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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Von Hinlässigkeit in Göttlichen Sachen.
ihre Kirchen/ Altär und Götzen auf das prächtigste/ sie versehen ihre faule
Mönch und Pfaffen auf das köstlichste/ all ihre Güter stifften sie in die Clöster/
und solten gleich ihre eigene Leibs-Erben müssen Mangel leiden; so Freygebig
seyn die Rechtglaubige nicht/ ist einer/ der zur Erhaltung Kirchen und Schu-
len etwas gibt und stifft/ so seyn tausend dagegen/ die lieber nehmen als geben.
Ein stoltzer Mensch/ was er nur weist aufzubringen/ hengt er alles an den
Pracht/ wann manche nur viel hätten und vermöchten/ es müste alles herfür/
das sihet man an unsern jungen Leuten/ die all ihren Reichthum auf einmal
an den Hals hencken/ damit sie dieser Welt wolgefallen: O daß wir mit sol-
chem Fleiß unsere Seelen und den verborgenen Menschen deß Hertzens ziere-
ten/ mit allen Christlichen Tugenden unverruckt/ mit sanfftem und stillem
Geist/ das wär köstlich und wolgefällig vor GOtt. 1. Petr. 3. Mancher rech-
nets nicht hoch/ allerley/ auch wol unnöthige Sachen ins Hauß zu kauffen/
wann er aber eine Bibel oder ein nutzliche Postill ins Hauß kauffen und be-
zahlen solte/ das könnt er nicht verschwingen; Ein anderer verthut mehr als er
gewinnt/ spielt/ saufft/ spendirt da und dort/ solt er aber einem Hauß-Armen/ ei-
nem Krancken/ oder andern Dürfftigen etwas beysteuren/ das rechnete er ihme
für den grösten Unkosten auß/ als wann sein Verderben drauf stünde. Das
heisst: Die Kinder dieser Welt sind Kostfreyer denn die Kinder deß Liechts/
in ihrem Geschlecht. Es findet sich solches:

VI.
Bemühen.

VI. Jm Bemühen. Ein Weltmensch ist unverdrossen/ er bear-
beitet sich mit aller Mühe/ daß er die Welt-Weißheit/ zeitlich Ehr und Gut/
und ein Auffenthaltung seines Leibs habe und erhalte. So geschäfftig seyn
viel Kinder deß Liechts nicht. Antisthenes ist alle Tag 40. Stadia, das ist
über ein grosse Meil Wegs zur Lection gangen/ daß er den weisen Socratem
hören möchte; Ein Taglöhner arbeitet den gantzen Tag/ und lassts ihm saur
werden/ daß er fast vor Hitz verschmachtet; Ein Wächter hütet die gantze
Nacht/ und lasst keinen Schlaff in seine Augen kommen; Ein Baurs- und
Handwercksmann ist die gantze Wochen geschäfftig/ und lasst ihm selber we-
nig Ruhe; Ein Kauff- und Handelsmann lasst ihm das Jahr über manchen
sauren Wind unter die Augen wehen/ thut viel sorglicher/ gefährlicher Rai-
sen/ und setzt darüber Gesundheit/ Leib und Leben in Gefahr; Ein Bergmann
gräbt etlich tausend Klafftern tieff in die Erden nach Gold und Silber/ und
könnt er in die Höll hinunter graben/ er ließ es nicht/ wann erwuste etwas für
sich daselbst zu erholen; Ein Jäger verfolgt das Gewild über Berg und Thal/
er kreucht und streicht durch alle Hecken/ Höltzer und Wä[l]d/ daß er etwas er-
jage; Ein Kämpffer/ ein Ringer/ ein Läuffer bemühet sich nach allen Kräff-
ten seines Leibs/ daß er das Kleynod und die Ehr/ die doch zeitlich und ver-
gänglich ist/ davon trage. 1. Cor. 9. Ja mancher waget etwan ein böses Stuck
um deß Zeitlichen willen: Herostratus hat den Wunderherrlichen Tempel

der
T t

Von Hinlaͤſſigkeit in Goͤttlichen Sachen.
ihre Kirchen/ Altaͤr und Goͤtzen auf das praͤchtigſte/ ſie verſehen ihre faule
Moͤnch und Pfaffen auf das koͤſtlichſte/ all ihre Guͤter ſtifften ſie in die Cloͤſter/
und ſolten gleich ihre eigene Leibs-Erben muͤſſen Mangel leiden; ſo Freygebig
ſeyn die Rechtglaubige nicht/ iſt einer/ der zur Erhaltung Kirchen und Schu-
len etwas gibt und ſtifft/ ſo ſeyn tauſend dagegen/ die lieber nehmen als geben.
Ein ſtoltzer Menſch/ was er nur weiſt aufzubringen/ hengt er alles an den
Pracht/ wann manche nur viel haͤtten und vermoͤchten/ es muͤſte alles herfuͤr/
das ſihet man an unſern jungen Leuten/ die all ihren Reichthum auf einmal
an den Hals hencken/ damit ſie dieſer Welt wolgefallen: O daß wir mit ſol-
chem Fleiß unſere Seelen und den verborgenen Menſchen deß Hertzens ziere-
ten/ mit allen Chriſtlichen Tugenden unverruckt/ mit ſanfftem und ſtillem
Geiſt/ das waͤr koͤſtlich und wolgefaͤllig vor GOtt. 1. Petr. 3. Mancher rech-
nets nicht hoch/ allerley/ auch wol unnoͤthige Sachen ins Hauß zu kauffen/
wann er aber eine Bibel oder ein nutzliche Poſtill ins Hauß kauffen und be-
zahlen ſolte/ das koͤnnt er nicht verſchwingen; Ein anderer verthut mehr als er
gewinnt/ ſpielt/ ſaufft/ ſpendirt da und dort/ ſolt er aber einem Hauß-Armen/ ei-
nem Krancken/ oder andern Duͤrfftigen etwas beyſteuren/ das rechnete er ihme
fuͤr den groͤſten Unkoſten auß/ als wann ſein Verderben drauf ſtuͤnde. Das
heiſſt: Die Kinder dieſer Welt ſind Koſtfreyer denn die Kinder deß Liechts/
in ihrem Geſchlecht. Es findet ſich ſolches:

VI.
Bemuͤhen.

VI. Jm Bemuͤhen. Ein Weltmenſch iſt unverdroſſen/ er bear-
beitet ſich mit aller Muͤhe/ daß er die Welt-Weißheit/ zeitlich Ehr und Gut/
und ein Auffenthaltung ſeines Leibs habe und erhalte. So geſchaͤfftig ſeyn
viel Kinder deß Liechts nicht. Antiſthenes iſt alle Tag 40. Stadia, das iſt
uͤber ein groſſe Meil Wegs zur Lection gangen/ daß er den weiſen Socratem
hoͤren moͤchte; Ein Tagloͤhner arbeitet den gantzen Tag/ und laſſts ihm ſaur
werden/ daß er faſt vor Hitz verſchmachtet; Ein Waͤchter huͤtet die gantze
Nacht/ und laſſt keinen Schlaff in ſeine Augen kommen; Ein Baurs- und
Handwercksmann iſt die gantze Wochen geſchaͤfftig/ und laſſt ihm ſelber we-
nig Ruhe; Ein Kauff- und Handelsmann laſſt ihm das Jahr uͤber manchen
ſauren Wind unter die Augen wehen/ thut viel ſorglicher/ gefaͤhrlicher Rai-
ſen/ und ſetzt daruͤber Geſundheit/ Leib und Leben in Gefahr; Ein Bergmann
graͤbt etlich tauſend Klafftern tieff in die Erden nach Gold und Silber/ und
koͤnnt er in die Hoͤll hinunter graben/ er ließ es nicht/ wann erwuſte etwas fuͤr
ſich daſelbſt zu erholen; Ein Jaͤger verfolgt das Gewild uͤber Berg und Thal/
er kreucht und ſtreicht durch alle Hecken/ Hoͤltzer und Waͤ[l]d/ daß er etwas er-
jage; Ein Kaͤmpffer/ ein Ringer/ ein Laͤuffer bemuͤhet ſich nach allen Kraͤff-
ten ſeines Leibs/ daß er das Kleynod und die Ehr/ die doch zeitlich und ver-
gaͤnglich iſt/ davon trage. 1. Cor. 9. Ja mancher waget etwan ein boͤſes Stuck
um deß Zeitlichen willen: Heroſtratus hat den Wunderherꝛlichen Tempel

der
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[329/0399] Von Hinlaͤſſigkeit in Goͤttlichen Sachen. ihre Kirchen/ Altaͤr und Goͤtzen auf das praͤchtigſte/ ſie verſehen ihre faule Moͤnch und Pfaffen auf das koͤſtlichſte/ all ihre Guͤter ſtifften ſie in die Cloͤſter/ und ſolten gleich ihre eigene Leibs-Erben muͤſſen Mangel leiden; ſo Freygebig ſeyn die Rechtglaubige nicht/ iſt einer/ der zur Erhaltung Kirchen und Schu- len etwas gibt und ſtifft/ ſo ſeyn tauſend dagegen/ die lieber nehmen als geben. Ein ſtoltzer Menſch/ was er nur weiſt aufzubringen/ hengt er alles an den Pracht/ wann manche nur viel haͤtten und vermoͤchten/ es muͤſte alles herfuͤr/ das ſihet man an unſern jungen Leuten/ die all ihren Reichthum auf einmal an den Hals hencken/ damit ſie dieſer Welt wolgefallen: O daß wir mit ſol- chem Fleiß unſere Seelen und den verborgenen Menſchen deß Hertzens ziere- ten/ mit allen Chriſtlichen Tugenden unverruckt/ mit ſanfftem und ſtillem Geiſt/ das waͤr koͤſtlich und wolgefaͤllig vor GOtt. 1. Petr. 3. Mancher rech- nets nicht hoch/ allerley/ auch wol unnoͤthige Sachen ins Hauß zu kauffen/ wann er aber eine Bibel oder ein nutzliche Poſtill ins Hauß kauffen und be- zahlen ſolte/ das koͤnnt er nicht verſchwingen; Ein anderer verthut mehr als er gewinnt/ ſpielt/ ſaufft/ ſpendirt da und dort/ ſolt er aber einem Hauß-Armen/ ei- nem Krancken/ oder andern Duͤrfftigen etwas beyſteuren/ das rechnete er ihme fuͤr den groͤſten Unkoſten auß/ als wann ſein Verderben drauf ſtuͤnde. Das heiſſt: Die Kinder dieſer Welt ſind Koſtfreyer denn die Kinder deß Liechts/ in ihrem Geſchlecht. Es findet ſich ſolches: VI. Jm Bemuͤhen. Ein Weltmenſch iſt unverdroſſen/ er bear- beitet ſich mit aller Muͤhe/ daß er die Welt-Weißheit/ zeitlich Ehr und Gut/ und ein Auffenthaltung ſeines Leibs habe und erhalte. So geſchaͤfftig ſeyn viel Kinder deß Liechts nicht. Antiſthenes iſt alle Tag 40. Stadia, das iſt uͤber ein groſſe Meil Wegs zur Lection gangen/ daß er den weiſen Socratem hoͤren moͤchte; Ein Tagloͤhner arbeitet den gantzen Tag/ und laſſts ihm ſaur werden/ daß er faſt vor Hitz verſchmachtet; Ein Waͤchter huͤtet die gantze Nacht/ und laſſt keinen Schlaff in ſeine Augen kommen; Ein Baurs- und Handwercksmann iſt die gantze Wochen geſchaͤfftig/ und laſſt ihm ſelber we- nig Ruhe; Ein Kauff- und Handelsmann laſſt ihm das Jahr uͤber manchen ſauren Wind unter die Augen wehen/ thut viel ſorglicher/ gefaͤhrlicher Rai- ſen/ und ſetzt daruͤber Geſundheit/ Leib und Leben in Gefahr; Ein Bergmann graͤbt etlich tauſend Klafftern tieff in die Erden nach Gold und Silber/ und koͤnnt er in die Hoͤll hinunter graben/ er ließ es nicht/ wann erwuſte etwas fuͤr ſich daſelbſt zu erholen; Ein Jaͤger verfolgt das Gewild uͤber Berg und Thal/ er kreucht und ſtreicht durch alle Hecken/ Hoͤltzer und Waͤld/ daß er etwas er- jage; Ein Kaͤmpffer/ ein Ringer/ ein Laͤuffer bemuͤhet ſich nach allen Kraͤff- ten ſeines Leibs/ daß er das Kleynod und die Ehr/ die doch zeitlich und ver- gaͤnglich iſt/ davon trage. 1. Cor. 9. Ja mancher waget etwan ein boͤſes Stuck um deß Zeitlichen willen: Heroſtratus hat den Wunderherꝛlichen Tempel der T t

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/399>, abgerufen am 25.11.2024.