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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die LXXXIX. Laster-Predigt/
das andere. Es neiden einander die Bauren/ wie Ovidius saget: Ferti-
lior seges est alienis semper in arvis, Vicinumque pecus grandius uber
habet,
das ist: Auf den Dörffern unter den Bauren/ da gibt es auch sehr
neidige Lauren/ keiner dem andern gönnet sein Glück/ seines Nachbarn Korn
stehet viel zu dick/ es dünckt ihn auch seines Nachbarn Kuh/ die leg ihm ein
und all Tag zu/ mehr denn die sein geb sie ihm Milch/ sein Kittel sey von bes-
sern Zwilch. Ja ein Bettler gönnet dem andern nicht/ daß er ein grösser
Stücklein bekommen soll als er/ so gar ist der Neid und Mißgunst in allen
Abmah-
nung.
Ständen und Enden eingesessen. Wir sollen uns aber dar für warnen
lassen/ daß wir mit dem gifftigen Neid nichts zu thun haben/ Weißh. 6.
Wirst du demnach/ O Mensch/ durch dein sündliches Fleisch zum Neid wi-
der deinen Nächsten veranlasset und gereitzet/ so nimm die erzehlte sieben
Puncta vor dich/ und bedencke sie bey dir selbsten/ daß nemlich der Neid un-
göttlich/ GOtt wil es nicht haben/ daß du deinen Nächsten neidest/ ist Teufe-
lisch/ und recht deß Teufels Arbeit/ ist un-Christlich/ die Christliche Brüder-
liche Liebe hat diese Art nicht/ ist vergeblich/ was der Nächste hat/ das hat er
von GOtt/ du must es ihm doch lassen/ ist schändlich/ daß man einen neide
um deß Guten willen/ ist schädlich/ du thust dir selbsten dardurch mehr Scha-
den/ als deinem Nächsten/ ist sträfflich/ GOTT kan/ wil und wird es nicht
Mittel/ sich
vor dem
Neid zu hü-
ten/
ungerochen lassen. Um deß willen erzürne dich nicht/ O frommer Christ/
für Neid thue dich behüten/ lege ab alle Boßheit/ und allen Betrug und Heu-
cheley und Neid/ 1. Petr. 2. Hüte dich darneben für Stoltz und Eigen-Liebe/
dann unter den Stoltzen ist immer Hadder/ Spr. 13. und wer ihm selber zu
1.wol gefället/ dem ist alles zuwider/ was andern Gutes geschiehet und geschehen
2.wil. Hüte dich vor dem Geitz und Eigen-Nutz/ wie Paulus sagt: Nie-
mand suche was sein ist/ sondern ein jeglicher was deß andern ist/ verstehe/
3.dasselbe zu bessern und zu befördern/ 1. Cor. 10. Hüte dich auch für den
Schwätzern und Ohrenbläsern/ als welche verflucht seyn/ denn sie verwirren
4.viel/ die guten Frieden haben könten/ Syr. 28. Bitte auch GOtt um seines
guten Geistes Beystand/ so wirst du deß Neides durch solche Mittel und
Wege leichtlich loßkommen können.

II.
Vermah-
nung/
zur Liebe/

II. Vermahnung/ daß wir uns dargegen der Brüderlichen Liebe
befleissigen gegen unserm Nächsten/ wie Paulus sagt: Strebet nach der Lie-
be/ 1. Cor. 14. All euer Ding lasset in der Liebe geschehen/ 1. Cor. 16. Auß
solcher Liebe/ sollen wir dem Nächsten alles/ was ihm GOtt und fromme Leute
Gutes bescheren/ von Hertzen gönnen/ wünschen/ und darzu rathen und helf-
und Gnüg-
samkeit.
fen/ daß er es wol anlege und mit Nutzen gebrauche. Uns aber belangend/
sollen wir uns an dem/ was uns GOtt gibt/ begnügen lassen/ ob es gleich we-
nig wäre/ Ebr. 13. Dann das Wenige/ das ein Gerechter hat/ ist besser/
dann das grosse Gut vieler Gottlosen/ Ps. 37. Es ist ein grosser Gewinn/

wer

Die LXXXIX. Laſter-Predigt/
das andere. Es neiden einander die Bauren/ wie Ovidius ſaget: Ferti-
lior ſeges eſt alienis ſemper in arvis, Vicinumque pecus grandius uber
habet,
das iſt: Auf den Doͤrffern unter den Bauren/ da gibt es auch ſehr
neidige Lauren/ keiner dem andern goͤnnet ſein Gluͤck/ ſeines Nachbarn Korn
ſtehet viel zu dick/ es duͤnckt ihn auch ſeines Nachbarn Kuh/ die leg ihm ein
und all Tag zu/ mehr denn die ſein geb ſie ihm Milch/ ſein Kittel ſey von beſ-
ſern Zwilch. Ja ein Bettler goͤnnet dem andern nicht/ daß er ein groͤſſer
Stuͤcklein bekommen ſoll als er/ ſo gar iſt der Neid und Mißgunſt in allen
Abmah-
nung.
Staͤnden und Enden eingeſeſſen. Wir ſollen uns aber dar fuͤr warnen
laſſen/ daß wir mit dem gifftigen Neid nichts zu thun haben/ Weißh. 6.
Wirſt du demnach/ O Menſch/ durch dein ſuͤndliches Fleiſch zum Neid wi-
der deinen Naͤchſten veranlaſſet und gereitzet/ ſo nimm die erzehlte ſieben
Puncta vor dich/ und bedencke ſie bey dir ſelbſten/ daß nemlich der Neid un-
goͤttlich/ GOtt wil es nicht haben/ daß du deinen Naͤchſten neideſt/ iſt Teufe-
liſch/ und recht deß Teufels Arbeit/ iſt un-Chriſtlich/ die Chriſtliche Bruͤder-
liche Liebe hat dieſe Art nicht/ iſt vergeblich/ was der Naͤchſte hat/ das hat er
von GOtt/ du muſt es ihm doch laſſen/ iſt ſchaͤndlich/ daß man einen neide
um deß Guten willen/ iſt ſchaͤdlich/ du thuſt dir ſelbſten dardurch mehr Scha-
den/ als deinem Naͤchſten/ iſt ſtraͤfflich/ GOTT kan/ wil und wird es nicht
Mittel/ ſich
vor dem
Neid zu huͤ-
ten/
ungerochen laſſen. Um deß willen erzuͤrne dich nicht/ O frommer Chriſt/
fuͤr Neid thue dich behuͤten/ lege ab alle Boßheit/ und allen Betrug und Heu-
cheley und Neid/ 1. Petr. 2. Huͤte dich darneben fuͤr Stoltz und Eigen-Liebe/
dann unter den Stoltzen iſt immer Hadder/ Spr. 13. und wer ihm ſelber zu
1.wol gefaͤllet/ dem iſt alles zuwider/ was andern Gutes geſchiehet und geſchehen
2.wil. Huͤte dich vor dem Geitz und Eigen-Nutz/ wie Paulus ſagt: Nie-
mand ſuche was ſein iſt/ ſondern ein jeglicher was deß andern iſt/ verſtehe/
3.daſſelbe zu beſſern und zu befoͤrdern/ 1. Cor. 10. Huͤte dich auch fuͤr den
Schwaͤtzern und Ohrenblaͤſern/ als welche verflucht ſeyn/ denn ſie verwirꝛen
4.viel/ die guten Frieden haben koͤnten/ Syr. 28. Bitte auch GOtt um ſeines
guten Geiſtes Beyſtand/ ſo wirſt du deß Neides durch ſolche Mittel und
Wege leichtlich loßkommen koͤnnen.

II.
Vermah-
nung/
zur Liebe/

II. Vermahnung/ daß wir uns dargegen der Bruͤderlichen Liebe
befleiſſigen gegen unſerm Naͤchſten/ wie Paulus ſagt: Strebet nach der Lie-
be/ 1. Cor. 14. All euer Ding laſſet in der Liebe geſchehen/ 1. Cor. 16. Auß
ſolcher Liebe/ ſollen wir dem Naͤchſten alles/ was ihm GOtt und fromme Leute
Gutes beſcheren/ von Hertzen goͤnnen/ wuͤnſchen/ und darzu rathen und helf-
und Gnuͤg-
ſamkeit.
fen/ daß er es wol anlege und mit Nutzen gebrauche. Uns aber belangend/
ſollen wir uns an dem/ was uns GOtt gibt/ begnuͤgen laſſen/ ob es gleich we-
nig waͤre/ Ebr. 13. Dann das Wenige/ das ein Gerechter hat/ iſt beſſer/
dann das groſſe Gut vieler Gottloſen/ Pſ. 37. Es iſt ein groſſer Gewinn/

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[852/0922] Die LXXXIX. Laſter-Predigt/ das andere. Es neiden einander die Bauren/ wie Ovidius ſaget: Ferti- lior ſeges eſt alienis ſemper in arvis, Vicinumque pecus grandius uber habet, das iſt: Auf den Doͤrffern unter den Bauren/ da gibt es auch ſehr neidige Lauren/ keiner dem andern goͤnnet ſein Gluͤck/ ſeines Nachbarn Korn ſtehet viel zu dick/ es duͤnckt ihn auch ſeines Nachbarn Kuh/ die leg ihm ein und all Tag zu/ mehr denn die ſein geb ſie ihm Milch/ ſein Kittel ſey von beſ- ſern Zwilch. Ja ein Bettler goͤnnet dem andern nicht/ daß er ein groͤſſer Stuͤcklein bekommen ſoll als er/ ſo gar iſt der Neid und Mißgunſt in allen Staͤnden und Enden eingeſeſſen. Wir ſollen uns aber dar fuͤr warnen laſſen/ daß wir mit dem gifftigen Neid nichts zu thun haben/ Weißh. 6. Wirſt du demnach/ O Menſch/ durch dein ſuͤndliches Fleiſch zum Neid wi- der deinen Naͤchſten veranlaſſet und gereitzet/ ſo nimm die erzehlte ſieben Puncta vor dich/ und bedencke ſie bey dir ſelbſten/ daß nemlich der Neid un- goͤttlich/ GOtt wil es nicht haben/ daß du deinen Naͤchſten neideſt/ iſt Teufe- liſch/ und recht deß Teufels Arbeit/ iſt un-Chriſtlich/ die Chriſtliche Bruͤder- liche Liebe hat dieſe Art nicht/ iſt vergeblich/ was der Naͤchſte hat/ das hat er von GOtt/ du muſt es ihm doch laſſen/ iſt ſchaͤndlich/ daß man einen neide um deß Guten willen/ iſt ſchaͤdlich/ du thuſt dir ſelbſten dardurch mehr Scha- den/ als deinem Naͤchſten/ iſt ſtraͤfflich/ GOTT kan/ wil und wird es nicht ungerochen laſſen. Um deß willen erzuͤrne dich nicht/ O frommer Chriſt/ fuͤr Neid thue dich behuͤten/ lege ab alle Boßheit/ und allen Betrug und Heu- cheley und Neid/ 1. Petr. 2. Huͤte dich darneben fuͤr Stoltz und Eigen-Liebe/ dann unter den Stoltzen iſt immer Hadder/ Spr. 13. und wer ihm ſelber zu wol gefaͤllet/ dem iſt alles zuwider/ was andern Gutes geſchiehet und geſchehen wil. Huͤte dich vor dem Geitz und Eigen-Nutz/ wie Paulus ſagt: Nie- mand ſuche was ſein iſt/ ſondern ein jeglicher was deß andern iſt/ verſtehe/ daſſelbe zu beſſern und zu befoͤrdern/ 1. Cor. 10. Huͤte dich auch fuͤr den Schwaͤtzern und Ohrenblaͤſern/ als welche verflucht ſeyn/ denn ſie verwirꝛen viel/ die guten Frieden haben koͤnten/ Syr. 28. Bitte auch GOtt um ſeines guten Geiſtes Beyſtand/ ſo wirſt du deß Neides durch ſolche Mittel und Wege leichtlich loßkommen koͤnnen. Abmah- nung. Mittel/ ſich vor dem Neid zu huͤ- ten/ 1. 2. 3. 4. II. Vermahnung/ daß wir uns dargegen der Bruͤderlichen Liebe befleiſſigen gegen unſerm Naͤchſten/ wie Paulus ſagt: Strebet nach der Lie- be/ 1. Cor. 14. All euer Ding laſſet in der Liebe geſchehen/ 1. Cor. 16. Auß ſolcher Liebe/ ſollen wir dem Naͤchſten alles/ was ihm GOtt und fromme Leute Gutes beſcheren/ von Hertzen goͤnnen/ wuͤnſchen/ und darzu rathen und helf- fen/ daß er es wol anlege und mit Nutzen gebrauche. Uns aber belangend/ ſollen wir uns an dem/ was uns GOtt gibt/ begnuͤgen laſſen/ ob es gleich we- nig waͤre/ Ebr. 13. Dann das Wenige/ das ein Gerechter hat/ iſt beſſer/ dann das groſſe Gut vieler Gottloſen/ Pſ. 37. Es iſt ein groſſer Gewinn/ wer und Gnuͤg- ſamkeit.

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/922>, abgerufen am 23.11.2024.