pba_198.001 Schillers "Das verschleierte Bild zu Sais", "Das Eleusische Fest", "Der pba_198.002 Pilgrim", "Die Klage der Ceres"; sie alle enthalten durchgeführte pba_198.003 Symbolik, während die gelegentliche Verwendung des symbolischen Elementes pba_198.004 bei beiden, wie bei allen echten Dichtern, überall in ihrer Poesie pba_198.005 eine große Rolle spielt. Die gesamte Anakreontik zum Beispiel, ebenso pba_198.006 wie alle Reflexionspoesie bedient sich der Symbolik, wie auch des Elementes pba_198.007 der poetischen Allegorie mit Vorliebe.
pba_198.008 Naturgemäß findet die Symbolik ebenso wie in der Lyrik, so auch pba_198.009 in den größern Dichtungsgattungen Eingang, wiewohl hier nur episodisch pba_198.010 und nur da, wo die Fülle oder der Umfang der darzustellenden pba_198.011 Jdeen zu groß ist, um direkte Verkörperung erfahren zu können, was pba_198.012 keineswegs nur ein der modernen Poesie eigentümlicher Fall ist. Jm pba_198.013 Epos hat das Altertum zwar nichts aufzuweisen, was an Dante und pba_198.014 Milton erinnern könnte, doch sind die Elemente, aus denen sich sowohl pba_198.015 das griechische als das nordisch-germanische Epos aufgebaut hat, pba_198.016 die Mythen beider Völker, erfüllt von symbolischen Zügen. Das antike pba_198.017 Drama aber beruht in einer seiner großartigsten Schöpfungen zum pba_198.018 wesentlichen Teile auf Symbolik: ein Blick auf des Aristophanespba_198.019 "Vögel", "Wolken", "Wespen" genügt, um die Überzeugung zu gewinnen, pba_198.020 daß die politische Komödie, wenn sie sich nicht auf Kleinlichkeiten pba_198.021 einschränken soll, sondern die Dinge in großem Stil behandeln pba_198.022 will, bei der Ausdehnung und Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden pba_198.023 Verhältnisse der Symbolik fast nicht entbehren kann, welche die bunte pba_198.024 Masse der Erscheinungen auf ihre Jdeen zurückführt und diese durch pba_198.025 Körper und Dinge vertreten sein läßt, zwischen denen nun die dramatische pba_198.026 Handlung vorgeht, frei nach den dramatischen Gesetzen sich entwickelnd, pba_198.027 überall dennoch den ideellen Zusammenhang kennzeichnend.
pba_198.028 Mit höchster Genialität hat Goethe im Faust die Symbolik seinem pba_198.029 Zwecke unterthan gemacht, teils mit der wunderbarsten Kunst sie in die pba_198.030 reale Handlung verwebend -- so in der Scene mit dem Erdgeiste, in pba_198.031 der Einführung der Figur des Mephistopheles, die dann, einmal gewonnen, pba_198.032 als wirkliche Person in die weitere Handlung hineinwirkt; ebenso pba_198.033 im zweiten Teile in der Beschwörung der Helena und der Erzeugung pba_198.034 des Homunculus --, teils, indem er für ganze, in sich abgeschlossene pba_198.035 Scenen zur reinen Symbolik griff, freilich gerade sie mit der reichsten pba_198.036 Fülle plastischer Gestaltungskraft und allem Zauberschmuck der Phantasie pba_198.037 ausstattend: solche Scenen sind die Hexenscene und die romantische pba_198.038 Walpurgisnacht im ersten Teile, im zweiten die "Helena", die klassische pba_198.039 Walpurgisnacht und der ganze Schluß. Wie hätte, um nur bei einem pba_198.040 Beispiele zu verweilen, die Umformung des dem thätigen und genießen-
pba_198.001 Schillers „Das verschleierte Bild zu Sais“, „Das Eleusische Fest“, „Der pba_198.002 Pilgrim“, „Die Klage der Ceres“; sie alle enthalten durchgeführte pba_198.003 Symbolik, während die gelegentliche Verwendung des symbolischen Elementes pba_198.004 bei beiden, wie bei allen echten Dichtern, überall in ihrer Poesie pba_198.005 eine große Rolle spielt. Die gesamte Anakreontik zum Beispiel, ebenso pba_198.006 wie alle Reflexionspoesie bedient sich der Symbolik, wie auch des Elementes pba_198.007 der poetischen Allegorie mit Vorliebe.
pba_198.008 Naturgemäß findet die Symbolik ebenso wie in der Lyrik, so auch pba_198.009 in den größern Dichtungsgattungen Eingang, wiewohl hier nur episodisch pba_198.010 und nur da, wo die Fülle oder der Umfang der darzustellenden pba_198.011 Jdeen zu groß ist, um direkte Verkörperung erfahren zu können, was pba_198.012 keineswegs nur ein der modernen Poesie eigentümlicher Fall ist. Jm pba_198.013 Epos hat das Altertum zwar nichts aufzuweisen, was an Dante und pba_198.014 Milton erinnern könnte, doch sind die Elemente, aus denen sich sowohl pba_198.015 das griechische als das nordisch-germanische Epos aufgebaut hat, pba_198.016 die Mythen beider Völker, erfüllt von symbolischen Zügen. Das antike pba_198.017 Drama aber beruht in einer seiner großartigsten Schöpfungen zum pba_198.018 wesentlichen Teile auf Symbolik: ein Blick auf des Aristophanespba_198.019 „Vögel“, „Wolken“, „Wespen“ genügt, um die Überzeugung zu gewinnen, pba_198.020 daß die politische Komödie, wenn sie sich nicht auf Kleinlichkeiten pba_198.021 einschränken soll, sondern die Dinge in großem Stil behandeln pba_198.022 will, bei der Ausdehnung und Mannigfaltigkeit der in Betracht kommenden pba_198.023 Verhältnisse der Symbolik fast nicht entbehren kann, welche die bunte pba_198.024 Masse der Erscheinungen auf ihre Jdeen zurückführt und diese durch pba_198.025 Körper und Dinge vertreten sein läßt, zwischen denen nun die dramatische pba_198.026 Handlung vorgeht, frei nach den dramatischen Gesetzen sich entwickelnd, pba_198.027 überall dennoch den ideellen Zusammenhang kennzeichnend.
pba_198.028 Mit höchster Genialität hat Goethe im Faust die Symbolik seinem pba_198.029 Zwecke unterthan gemacht, teils mit der wunderbarsten Kunst sie in die pba_198.030 reale Handlung verwebend — so in der Scene mit dem Erdgeiste, in pba_198.031 der Einführung der Figur des Mephistopheles, die dann, einmal gewonnen, pba_198.032 als wirkliche Person in die weitere Handlung hineinwirkt; ebenso pba_198.033 im zweiten Teile in der Beschwörung der Helena und der Erzeugung pba_198.034 des Homunculus —, teils, indem er für ganze, in sich abgeschlossene pba_198.035 Scenen zur reinen Symbolik griff, freilich gerade sie mit der reichsten pba_198.036 Fülle plastischer Gestaltungskraft und allem Zauberschmuck der Phantasie pba_198.037 ausstattend: solche Scenen sind die Hexenscene und die romantische pba_198.038 Walpurgisnacht im ersten Teile, im zweiten die „Helena“, die klassische pba_198.039 Walpurgisnacht und der ganze Schluß. Wie hätte, um nur bei einem pba_198.040 Beispiele zu verweilen, die Umformung des dem thätigen und genießen-
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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