platonischen pba_516.008 Auffassung des Begriffs der Freude aus, die ihm als hors pba_516.009 de contestation erscheint: les hommes n'ont aucun plaisir naturel pba_516.010 qui ne soit le fruit du besoin.1 Das ist gerade der Satz, dem, wie pba_516.011 oben schon ausgeführt, die glänzende Polemik des Aristoteles im siebenten pba_516.012 und zehnten Buch seiner Nikomachischen Ethik gilt. Nicht aus der Befriedigung pba_516.013 eines Bedürfnisses geht die Freude hervor, sondern sie ist an pba_516.014 die Ausübung einer Thätigkeit geknüpft, und zwar die höchste an die pba_516.015 vollkommenste. Ein auf jener Basis aufgebautes System muß daher pba_516.016 in allen Punkten der aristotelischen Kunstlehre widersprechen. So gleich pba_516.017 der nächste Satz: plus le besoin est grand, plus le plaisir d'y satisfaire pba_516.018 est sensible; wenn Dubos nun fortfährt: L'ame a ses besoins pba_516.019 comme le corps; et l'un des plus grands besoins de l'homme est pba_516.020 celui d'avoir l'esprit occupe, so ist diese faktische Bemerkung geeignet, pba_516.021 für den Augenblick eine scheinbare Übereinstimmung mit der aristotelischen pba_516.022 Anschauung herbeizuführen, aber nur um in den Konsequenzen pba_516.023 sich sogleich wieder weit von ihr zu entfernen. Bei Dubos handelt es pba_516.024 sich darum, dem Bedürfnis zu genügen, das, durch die crainte de pba_516.025 l'ennui hervorgerufen, die occupation de l'ame erfordert, die stärkste pba_516.026 Erregung genügt diesem Bedürfnis am besten: bei Aristoteles ist die pba_516.027 Thätigkeit um ihrer selbst willen die Bedingung der Freude, die deshalb pba_516.028 ganz und gar von der Art und Weise der Bethätigung pba_516.029 abhängig ist. Daher bei Dubos Sätze wie die folgenden (S. 11): pba_516.030 Veritablement l'agitation ou les passions nous tiennent, meme durant pba_516.031 la solitude, est si vive, que tout autre etat est un etat de pba_516.032 langueur aupres de cette agitation. Ainsi nous courons par instinct pba_516.033 apres les objets qui peuvent exciter nos passions, quoique ces objets pba_516.034 fassent sur nous des impressions qui nous coautent souvent des pba_516.035 nuits inquietes et des journees douloureuses: mais les hommes en pba_516.036 general souffrent encore plus a vivre sans passions, que les passions pba_516.037 ne les font souffrir. Das kann allenfalls als Darstellung des realen pba_516.038 Herganges im Leben Geltung haben, aber als Ausgangspunkt für eine
1pba_516.039 Vgl. Nouvelle edition (Dresde 1760). T. I, S. 5 ff.
pba_516.001 für das beste erklärte, welches die Leidenschaften am heftigsten erregte“. pba_516.002 Wenn er somit die Sollicitationstheorie zuerst in Anregung brachte, so pba_516.003 war wenigstens Lessing nicht auf seiner Seite.
pba_516.004 Dubos entwickelt die Hauptsätze seiner Theorie, die von der Baumgartenschen pba_516.005 und Schweizerischen Ästhetik im wesentlichen aufgenommen pba_516.006 wurden, gleich im Beginne seiner Réflexions critiques sur la Poésie pba_516.007 et sur la Peinture, die 1719 zuerst erschienen. Er geht von der Platonischen pba_516.008 Auffassung des Begriffs der Freude aus, die ihm als hors pba_516.009 de contestation erscheint: les hommes n'ont aucun plaisir naturel pba_516.010 qui ne soit le fruit du besoin.1 Das ist gerade der Satz, dem, wie pba_516.011 oben schon ausgeführt, die glänzende Polemik des Aristoteles im siebenten pba_516.012 und zehnten Buch seiner Nikomachischen Ethik gilt. Nicht aus der Befriedigung pba_516.013 eines Bedürfnisses geht die Freude hervor, sondern sie ist an pba_516.014 die Ausübung einer Thätigkeit geknüpft, und zwar die höchste an die pba_516.015 vollkommenste. Ein auf jener Basis aufgebautes System muß daher pba_516.016 in allen Punkten der aristotelischen Kunstlehre widersprechen. So gleich pba_516.017 der nächste Satz: plus le besoin est grand, plus le plaisir d'y satisfaire pba_516.018 est sensible; wenn Dubos nun fortfährt: L'ame a ses besoins pba_516.019 comme le corps; et l'un des plus grands besoins de l'homme est pba_516.020 celui d'avoir l'esprit occupé, so ist diese faktische Bemerkung geeignet, pba_516.021 für den Augenblick eine scheinbare Übereinstimmung mit der aristotelischen pba_516.022 Anschauung herbeizuführen, aber nur um in den Konsequenzen pba_516.023 sich sogleich wieder weit von ihr zu entfernen. Bei Dubos handelt es pba_516.024 sich darum, dem Bedürfnis zu genügen, das, durch die crainte de pba_516.025 l'ennui hervorgerufen, die occupation de l'ame erfordert, die stärkste pba_516.026 Erregung genügt diesem Bedürfnis am besten: bei Aristoteles ist die pba_516.027 Thätigkeit um ihrer selbst willen die Bedingung der Freude, die deshalb pba_516.028 ganz und gar von der Art und Weise der Bethätigung pba_516.029 abhängig ist. Daher bei Dubos Sätze wie die folgenden (S. 11): pba_516.030 Véritablement l'agitation où les passions nous tiennent, même durant pba_516.031 la solitude, est si vive, que tout autre état est un état de pba_516.032 langueur auprès de cette agitation. Ainsi nous courons par instinct pba_516.033 après les objets qui peuvent exciter nos passions, quoique ces objets pba_516.034 fassent sur nous des impressions qui nous coûtent souvent des pba_516.035 nuits inquiétes et des journées douloureuses: mais les hommes en pba_516.036 général souffrent encore plus à vivre sans passions, que les passions pba_516.037 ne les font souffrir. Das kann allenfalls als Darstellung des realen pba_516.038 Herganges im Leben Geltung haben, aber als Ausgangspunkt für eine
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pba_516.004
Dubos entwickelt die Hauptsätze seiner Theorie, die von der Baumgartenschen pba_516.005
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Vgl. Nouvelle édition (Dresde 1760). T. I, S. 5 ff.
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/534>, abgerufen am 25.11.2024.
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