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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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damit zu dienen. Jst nun die entschieden satirische Tendenz, so gut pba_320.002
wie die lehrhafte Absicht, an sich dem reinen Charakter der poetischen Erzählung, pba_320.003
auch der komischen, widersprechend, so werden andererseits die pba_320.004
Mittel des niedrig Parodischen, Trivialen, Vulgären durch satirische pba_320.005
Verwendung selbst bei der an sich besten Absicht noch keineswegs etwas pba_320.006
Anderes als sie an sich sind, noch keineswegs der poetischen Verwendung pba_320.007
fähig; als ein abschreckendes Beispiel der Art wäre Schillers Jugendgedicht pba_320.008
"Der Venuswagen" zu nennen, welches, wie noch andere Gedichte pba_320.009
in Schillers "Anthologie", deutliche Spuren einer ziemlich starken pba_320.010
Beeinflussung durch Bürgersche Ausdrucks- und Darstellungsweise zeigt: pba_320.011
vielleicht ein Grund mehr dafür, daß Schiller zehn Jahre später sich mit pba_320.012
um so entschiedenerer Verurteilung gegen Fehler wandte, die er einst pba_320.013
selbst bis zu einem gewissen Grade mitzumachen sich hatte verleiten lassen.

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Es wird ferner nicht leicht sein, sich immer der Grenzlinie genau pba_320.015
bewußt zu sein, welche das Gebiet, wo die poetische Erzählung einer pba_320.016
komischen Handlung als solcher der Zweck ist, von demjenigen scheidet, pba_320.017
wo sie als Mittel der Satire oder didaktischer, moralischer oder verwandter pba_320.018
Tendenzen geradezu oder in allegorischer, symbolischer, parabolischer pba_320.019
Weise angewendet ist. So hat sie Berührungen mit dem pba_320.020
Gleichnis, der Parabel, und, sofern man die Fabel als eine lehrhafte pba_320.021
Dichtung zu behandeln gewohnt war, auch mit dieser, endlich mit pba_320.022
dem ganzen Gebiet der satirischen Dichtung. Goethe hat der "Legende" pba_320.023
vom Hufeisen zwar auch, in der Manier Hans Sachsens, eine Nutzanwendung pba_320.024
beigegeben, aber es wird Niemanden zweifelhaft sein, daß pba_320.025
darin das epische Element in höherem Grade vorwaltet, die Handlung pba_320.026
mehr um ihrer selbst willen erzählt ist, als in Gedichten wie "Dilettant pba_320.027
und Kritiker", "Der Meister einer ländlichen Schule", "Kenner und pba_320.028
Enthusiast" und verwandten, wo zwar auch Handlungen erzählt werden, pba_320.029
aber doch so, daß sie parabolisch als Mittel zur Jdeendarstellung verwandt pba_320.030
sind.

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Jn allen Zeiten und Litteraturen ist die wahrhaft wohl gelungene, pba_320.032
das heißt also rein epische "poetische Erzählung" eine sehr seltene Erscheinung; pba_320.033
bei den deutschen Dichtern des sechzehnten Jahrhunderts ist pba_320.034
sie, abgesehen von den besten Dichtungen des Hans Sachs, nicht vertreten. pba_320.035
Fischart besaß die Gabe der Erzählung in hohem Grade, allein pba_320.036
sie kommt nur gelegentlich und vorübergehend bei ihm zur Geltung; pba_320.037
herrschend ist in seinen Kompositionen die Satire, welche Anlage so wie pba_320.038
Durchführung bestimmt, und leicht gesellt sich ihr die Lehrhaftigkeit hinzu. pba_320.039
Sinn und Verständnis für die künstlerische Form als solche fehlen ihm pba_320.040
ebenso wie die unmittelbare Hingabe an das reine Jnteresse der zu

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damit zu dienen. Jst nun die entschieden satirische Tendenz, so gut pba_320.002
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vielleicht ein Grund mehr dafür, daß Schiller zehn Jahre später sich mit pba_320.012
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selbst bis zu einem gewissen Grade mitzumachen sich hatte verleiten lassen.

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Es wird ferner nicht leicht sein, sich immer der Grenzlinie genau pba_320.015
bewußt zu sein, welche das Gebiet, wo die poetische Erzählung einer pba_320.016
komischen Handlung als solcher der Zweck ist, von demjenigen scheidet, pba_320.017
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Tendenzen geradezu oder in allegorischer, symbolischer, parabolischer pba_320.019
Weise angewendet ist. So hat sie Berührungen mit dem pba_320.020
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Dichtung zu behandeln gewohnt war, auch mit dieser, endlich mit pba_320.022
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/338>, abgerufen am 25.11.2024.