Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.pba_448.001 pba_448.006
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007 bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008 sie können daher "Pathe" genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009 die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010 Veränderungen sind, "Pathemata", zu deren "Bewirkung" die denkbar verschiedensten pba_448.011 Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012 4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013 und von der S. meint, daß von H. daran "unwiderleglich gezeigt sei", wie Aristoteles pba_448.014 zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015 für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016 daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017 -- khalepon pathos -- ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018 So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019 erkennbar -- ophthai toiouton pathos -- (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020 wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das toiouton p. pba_448.021 also auf das khalepon p. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022 den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023 Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024 würden und hinzugefügt "und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025 kommen an ihnen vor": hier steht pathemata. Von denselben wird weiter pba_448.026 gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027 vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: "Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028 Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften nosode) Veränderungsvorgängen pba_448.029 -- toiauta pathe -- zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030 seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) -- nosode pathe. pba_448.031 Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032 auch mit dem Ausdruck nosos -- Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen pathe, pba_448.033 wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034 Erscheinungen, die lithoi, phumata, dothiena, benannt werden, heißen diese in pba_448.035 allgemeiner Zusammenfassung pathemata. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036 werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037 gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. -- Noch führt pba_448.038 S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039 Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, "auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040 Peripetien und der pathematon", ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041 epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042 ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043 als solchen im Sinne gehabt und generell mit pathos bezeichnet. Für die pba_448.044 Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045 verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in pba_448.001 pba_448.006
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007 bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008 sie können daher „Pathe“ genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009 die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010 Veränderungen sind, „Pathemata“, zu deren „Bewirkung“ die denkbar verschiedensten pba_448.011 Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012 4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013 und von der S. meint, daß von H. daran „unwiderleglich gezeigt sei“, wie Aristoteles pba_448.014 zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015 für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016 daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017 — χαλεπὸν πάθος — ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018 So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019 erkennbar — ὦφθαι τοιοῦτον πάθος — (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020 wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das τοιοῦτον π. pba_448.021 also auf das χαλεπὸν π. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022 den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023 Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024 würden und hinzugefügt „und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025 kommen an ihnen vor“: hier steht παθήματα. Von denselben wird weiter pba_448.026 gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027 vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: „Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028 Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften νοσώδη) Veränderungsvorgängen pba_448.029 — τοιαῦτα πάθη — zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030 seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) — νοσώδη πάθη. pba_448.031 Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032 auch mit dem Ausdruck νόσος — Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen πάθη, pba_448.033 wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034 Erscheinungen, die λίθοι, φύματα, δοθιῆνα, benannt werden, heißen diese in pba_448.035 allgemeiner Zusammenfassung παθήματα. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036 werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037 gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. — Noch führt pba_448.038 S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039 Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, „auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040 Peripetien und der παθημάτων“, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041 epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042 ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043 als solchen im Sinne gehabt und generell mit πάθος bezeichnet. Für die pba_448.044 Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045 verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0466" n="448"/><lb n="pba_448.001"/> der betreffenden Stellen davon abhingen — ein Umstand, in dem die <lb n="pba_448.002"/> hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher <lb n="pba_448.003"/> die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben <lb n="pba_448.004"/> leugnen können —, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung <lb n="pba_448.005"/> Grundlage für das richtige Verständnis.</p> <note n="1" xml:id="pba_445_1d" prev="#pba_445_1c" place="foot" next="#pba_445_1e"><lb n="pba_448.006"/> gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte <lb n="pba_448.007"/> bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, <lb n="pba_448.008"/> sie können daher „<hi rendition="#g">Pathe</hi>“ genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, <lb n="pba_448.009"/> die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die <hi rendition="#g">bewirkten</hi> <lb n="pba_448.010"/> Veränderungen sind, „<hi rendition="#g">Pathemata</hi>“, zu deren „<hi rendition="#g">Bewirkung</hi>“ die denkbar verschiedensten <lb n="pba_448.011"/> Veränderungs<hi rendition="#g">vorgänge,</hi> je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. <lb n="pba_448.012"/> 4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667<hi rendition="#sup">a</hi> 33 ff. <lb n="pba_448.013"/> und von der S. meint, daß von H. daran „unwiderleglich gezeigt sei“, wie Aristoteles <lb n="pba_448.014"/> zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends <lb n="pba_448.015"/> für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, <lb n="pba_448.016"/> daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang <lb n="pba_448.017"/> — <foreign xml:lang="grc">χαλεπὸν πάθος</foreign> — ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. <lb n="pba_448.018"/> So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein <hi rendition="#g">derartiger</hi> Veränderungsvorgang <lb n="pba_448.019"/> erkennbar — <foreign xml:lang="grc">ὦφθαι <hi rendition="#g">τοιοῦτον πάθος</hi></foreign> — (also niemals ein <hi rendition="#g">schwerer</hi> Erkrankungsprozeß), <lb n="pba_448.020"/> wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das <foreign xml:lang="grc">τοιοῦτον π</foreign>. <lb n="pba_448.021"/> also auf das <foreign xml:lang="grc">χαλεπὸν π</foreign>. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungs<hi rendition="#g">prozeß,</hi> <lb n="pba_448.022"/> den Veränderungs<hi rendition="#g">vorgang.</hi> Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und <lb n="pba_448.023"/> Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden <lb n="pba_448.024"/> würden und hinzugefügt „<hi rendition="#g">und noch viele andere Krankheitserscheinungen <lb n="pba_448.025"/> kommen an ihnen vor</hi>“: hier steht <foreign xml:lang="grc">παθήματα</foreign>. Von <hi rendition="#g">denselben</hi> wird weiter <lb n="pba_448.026"/> gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, <hi rendition="#g">nicht</hi> <lb n="pba_448.027"/> vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: „Bei Tieren aber, die an einer offenbaren <lb n="pba_448.028"/> <hi rendition="#g">Krankheit</hi> und <hi rendition="#g">derartigen</hi> (d. h. also <hi rendition="#g">krankhaften <foreign xml:lang="grc">νοσώδη</foreign>) Veränderungsvorgängen</hi> <lb n="pba_448.029"/> — <foreign xml:lang="grc">τοιαῦτα πάθη</foreign> — zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie <lb n="pba_448.030"/> seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) — <foreign xml:lang="grc">νοσώδη πάθη</foreign>. <lb n="pba_448.031"/> Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheits<hi rendition="#g">vorgängen</hi> gesprochen, die <lb n="pba_448.032"/> auch mit dem Ausdruck <foreign xml:lang="grc">νόσος</foreign> — Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen <foreign xml:lang="grc">πάθη</foreign>, <lb n="pba_448.033"/> wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten <lb n="pba_448.034"/> <hi rendition="#g">Erscheinungen,</hi> die <foreign xml:lang="grc">λίθοι, φύματα, δοθιῆνα</foreign>, benannt werden, heißen diese in <lb n="pba_448.035"/> allgemeiner Zusammenfassung <foreign xml:lang="grc">παθήματα</foreign>. <hi rendition="#g">Diese</hi> sind keine <hi rendition="#g">Krankheit,</hi> sondern <lb n="pba_448.036"/> werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied <lb n="pba_448.037"/> gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. — Noch führt <lb n="pba_448.038"/> S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn <lb n="pba_448.039"/> Aristoteles Poet. c. 24 (1459<hi rendition="#sup">b</hi> 11) sagt, „auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der <lb n="pba_448.040"/> Peripetien und der <foreign xml:lang="grc"><hi rendition="#g">παθημάτων</hi></foreign>“, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die <lb n="pba_448.041"/> epische <hi rendition="#g">Schilderung</hi> der <hi rendition="#g">Fälle</hi> schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite <lb n="pba_448.042"/> ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den <hi rendition="#g">Leidensvorgang <lb n="pba_448.043"/> als solchen</hi> im Sinne gehabt und generell mit <foreign xml:lang="grc">πάθος</foreign> bezeichnet. Für die <lb n="pba_448.044"/> Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig <lb n="pba_448.045"/> verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in </note> </div> </body> </text> </TEI> [448/0466]
pba_448.001
der betreffenden Stellen davon abhingen — ein Umstand, in dem die pba_448.002
hinreichende Erklärung dafür zu finden ist, daß bedeutende Forscher pba_448.003
die vorliegende Verschiedenheit des Sprachgebrauchs überhaupt haben pba_448.004
leugnen können —, ist auf dem psychologisch-ethischen Gebiet diese Unterscheidung pba_448.005
Grundlage für das richtige Verständnis.
1
1 pba_448.006
gesamten aristotelischen Sprachgebrauch! Schwere und Leichtigkeit, Wärme und Kälte pba_448.007
bezeichnen allerdings das Wesen, die wirkende Kraft des Veränderungsvorganges selbst, pba_448.008
sie können daher „Pathe“ genannt werden; nicht so aber das Gute und Schlechte, pba_448.009
die Vortrefflichkeit oder Fehlerhaftigkeit, die immer nur die Ergebnisse, die bewirkten pba_448.010
Veränderungen sind, „Pathemata“, zu deren „Bewirkung“ die denkbar verschiedensten pba_448.011
Veränderungsvorgänge, je nach dem Wesen des Dinges, thätig gewesen sein können. pba_448.012
4) Die vierte und letzte Stelle, die M. H. anführt, de part. an. III, 4, 667a 33 ff. pba_448.013
und von der S. meint, daß von H. daran „unwiderleglich gezeigt sei“, wie Aristoteles pba_448.014
zwischen den beiden Ausdrücken nicht den kleinsten Unterschied mache, spricht vollends pba_448.015
für die Ansicht des Verf. Jn der ganzen, ziemlich langen Stelle ist die Rede davon, pba_448.016
daß das Herz das wichtigste aller inneren Organe sei, das keinen bedeutenden Veränderungsvorgang pba_448.017
— χαλεπὸν πάθος — ertragen könne, ohne daß der Tod eintrete. pba_448.018
So sei bei Opfertieren auch niemals an ihm ein derartiger Veränderungsvorgang pba_448.019
erkennbar — ὦφθαι τοιοῦτον πάθος — (also niemals ein schwerer Erkrankungsprozeß), pba_448.020
wie das bei den andern inneren Teilen der Fall sei. Hier weist das τοιοῦτον π. pba_448.021
also auf das χαλεπὸν π. zurück und beidemal bedeutet es den Erkrankungsprozeß, pba_448.022
den Veränderungsvorgang. Es wird dann erzählt, daß Nieren, Lunge, Leber und pba_448.023
Milz bei der Sektion oft voll von Steinen, Auswüchsen und Blutgeschwüren gefunden pba_448.024
würden und hinzugefügt „und noch viele andere Krankheitserscheinungen pba_448.025
kommen an ihnen vor“: hier steht παθήματα. Von denselben wird weiter pba_448.026
gesagt, daß sie an Lunge und Leber, da wo sie mit dem Herzen kommunizieren, nicht pba_448.027
vorkommen. Dann heißt es zum Schluß: „Bei Tieren aber, die an einer offenbaren pba_448.028
Krankheit und derartigen (d. h. also krankhaften νοσώδη) Veränderungsvorgängen pba_448.029
— τοιαῦτα πάθη — zu Grunde gegangen sind, zeigen sich, wenn man sie pba_448.030
seziert, auch am Herzen krankhafte Prozesse (Veränderungsvorgänge) — νοσώδη πάθη. pba_448.031
Es wird also am Anfang und Schluß von Krankheitsvorgängen gesprochen, die pba_448.032
auch mit dem Ausdruck νόσος — Krankheit gleichartig verbunden werden; sie heißen πάθη, pba_448.033
wo dagegen in der Mitte ausdrücklich die durch solche Prozesse im Körper erzeugten pba_448.034
Erscheinungen, die λίθοι, φύματα, δοθιῆνα, benannt werden, heißen diese in pba_448.035
allgemeiner Zusammenfassung παθήματα. Diese sind keine Krankheit, sondern pba_448.036
werden durch einen Krankheitsprozeß hervorgebracht. Deutlicher kann der Unterschied pba_448.037
gar nicht hervortreten. H. und S. haben die Stelle nicht verstanden. — Noch führt pba_448.038
S. zwei Stellen an, auf die näher einzugehen aber nicht der Mühe wert ist, wenn pba_448.039
Aristoteles Poet. c. 24 (1459b 11) sagt, „auch das Epos bedürfe der Erkennungen, der pba_448.040
Peripetien und der παθημάτων“, ganz wie die Tragödie, so hat er hier eben die pba_448.041
epische Schilderung der Fälle schweren Leidens ins Auge gefaßt und sie von der Seite pba_448.042
ihrer Verwirklichung in der Erscheinung benannt, während er im c. 11 den Leidensvorgang pba_448.043
als solchen im Sinne gehabt und generell mit πάθος bezeichnet. Für die pba_448.044
Sache macht das gar keinen Unterschied, aber die Variation des Ausdrucks ist völlig pba_448.045
verständlich und gibt nicht den geringsten Anlaß, die Verschiedenheit der Termini in
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/466 |
Zitationshilfe: | Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/466>, abgerufen am 27.07.2024. |