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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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von der Schmeicheley.
Genieß und Beförderung erhaschen/ oder andere bey ihm verschwätzen/ in
Unglimpff und Gefahr bringen/ oder auch den selbsten/ demer schmeichelt/
hinterschleichen/ und ihm an Ehr oder Gut/ auch wol gar an Leib und Leben
eine Falle und Schaden zurichten möge. Solcher Haar waren die Jünger
der Phariseer/ darum schilt sie der HErr/ und sagt zu ihnen: Jhr Heuch-
ler/ was versucht ihr mich?

Lehr.

HJerbey haben wir jetzo Gelegenheit zu reden/ von einem Laster/ dasLehr.
Schmeiche-
ley geschie-
bet von de-
nen/ die
I.
Hohe Titul
geben.

wider den Nächsten gehet/ das heisset Adulatio, die Schmeicheley/
welche in viel Weg/ besonders aber und vornemlich in nachfolgenden
Stücken begangen wird:

I. Schmeichler und Heuchler seyn die jenige/ die mit hohen und präch-
tigen Tituln andern die Ohren krauen. Wie allhier die Jünger der Pha-
riseer/ den HErrn Christum gleich im Anfang/ einen Rabbi, Magister oder
Meister tituliren. Nun ist es zwar recht und billich/ daß man einem jeden
seinen gebührenden Ehren-Titul gönne und gebe/ wie Paulus sagt: Gebet
Ehre/ dem die Ehre gebühret/ Rom. 13. Aber da giebet man offt einem einen
Titul/ dessen er nicht werth und würdig ist/ da heisset man einen Vest/ der doch
gar luck stehet/ man grüsset einen Edel/ wann man ihn aber unter den Bauren
verlöhre/ solte einer Mühe haben/ biß er ihn wieder fände. Oder/ da einer
eines ehrlichen Tituls zwar werth ist/ spannet man es gar zu hoch/ die Super-
lativi
seyn gar gemein/ Doctissimus, der Allergelehrteste muß einer heissen/ der
kaum unter die Doctos oder Gelehrten gehörte/ man tituliret einen Clarissi-
mum,
den Allerberühmtesten/ von dem man über den nächsten Fluß noch nie
nichts gehöret hat/ da seyn die Composita, und Di- oder Tri Composita,
Wol-Edel/ Hochweiß/ Hoch-Wol-Edelgeborn/ die Conereta seyn zu
schlecht/ man nennet die Abstracta, nicht Weiß/ nicht Tugendsam/ sondern
die Weißheit/ die Zucht und Tugend selbsten. Nun wil ich niemanden an
seinem gebührenden Ehren-Titul nichts absprechen/ aber die Heucheley und
Schmeicheley die dar bey vielfältig mit unterlauffet/ die wird billich getadelt/
und gestraffet. Daher auch fromme/ ehrliche Hertzen selbsten keinen Gefal-
len daran haben/ wie Käyser Alexander Severus nicht leiden wollen/ daß man
ihn anders empfangen solte/ als: Salve Imperator, Sey gegrüsset/ Käy-
ser: Hat ihn einer milder oder höher tituliret/ so ist ist er von den Hof-Leuten
außgerauschet und verlachet worden/ wie AElius Lampridius in seinem Leben
von ihm schreibet.

II. Schmeichler und Heuchler seyn die jenige/ die zu allem was derII.
Zu allem
Ja sagen.

Nächste vorhat/ vorgiebet/ anfänget und thut/ Ja sagen/ und ob sie wol die

Sach
A a a a a 3

von der Schmeicheley.
Genieß und Befoͤrderung erhaſchen/ oder andere bey ihm verſchwaͤtzen/ in
Unglimpff und Gefahr bringen/ oder auch den ſelbſten/ demer ſchmeichelt/
hinterſchleichen/ und ihm an Ehr oder Gut/ auch wol gar an Leib und Leben
eine Falle und Schaden zurichten moͤge. Solcher Haar waren die Juͤnger
der Phariſeer/ darum ſchilt ſie der HErꝛ/ und ſagt zu ihnen: Jhr Heuch-
ler/ was verſucht ihr mich?

Lehr.

HJerbey haben wir jetzo Gelegenheit zu reden/ von einem Laſter/ dasLehr.
Schmeiche-
ley geſchie-
bet von de-
nen/ die
I.
Hohe Titul
geben.

wider den Naͤchſten gehet/ das heiſſet Adulatio, die Schmeicheley/
welche in viel Weg/ beſonders aber und vornemlich in nachfolgenden
Stuͤcken begangen wird:

I. Schmeichler und Heuchler ſeyn die jenige/ die mit hohen und praͤch-
tigen Tituln andern die Ohren krauen. Wie allhier die Juͤnger der Pha-
riſeer/ den HErꝛn Chriſtum gleich im Anfang/ einen Rabbi, Magiſter oder
Meiſter tituliren. Nun iſt es zwar recht und billich/ daß man einem jeden
ſeinen gebuͤhrenden Ehren-Titul goͤnne und gebe/ wie Paulus ſagt: Gebet
Ehre/ dem die Ehre gebuͤhret/ Rom. 13. Aber da giebet man offt einem einen
Titul/ deſſen er nicht werth und wuͤrdig iſt/ da heiſſet man einen Veſt/ der doch
gar luck ſtehet/ man gruͤſſet einen Edel/ wann man ihn aber unter den Bauren
verloͤhre/ ſolte einer Muͤhe haben/ biß er ihn wieder faͤnde. Oder/ da einer
eines ehrlichen Tituls zwar werth iſt/ ſpannet man es gar zu hoch/ die Super-
lativi
ſeyn gar gemein/ Doctiſſimus, der Allergelehrteſte muß einer heiſſen/ der
kaum unter die Doctos oder Gelehrten gehoͤrte/ man tituliret einen Clariſſi-
mum,
den Allerberuͤhmteſten/ von dem man uͤber den naͤchſten Fluß noch nie
nichts gehoͤret hat/ da ſeyn die Compoſita, und Di- oder Tri Compoſita,
Wol-Edel/ Hochweiß/ Hoch-Wol-Edelgeborn/ die Conereta ſeyn zu
ſchlecht/ man nennet die Abſtracta, nicht Weiß/ nicht Tugendſam/ ſondern
die Weißheit/ die Zucht und Tugend ſelbſten. Nun wil ich niemanden an
ſeinem gebuͤhrenden Ehren-Titul nichts abſprechen/ aber die Heucheley und
Schmeicheley die dar bey vielfaͤltig mit unterlauffet/ die wird billich getadelt/
und geſtraffet. Daher auch fromme/ ehrliche Hertzen ſelbſten keinen Gefal-
len daran haben/ wie Kaͤyſer Alexander Severus nicht leiden wollen/ daß man
ihn anders empfangen ſolte/ als: Salve Imperator, Sey gegruͤſſet/ Kaͤy-
ſer: Hat ihn einer milder oder hoͤher tituliret/ ſo iſt iſt er von den Hof-Leuten
außgerauſchet und verlachet worden/ wie Ælius Lampridius in ſeinem Leben
von ihm ſchreibet.

II. Schmeichler und Heuchler ſeyn die jenige/ die zu allem was derII.
Zu allem
Ja ſagen.

Naͤchſte vorhat/ vorgiebet/ anfaͤnget und thut/ Ja ſagen/ und ob ſie wol die

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[741/0811] von der Schmeicheley. Genieß und Befoͤrderung erhaſchen/ oder andere bey ihm verſchwaͤtzen/ in Unglimpff und Gefahr bringen/ oder auch den ſelbſten/ demer ſchmeichelt/ hinterſchleichen/ und ihm an Ehr oder Gut/ auch wol gar an Leib und Leben eine Falle und Schaden zurichten moͤge. Solcher Haar waren die Juͤnger der Phariſeer/ darum ſchilt ſie der HErꝛ/ und ſagt zu ihnen: Jhr Heuch- ler/ was verſucht ihr mich? Lehr. HJerbey haben wir jetzo Gelegenheit zu reden/ von einem Laſter/ das wider den Naͤchſten gehet/ das heiſſet Adulatio, die Schmeicheley/ welche in viel Weg/ beſonders aber und vornemlich in nachfolgenden Stuͤcken begangen wird: Lehr. Schmeiche- ley geſchie- bet von de- nen/ die I. Hohe Titul geben. I. Schmeichler und Heuchler ſeyn die jenige/ die mit hohen und praͤch- tigen Tituln andern die Ohren krauen. Wie allhier die Juͤnger der Pha- riſeer/ den HErꝛn Chriſtum gleich im Anfang/ einen Rabbi, Magiſter oder Meiſter tituliren. Nun iſt es zwar recht und billich/ daß man einem jeden ſeinen gebuͤhrenden Ehren-Titul goͤnne und gebe/ wie Paulus ſagt: Gebet Ehre/ dem die Ehre gebuͤhret/ Rom. 13. Aber da giebet man offt einem einen Titul/ deſſen er nicht werth und wuͤrdig iſt/ da heiſſet man einen Veſt/ der doch gar luck ſtehet/ man gruͤſſet einen Edel/ wann man ihn aber unter den Bauren verloͤhre/ ſolte einer Muͤhe haben/ biß er ihn wieder faͤnde. Oder/ da einer eines ehrlichen Tituls zwar werth iſt/ ſpannet man es gar zu hoch/ die Super- lativi ſeyn gar gemein/ Doctiſſimus, der Allergelehrteſte muß einer heiſſen/ der kaum unter die Doctos oder Gelehrten gehoͤrte/ man tituliret einen Clariſſi- mum, den Allerberuͤhmteſten/ von dem man uͤber den naͤchſten Fluß noch nie nichts gehoͤret hat/ da ſeyn die Compoſita, und Di- oder Tri Compoſita, Wol-Edel/ Hochweiß/ Hoch-Wol-Edelgeborn/ die Conereta ſeyn zu ſchlecht/ man nennet die Abſtracta, nicht Weiß/ nicht Tugendſam/ ſondern die Weißheit/ die Zucht und Tugend ſelbſten. Nun wil ich niemanden an ſeinem gebuͤhrenden Ehren-Titul nichts abſprechen/ aber die Heucheley und Schmeicheley die dar bey vielfaͤltig mit unterlauffet/ die wird billich getadelt/ und geſtraffet. Daher auch fromme/ ehrliche Hertzen ſelbſten keinen Gefal- len daran haben/ wie Kaͤyſer Alexander Severus nicht leiden wollen/ daß man ihn anders empfangen ſolte/ als: Salve Imperator, Sey gegruͤſſet/ Kaͤy- ſer: Hat ihn einer milder oder hoͤher tituliret/ ſo iſt iſt er von den Hof-Leuten außgerauſchet und verlachet worden/ wie Ælius Lampridius in ſeinem Leben von ihm ſchreibet. II. Schmeichler und Heuchler ſeyn die jenige/ die zu allem was der Naͤchſte vorhat/ vorgiebet/ anfaͤnget und thut/ Ja ſagen/ und ob ſie wol die Sach II. Zu allem Ja ſagen. A a a a a 3

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/811>, abgerufen am 24.12.2024.