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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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Reflexionen über seine eigene Lage und Verhältnisse entsprungen ist; viele pba_102.002
auch unter den bedeutenderen Dichtern sind hierbei stehen geblieben, es pba_102.003
seien nur die hervorragendsten genannt: Byron und Heine. Das pba_102.004
Zeichen einer wahrhaft großen Dichtung aber ist es, daß das Ethos, pba_102.005
welches die Jndividualität des Dichters bezeichnet, zugleich der höchsten pba_102.006
Vorstellung der menschlichen Gattung entspreche und so durch seine pba_102.007
typische Geltung zugleich die Allgemeinheit und die erhebende und pba_102.008
läuternde Kraft seiner Wirkung empfange.



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VIII.

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Dehnt man die auf die gnomische Dichtung angewandte Betrachtungsweise pba_102.011
auf die satirisch-humoristische Poesie aus, so ergibt pba_102.012
sich, so unerwartet das sein mag, daß die Gesetze, unter denen sie steht, pba_102.013
der Gattung nach dieselben sind wie bei jener, und daß zwischen beiden pba_102.014
nur Art-Unterschiede stattfinden. Die satirisch-humoristische Poesie pba_102.015
erweist sich daher als eine Abzweigung der gnomischen.

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Noch augenfälliger wie bei der gnomischen Dichtung tritt hier die pba_102.017
Mannigfaltigkeit der Darstellungsmittel hervor, welche zwischen dem pba_102.018
lyrischen und epischen Charakter zu schwanken und daher eine bestimmte pba_102.019
Klassifikation dieser Gattung zu erschweren scheinen. Denn wie jene pba_102.020
kann die satirisch-humoristische Dichtung bald schlechthin reflektierend sich pba_102.021
verhalten, bald eine Reihe sachlich unzusammenhängender, nur durch den pba_102.022
Faden der Betrachtung vereinigter, Bilder und Vorgänge verwenden, pba_102.023
bald sich der Darstellung einer einzigen und einheitlichen Handlung bedienen; pba_102.024
ganz wie jene ist sie der dramatischen Lebendigkeit fähig und pba_102.025
bedarf ebenso wie sie unter Umständen mit Notwendigkeit der allegorischen pba_102.026
Verkleidung.

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Jn den Mustern der Gattung, den Horazischen Satiren, sind pba_102.028
diese Darstellungsweisen sämtlich verwendet; als Beispiele dienen ferner pba_102.029
Dichtungen wie Schillers "Jeremiade", "Shakespeares Schatten", pba_102.030
"Teilung der Erde", "Pegasus im Joche", oder "Goethes Episteln" pba_102.031
und der größte Teil der unter der Ueberschrift "Parabolisch" pba_102.032
vereinigten Gedichte; es sei auch auf Schillers satirische Jugendgedichte pba_102.033
hingewiesen und auf Bürgers Versuche auf diesem Felde, pba_102.034
z. B. das Gedicht vom "Vogel Urselbst".

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Die beiden Hauptpunkte, in denen die generelle Aehnlichkeit der pba_102.036
satirisch-humoristischen Dichtung mit der gnomischen stattfindet, sind diese: pba_102.037
daß in jener wie in dieser der Gegenstand der Nachahmung die Hervor-

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Reflexionen über seine eigene Lage und Verhältnisse entsprungen ist; viele pba_102.002
auch unter den bedeutenderen Dichtern sind hierbei stehen geblieben, es pba_102.003
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läuternde Kraft seiner Wirkung empfange.



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VIII.

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Dehnt man die auf die gnomische Dichtung angewandte Betrachtungsweise pba_102.011
auf die satirisch-humoristische Poesie aus, so ergibt pba_102.012
sich, so unerwartet das sein mag, daß die Gesetze, unter denen sie steht, pba_102.013
der Gattung nach dieselben sind wie bei jener, und daß zwischen beiden pba_102.014
nur Art-Unterschiede stattfinden. Die satirisch-humoristische Poesie pba_102.015
erweist sich daher als eine Abzweigung der gnomischen.

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Noch augenfälliger wie bei der gnomischen Dichtung tritt hier die pba_102.017
Mannigfaltigkeit der Darstellungsmittel hervor, welche zwischen dem pba_102.018
lyrischen und epischen Charakter zu schwanken und daher eine bestimmte pba_102.019
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Faden der Betrachtung vereinigter, Bilder und Vorgänge verwenden, pba_102.023
bald sich der Darstellung einer einzigen und einheitlichen Handlung bedienen; pba_102.024
ganz wie jene ist sie der dramatischen Lebendigkeit fähig und pba_102.025
bedarf ebenso wie sie unter Umständen mit Notwendigkeit der allegorischen pba_102.026
Verkleidung.

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Jn den Mustern der Gattung, den Horazischen Satiren, sind pba_102.028
diese Darstellungsweisen sämtlich verwendet; als Beispiele dienen ferner pba_102.029
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hingewiesen und auf Bürgers Versuche auf diesem Felde, pba_102.034
z. B. das Gedicht vom „Vogel Urselbst“.

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Die beiden Hauptpunkte, in denen die generelle Aehnlichkeit der pba_102.036
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/120>, abgerufen am 24.11.2024.