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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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vvm Zanck.
Zanck/ da ihrer zwey oder mehr/ in ihren eigenen Sachen sich mit einander/
zwischen sich allein zweyen/ und ihres eigenen Gewinns und Nutzens wegen/
mit einander wörtlen und zancken. Dergleichen Zanck beschreibet allhier
S. Lucas nach allen Umständen/ zeiget anfänglich an/ wo und wann das ge-1. Wo und
wann?

schehen/ da er spricht: Es erhub sich auch ein Zanck/ nemlich/ wie auß
den vorher-gehenden Worten zu vernehmen/ ist es geschehen zu Jerusalem in
dem gepflasterten Saal/ an dem heiligen Grünen-Donnerstag zu Nacht/ da
der HErr JEsus das Oster-Lamm celebriret/ den Jüngern die Füsse gewa-
schen/ das H. Abendmal eingesetzet/ und jetzo bald an den Oelberg an sein Lei-
den gehen wollen. Darnach benamset Lucas die Personen/ und saget: Es2. Wer?
erhub sich auch ein Zanck/ unter Jhnen/ das ist/ unter den Jüngern
und Aposteln deß HErrn/ die er von der Welt erwählet/ bißher in die vierdt-
halb Jahr in seiner Hauß-Schulen auferzogen/ und allererst bey dem Fuß-
Waschen zur Brüderlichen Liebe vermahnet hatte. Und Drittens/ so mel-3. Was?
det auch der Evangelist/ was dann die Jünger gethan haben/ nemlich/ sie
haben gezancket: Es erhub sich ein Zanck unter ihnen/ und wie das
Griechische Wörtlein philoneikia, mit sich bringet/ seyn sie auß bitterer Zanck-
Sucht/ mit entrüstetem Gemüt/ harten Worten/ und hefftigem Geschrey
hinter einander kommen/ da ein jeder auf seinem Kopff bleiben/ und keiner dem
andern nichts nachgeben wollen. Warum aber zancken sich diese H. Män-4 Warum?
ner? Was ist der Streit zwischen ihnen? S. Lucas saget Vierdtens:
Welcher unter ihnen solte für den Grösten gehalten werden? Zu-
vor ist die Frage bey ihnen über Tisch herum gegangen/ welcher unter ihnen
ihren HErrn und Meister werde verrathen/ jetzt kommt eine andere Frage/
weil der HErr von der Verrätherey/ und Ubergebung deß Menschen Sohnes
geredet/ auch bereits einen Valet-Trunck zu guter Letze unter ihnen lassen her-
um gehen/ sie aber ihre Gedancken noch immer auf ein Weltliches Reich rich-
teten/ so befragen sie sich/ wann der HErr jetzo soll von ihnen genommen wer-
den/ wer dann unter ihnen werde der Fürnehmste seyn/ der den Vorzug habe/
und dem die andern alle nachgehen und zu Gebott stehen müssen/ welche Frage
sie aber nicht in freundlicher Verträuligkeit abhandlen/ wie die vorige/ da sie
einander gewuncken/ und einer nach dem andern den HErrn selber gefraget:
HErr bin ichs? Sondern sie selbst zancken mit einander darüber/ ein jeder
wäre gern selber der Gröste und Fürnehmste gewesen/ und wird (ausser
allem Zweiffel/) ein jeder seine Ursachen fürgewendet haben/ die andern dar-
mit zu hintertreiben und zu überschreien/ Petrus und Andreas werden ihr Al-
ter fürgeschützet haben/ und daß sie am ersten zum Apostel-Amt beruffen wor-
den. Johannes und Jacobus werden sich der Bluts-Freundschafft deß
HErrn Christi gerühmet haben. Bartholomaeus wird sich seines Adelichen
Standes und Königlichen Stammens erhebet haben/ dem/ vor den gewese-

nen

vvm Zanck.
Zanck/ da ihrer zwey oder mehr/ in ihren eigenen Sachen ſich mit einander/
zwiſchen ſich allein zweyen/ und ihres eigenen Gewinns und Nutzens wegen/
mit einander woͤrtlen und zancken. Dergleichen Zanck beſchreibet allhier
S. Lucas nach allen Umſtaͤnden/ zeiget anfaͤnglich an/ wo und wann das ge-1. Wo und
wann?

ſchehen/ da er ſpricht: Es erhub ſich auch ein Zanck/ nemlich/ wie auß
den vorher-gehenden Worten zu vernehmen/ iſt es geſchehen zu Jeruſalem in
dem gepflaſterten Saal/ an dem heiligen Gruͤnen-Donnerſtag zu Nacht/ da
der HErꝛ JEſus das Oſter-Lamm celebriret/ den Juͤngern die Fuͤſſe gewa-
ſchen/ das H. Abendmal eingeſetzet/ und jetzo bald an den Oelberg an ſein Lei-
den gehen wollen. Darnach benamſet Lucas die Perſonen/ und ſaget: Es2. Wer?
erhub ſich auch ein Zanck/ unter Jhnen/ das iſt/ unter den Juͤngern
und Apoſteln deß HErꝛn/ die er von der Welt erwaͤhlet/ bißher in die vierdt-
halb Jahr in ſeiner Hauß-Schulen auferzogen/ und allererſt bey dem Fuß-
Waſchen zur Bruͤderlichen Liebe vermahnet hatte. Und Drittens/ ſo mel-3. Was?
det auch der Evangeliſt/ was dann die Juͤnger gethan haben/ nemlich/ ſie
haben gezancket: Es erhub ſich ein Zanck unter ihnen/ und wie das
Griechiſche Woͤrtlein φιλονειϰία, mit ſich bringet/ ſeyn ſie auß bitterer Zanck-
Sucht/ mit entruͤſtetem Gemuͤt/ harten Worten/ und hefftigem Geſchrey
hinter einander kommen/ da ein jeder auf ſeinem Kopff bleiben/ und keiner dem
andern nichts nachgeben wollen. Warum aber zancken ſich dieſe H. Maͤn-4 Warum?
ner? Was iſt der Streit zwiſchen ihnen? S. Lucas ſaget Vierdtens:
Welcher unter ihnen ſolte fuͤr den Groͤſten gehalten werden? Zu-
vor iſt die Frage bey ihnen uͤber Tiſch herum gegangen/ welcher unter ihnen
ihren HErꝛn und Meiſter werde verrathen/ jetzt kommt eine andere Frage/
weil der HErꝛ von der Verraͤtherey/ und Ubergebung deß Menſchen Sohnes
geredet/ auch bereits einen Valet-Trunck zu guter Letze unter ihnen laſſen her-
um gehen/ ſie aber ihre Gedancken noch immer auf ein Weltliches Reich rich-
teten/ ſo befragen ſie ſich/ wann der HErꝛ jetzo ſoll von ihnen genommen wer-
den/ wer dann unter ihnen werde der Fuͤrnehmſte ſeyn/ der den Vorzug habe/
und dem die andern alle nachgehen und zu Gebott ſtehen muͤſſen/ welche Frage
ſie aber nicht in freundlicher Vertraͤuligkeit abhandlen/ wie die vorige/ da ſie
einander gewuncken/ und einer nach dem andern den HErꝛn ſelber gefraget:
HErꝛ bin ichs? Sondern ſie ſelbſt zancken mit einander daruͤber/ ein jeder
waͤre gern ſelber der Groͤſte und Fuͤrnehmſte geweſen/ und wird (auſſer
allem Zweiffel/) ein jeder ſeine Urſachen fuͤrgewendet haben/ die andern dar-
mit zu hintertreiben und zu uͤberſchreien/ Petrus und Andreas werden ihr Al-
ter fuͤrgeſchuͤtzet haben/ und daß ſie am erſten zum Apoſtel-Amt beruffen wor-
den. Johannes und Jacobus werden ſich der Bluts-Freundſchafft deß
HErꝛn Chriſti geruͤhmet haben. Bartholomæus wird ſich ſeines Adelichen
Standes und Koͤniglichen Stammens erhebet haben/ dem/ vor den geweſe-

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[855/0925] vvm Zanck. Zanck/ da ihrer zwey oder mehr/ in ihren eigenen Sachen ſich mit einander/ zwiſchen ſich allein zweyen/ und ihres eigenen Gewinns und Nutzens wegen/ mit einander woͤrtlen und zancken. Dergleichen Zanck beſchreibet allhier S. Lucas nach allen Umſtaͤnden/ zeiget anfaͤnglich an/ wo und wann das ge- ſchehen/ da er ſpricht: Es erhub ſich auch ein Zanck/ nemlich/ wie auß den vorher-gehenden Worten zu vernehmen/ iſt es geſchehen zu Jeruſalem in dem gepflaſterten Saal/ an dem heiligen Gruͤnen-Donnerſtag zu Nacht/ da der HErꝛ JEſus das Oſter-Lamm celebriret/ den Juͤngern die Fuͤſſe gewa- ſchen/ das H. Abendmal eingeſetzet/ und jetzo bald an den Oelberg an ſein Lei- den gehen wollen. Darnach benamſet Lucas die Perſonen/ und ſaget: Es erhub ſich auch ein Zanck/ unter Jhnen/ das iſt/ unter den Juͤngern und Apoſteln deß HErꝛn/ die er von der Welt erwaͤhlet/ bißher in die vierdt- halb Jahr in ſeiner Hauß-Schulen auferzogen/ und allererſt bey dem Fuß- Waſchen zur Bruͤderlichen Liebe vermahnet hatte. Und Drittens/ ſo mel- det auch der Evangeliſt/ was dann die Juͤnger gethan haben/ nemlich/ ſie haben gezancket: Es erhub ſich ein Zanck unter ihnen/ und wie das Griechiſche Woͤrtlein φιλονειϰία, mit ſich bringet/ ſeyn ſie auß bitterer Zanck- Sucht/ mit entruͤſtetem Gemuͤt/ harten Worten/ und hefftigem Geſchrey hinter einander kommen/ da ein jeder auf ſeinem Kopff bleiben/ und keiner dem andern nichts nachgeben wollen. Warum aber zancken ſich dieſe H. Maͤn- ner? Was iſt der Streit zwiſchen ihnen? S. Lucas ſaget Vierdtens: Welcher unter ihnen ſolte fuͤr den Groͤſten gehalten werden? Zu- vor iſt die Frage bey ihnen uͤber Tiſch herum gegangen/ welcher unter ihnen ihren HErꝛn und Meiſter werde verrathen/ jetzt kommt eine andere Frage/ weil der HErꝛ von der Verraͤtherey/ und Ubergebung deß Menſchen Sohnes geredet/ auch bereits einen Valet-Trunck zu guter Letze unter ihnen laſſen her- um gehen/ ſie aber ihre Gedancken noch immer auf ein Weltliches Reich rich- teten/ ſo befragen ſie ſich/ wann der HErꝛ jetzo ſoll von ihnen genommen wer- den/ wer dann unter ihnen werde der Fuͤrnehmſte ſeyn/ der den Vorzug habe/ und dem die andern alle nachgehen und zu Gebott ſtehen muͤſſen/ welche Frage ſie aber nicht in freundlicher Vertraͤuligkeit abhandlen/ wie die vorige/ da ſie einander gewuncken/ und einer nach dem andern den HErꝛn ſelber gefraget: HErꝛ bin ichs? Sondern ſie ſelbſt zancken mit einander daruͤber/ ein jeder waͤre gern ſelber der Groͤſte und Fuͤrnehmſte geweſen/ und wird (auſſer allem Zweiffel/) ein jeder ſeine Urſachen fuͤrgewendet haben/ die andern dar- mit zu hintertreiben und zu uͤberſchreien/ Petrus und Andreas werden ihr Al- ter fuͤrgeſchuͤtzet haben/ und daß ſie am erſten zum Apoſtel-Amt beruffen wor- den. Johannes und Jacobus werden ſich der Bluts-Freundſchafft deß HErꝛn Chriſti geruͤhmet haben. Bartholomæus wird ſich ſeines Adelichen Standes und Koͤniglichen Stammens erhebet haben/ dem/ vor den geweſe- nen 1. Wo und wann? 2. Wer? 3. Was? 4 Warum?

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/925>, abgerufen am 23.11.2024.