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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Vor den Kaiser. Gelang's? Jch zweifle. Der Teufel an Höfen pba_121.002
Waren mehrere, fein wie der apulische Sand. pba_121.003
Lehren bessertest du, nicht Sitten. Sitten zu bessern, pba_121.004
War der selber zu schwach, der auch die Teufel besiegt.

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Der Gedanke des Aufschlusses ist schief; aber wenn er auch richtiger pba_121.006
wäre, er enthält lediglich verstandesmäßige Kritik, nichts von Ethos und pba_121.007
ist gänzlich unpoetisch.

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Herder ist im Epigramm als Dichter entschieden unglücklich gewesen, pba_121.009
und auch als Kritiker ist es ihm nicht viel besser ergangen. Jn seinen pba_121.010
"Anmerkungen über die Anthologie der Griechen" versucht pba_121.011
er es Lessing zu bekämpfen, und es finden sich darin Stellen, welche pba_121.012
die Erwartung erregen, er werde gerade an dem Punkte die verbessernde pba_121.013
Hand anlegen, wo Lessing eine Lücke gelassen hatte. So wenn es im pba_121.014
ersten Abschnitt heißt: "Die Seele des griechischen Epigramms ist Mitempfindung," pba_121.015
und wenn dieser Gedanke, zwar nicht logisch ausgeführt, pba_121.016
aber wortreich umschrieben wird. Aber gleich darauf folgen Aussprüche, pba_121.017
die von dem Verständnis des Epigramms weit abliegen: "Wie pba_121.018
leicht und bald kann eine Geschichte oder Fabel, die die Runde und pba_121.019
Kürze des Epigramms hat, auch der Gestalt nach ein solches werden! pba_121.020
Man darf die Geschichte nur etwa als Jnschrift auf den Ort der Begebenheit pba_121.021
beziehen und in ihr eine allgemeine Lehre anschaulich pba_121.022
machen,
so ist die Fabel Epigramm und das Epigramm eine pba_121.023
Fabel.
" Darin liegt der doppelte, schwere Jrrtum, daß die Grenzen pba_121.024
zweier grundverschiedener Dichtungsarten verwirrt werden und pba_121.025
beiden fälschlich ein lehrhafter Jnhalt zugeschrieben ist. Derselbe Fehler pba_121.026
und dazu große Undeutlichkeit der Fassung ist in der am Schlusse von II, pba_121.027
1 gegebenen, vorläufigen Definition der "Aufschrift" vorhanden: "Als pba_121.028
Aufschrift betrachtet wird also das Epigramm nichts als die poetische pba_121.029
Exposition
eines gegenwärtigen oder als gegenwärtig gedachten Gegenstandes pba_121.030
zu irgend einem genommenen Ziel der Lehre oder pba_121.031
der Empfindung.
"

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Mit diesem Satze, daß das Epigramm in seiner Urgestalt, und pba_121.033
also in seinem Wesen (vgl II, 4) "einfach darstellender Gattung" pba_121.034
sei, "nur Exposition des Gegenstandes, der durch sich selbst pba_121.035
belehre oder rühre,
" meint Herder an der entscheidenden Stelle pba_121.036
Lessings Lehre von der Zweiteiligkeit des Epigramms, das immer aus pba_121.037
Erwartung und Aufschluß sich zusammensetzen müsse, siegreich bestritten pba_121.038
zu haben. Seine ganze Lehre vom Epigramm und die -- übrigens sehr pba_121.039
vage -- Einteilung desselben wurzelt in dieser Theorie. Vier seiner pba_121.040
sieben Arten des Epigramms gehören der so von ihm definierten

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Vor den Kaiser. Gelang's? Jch zweifle. Der Teufel an Höfen pba_121.002
Waren mehrere, fein wie der apulische Sand. pba_121.003
Lehren bessertest du, nicht Sitten. Sitten zu bessern, pba_121.004
War der selber zu schwach, der auch die Teufel besiegt.

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Der Gedanke des Aufschlusses ist schief; aber wenn er auch richtiger pba_121.006
wäre, er enthält lediglich verstandesmäßige Kritik, nichts von Ethos und pba_121.007
ist gänzlich unpoetisch.

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Herder ist im Epigramm als Dichter entschieden unglücklich gewesen, pba_121.009
und auch als Kritiker ist es ihm nicht viel besser ergangen. Jn seinen pba_121.010
Anmerkungen über die Anthologie der Griechen“ versucht pba_121.011
er es Lessing zu bekämpfen, und es finden sich darin Stellen, welche pba_121.012
die Erwartung erregen, er werde gerade an dem Punkte die verbessernde pba_121.013
Hand anlegen, wo Lessing eine Lücke gelassen hatte. So wenn es im pba_121.014
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und wenn dieser Gedanke, zwar nicht logisch ausgeführt, pba_121.016
aber wortreich umschrieben wird. Aber gleich darauf folgen Aussprüche, pba_121.017
die von dem Verständnis des Epigramms weit abliegen: „Wie pba_121.018
leicht und bald kann eine Geschichte oder Fabel, die die Runde und pba_121.019
Kürze des Epigramms hat, auch der Gestalt nach ein solches werden! pba_121.020
Man darf die Geschichte nur etwa als Jnschrift auf den Ort der Begebenheit pba_121.021
beziehen und in ihr eine allgemeine Lehre anschaulich pba_121.022
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Aufschrift betrachtet wird also das Epigramm nichts als die poetische pba_121.029
Exposition
eines gegenwärtigen oder als gegenwärtig gedachten Gegenstandes pba_121.030
zu irgend einem genommenen Ziel der Lehre oder pba_121.031
der Empfindung.

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Mit diesem Satze, daß das Epigramm in seiner Urgestalt, und pba_121.033
also in seinem Wesen (vgl II, 4) „einfach darstellender Gattung“ pba_121.034
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/139>, abgerufen am 23.11.2024.