Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.pba_445.001 pba_445.007 1 pba_445.028
Das Nähere über die Frage ist in des Verf.s Schrift: "Pathos und Pathema pba_445.029 im Aristot. Sprachgebrauch" (Königsberg 1873) nachzusehen, die eine Bekämpfung pba_445.030 der gleichnamigen Abhandlung von Bonitz im fünften Hefte seiner "Aristotel. Studien" pba_445.031 (Wien 1867) enthält. Die im Obigen angegebenen Unterschiede im Gebrauch pba_445.032 der beiden Ausdrücke sind von dem Verf. in der citierten Schrift als von Aristoteles pba_445.033 durchweg festgehalten nachgewiesen. Da es aber in einem Teil der einschlägigen pba_445.034 Litteratur üblich geworden ist, mit Berufung auf eine bestimmte Recension jener Schrift pba_445.035 die Resultate derselben als hinfällig zu betrachten, so kann es, bei der Wichtigkeit der pba_445.036 Frage, nicht umgangen werden, die Einwürfe dieser Recension hier in kurzem zu widerlegen. pba_445.037 Dieselben bestehen in einfachen Behauptungen ohne eingehendere Begründung pba_445.038 und richten sich seltsamerweise zum Teil gerade gegen Stellen, in denen der behauptete pba_445.039 Unterschied am schärfsten hervortritt. Die Recension erschien im Litter. Centralblatt, 30, pba_445.040 8, 1873 (S. 1091 ff.) und ist von M. Heinze unterzeichnet. Die dort angeführten pba_445.041 Stellen seien hier der Reihe nach vorgelegt: 1) "Meteor. I, 14, 352a 18, wo die pba_445.001 pba_445.007 1 pba_445.028
Das Nähere über die Frage ist in des Verf.s Schrift: „Pathos und Pathema pba_445.029 im Aristot. Sprachgebrauch“ (Königsberg 1873) nachzusehen, die eine Bekämpfung pba_445.030 der gleichnamigen Abhandlung von Bonitz im fünften Hefte seiner „Aristotel. Studien“ pba_445.031 (Wien 1867) enthält. Die im Obigen angegebenen Unterschiede im Gebrauch pba_445.032 der beiden Ausdrücke sind von dem Verf. in der citierten Schrift als von Aristoteles pba_445.033 durchweg festgehalten nachgewiesen. Da es aber in einem Teil der einschlägigen pba_445.034 Litteratur üblich geworden ist, mit Berufung auf eine bestimmte Recension jener Schrift pba_445.035 die Resultate derselben als hinfällig zu betrachten, so kann es, bei der Wichtigkeit der pba_445.036 Frage, nicht umgangen werden, die Einwürfe dieser Recension hier in kurzem zu widerlegen. pba_445.037 Dieselben bestehen in einfachen Behauptungen ohne eingehendere Begründung pba_445.038 und richten sich seltsamerweise zum Teil gerade gegen Stellen, in denen der behauptete pba_445.039 Unterschied am schärfsten hervortritt. Die Recension erschien im Litter. Centralblatt, 30, pba_445.040 8, 1873 (S. 1091 ff.) und ist von M. Heinze unterzeichnet. Die dort angeführten pba_445.041 Stellen seien hier der Reihe nach vorgelegt: 1) „Meteor. I, 14, 352a 18, wo die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0463" n="445"/><lb n="pba_445.001"/> dem Ausdruck „<hi rendition="#g">Pathos</hi>“ den Namen und Begriff eines Veränderungsvorganges <lb n="pba_445.002"/> überhaupt zu bezeichnen, mit „<hi rendition="#g">Pathema</hi>“ die demselben entsprechende, <lb n="pba_445.003"/> so oder so beschaffene Verwirklichung an dem Jndividuum. <lb n="pba_445.004"/> Er bedient sich der beiden Ausdrücke nach dieser Unterscheidung im allerweitesten <lb n="pba_445.005"/> Umfange für alle denkbaren Veränderungsvorgänge auf allen <lb n="pba_445.006"/> Gebieten.</p> <p><lb n="pba_445.007"/> Nun liegt es auf der Hand, daß der Begriff eines Veränderungs- <lb n="pba_445.008"/> <hi rendition="#g">vorganges</hi> leicht an die Stelle des Begriffes der dadurch bewirkten <lb n="pba_445.009"/> <hi rendition="#g">Veränderung</hi> treten kann: z. B. die Verpuppung des Schmetterlings, <lb n="pba_445.010"/> das Häuten der Schlange, die Veränderungen der Tiere nach den Jahreszeiten, <lb n="pba_445.011"/> das Ergrauen, das Dunkeln, das Ausfallen der Haare, das Austrocknen <lb n="pba_445.012"/> oder die Versumpfung von Gegenden, überhaupt die mannigfachsten <lb n="pba_445.013"/> Vorgänge am Himmel, auf der Erde, im Körper oder in der <lb n="pba_445.014"/> Seele können, je nach den Umständen, bald von der einen, bald von <lb n="pba_445.015"/> der andern Seite angesehen oder bezeichnet werden. Wenn das Wort <lb n="pba_445.016"/> „<hi rendition="#g">Pathema</hi>“ die <hi rendition="#g">einzelne Erscheinung</hi> eines jeden solcher Vorgänge <lb n="pba_445.017"/> bezeichnet, so ist es klar, das der <hi rendition="#g">Pluralis</hi> davon <hi rendition="#g">in manchen Fällen</hi> <lb n="pba_445.018"/> mit dem Pluralis von Pathos ohne Aenderung des Sinnes mit <hi rendition="#g">nur <lb n="pba_445.019"/> leichter Nüance</hi> der Wendung abwechseln kann, da es dann durch <lb n="pba_445.020"/> die Mehrzahl eben jene Allgemeinheit <hi rendition="#g">erhält,</hi> die dem Begriff von <lb n="pba_445.021"/> „Pathos“ eigen ist. Es würden also in manchen Fällen die Plurale <lb n="pba_445.022"/> „Pathe“ und „Pathemata“ nebeneinander vorkommen können, <hi rendition="#g">nur niemals, <lb n="pba_445.023"/> sobald es dem Autor darauf ankommt, entweder ausdrücklich <lb n="pba_445.024"/> die Veränderungsvorgänge oder ausschließlich <lb n="pba_445.025"/> deren individuelle Erscheinungen zu bezeichnen.</hi> Dagegen wird <lb n="pba_445.026"/> es unmöglich sein, den <hi rendition="#g">Singular</hi> beider Worte auch nur in annähernd <lb n="pba_445.027"/> ähnlichem Sinne miteinander alternieren zu lassen.<note xml:id="pba_445_1a" n="1" place="foot" next="#pba_445_1b"><lb n="pba_445.028"/> Das Nähere über die Frage ist in des Verf.s Schrift: „<hi rendition="#g">Pathos und Pathema <lb n="pba_445.029"/> im Aristot. Sprachgebrauch</hi>“ (Königsberg 1873) nachzusehen, die eine Bekämpfung <lb n="pba_445.030"/> der gleichnamigen Abhandlung von <hi rendition="#g">Bonitz</hi> im fünften Hefte seiner „<hi rendition="#g">Aristotel. 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dem Ausdruck „Pathos“ den Namen und Begriff eines Veränderungsvorganges pba_445.002
überhaupt zu bezeichnen, mit „Pathema“ die demselben entsprechende, pba_445.003
so oder so beschaffene Verwirklichung an dem Jndividuum. pba_445.004
Er bedient sich der beiden Ausdrücke nach dieser Unterscheidung im allerweitesten pba_445.005
Umfange für alle denkbaren Veränderungsvorgänge auf allen pba_445.006
Gebieten.
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Nun liegt es auf der Hand, daß der Begriff eines Veränderungs- pba_445.008
vorganges leicht an die Stelle des Begriffes der dadurch bewirkten pba_445.009
Veränderung treten kann: z. B. die Verpuppung des Schmetterlings, pba_445.010
das Häuten der Schlange, die Veränderungen der Tiere nach den Jahreszeiten, pba_445.011
das Ergrauen, das Dunkeln, das Ausfallen der Haare, das Austrocknen pba_445.012
oder die Versumpfung von Gegenden, überhaupt die mannigfachsten pba_445.013
Vorgänge am Himmel, auf der Erde, im Körper oder in der pba_445.014
Seele können, je nach den Umständen, bald von der einen, bald von pba_445.015
der andern Seite angesehen oder bezeichnet werden. Wenn das Wort pba_445.016
„Pathema“ die einzelne Erscheinung eines jeden solcher Vorgänge pba_445.017
bezeichnet, so ist es klar, das der Pluralis davon in manchen Fällen pba_445.018
mit dem Pluralis von Pathos ohne Aenderung des Sinnes mit nur pba_445.019
leichter Nüance der Wendung abwechseln kann, da es dann durch pba_445.020
die Mehrzahl eben jene Allgemeinheit erhält, die dem Begriff von pba_445.021
„Pathos“ eigen ist. Es würden also in manchen Fällen die Plurale pba_445.022
„Pathe“ und „Pathemata“ nebeneinander vorkommen können, nur niemals, pba_445.023
sobald es dem Autor darauf ankommt, entweder ausdrücklich pba_445.024
die Veränderungsvorgänge oder ausschließlich pba_445.025
deren individuelle Erscheinungen zu bezeichnen. Dagegen wird pba_445.026
es unmöglich sein, den Singular beider Worte auch nur in annähernd pba_445.027
ähnlichem Sinne miteinander alternieren zu lassen. 1
1 pba_445.028
Das Nähere über die Frage ist in des Verf.s Schrift: „Pathos und Pathema pba_445.029
im Aristot. Sprachgebrauch“ (Königsberg 1873) nachzusehen, die eine Bekämpfung pba_445.030
der gleichnamigen Abhandlung von Bonitz im fünften Hefte seiner „Aristotel. Studien“ pba_445.031
(Wien 1867) enthält. Die im Obigen angegebenen Unterschiede im Gebrauch pba_445.032
der beiden Ausdrücke sind von dem Verf. in der citierten Schrift als von Aristoteles pba_445.033
durchweg festgehalten nachgewiesen. Da es aber in einem Teil der einschlägigen pba_445.034
Litteratur üblich geworden ist, mit Berufung auf eine bestimmte Recension jener Schrift pba_445.035
die Resultate derselben als hinfällig zu betrachten, so kann es, bei der Wichtigkeit der pba_445.036
Frage, nicht umgangen werden, die Einwürfe dieser Recension hier in kurzem zu widerlegen. pba_445.037
Dieselben bestehen in einfachen Behauptungen ohne eingehendere Begründung pba_445.038
und richten sich seltsamerweise zum Teil gerade gegen Stellen, in denen der behauptete pba_445.039
Unterschied am schärfsten hervortritt. Die Recension erschien im Litter. Centralblatt, 30, pba_445.040
8, 1873 (S. 1091 ff.) und ist von M. Heinze unterzeichnet. Die dort angeführten pba_445.041
Stellen seien hier der Reihe nach vorgelegt: 1) „Meteor. I, 14, 352a 18, wo die
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