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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Vom Aberglauben.
einreissen wolte/ darum nahmen sie allhie Paulum/ führten ihn auf diesensagt:
Richtplatz/ und sprachen: Können wir auch erfahren/ was das für ein neue
Lehr sey/ die du lehrest. Paulus aber verantwortet sich durch eine schöne Red/
fieng an und sagt: Jhr Männer von Athen/ diß war Captatio benevo-Jhr Män-
ner von A-
then.

lentiae, oder/ der angenehme Titul der Athenienser/ damit ihme Paulus einen
guten Willen machte/ daß man ihme desto lieber und desto fleissiger zuhörte/
wie auch der vortreffliche Redner Demosthenes in seinen Orationibus, die er
zu Athen gehalten/ zum öffteren diese Wort eingemenget: Andres athena~oi, ihr
Männer von Athen/ dann sie wusten/ daß sie und ihre Statt und Hoheschul
in der gantzen Welt berühmt war/ und hörtens dennoch gern/ wann man sie
Burger oder Männer von Athen nennete. Darnach hält ihnen S. Paulus in
unsern vorhabenden Worten für/ was er bey ihnen gefunden: Jch sehe euch/Jch sehe
euch/

sagt er/ daß ihr in allen Stücken allzu abergläubisch seyd. Der Aber-
glaube ist ein solches Laster/ da man in Göttlichen und Weltlichen Sachen/
den Glauben und das gemeine Leben belangend/ solche eitele Dinge vornimmt/
darauf bleibet und trauet/ so weder in GOttes Wort und in der Natur kei-Aberglau-
bisch

nen Grund haben. Diß sahe der Apostel Paulus zu Athen/ daß sie auf ei-
nem besondern Altar dem unbekandten GOtt opfferten und dieneten/ sie ver-
ehreten nicht allein viel Abgötter mit Namen/ sondern sie besorgten/ es möchte
irrgend noch ein anderer GOtt mehr seyn/ den sie nicht kenneten/ damit nun
derselbe von ihnen nicht übergangen würde/ thaten sie ihm auf solchem Altar
auch ihren Gottesdienst. Nicht allein aber diß/ was die Religion belanget/in allen
Stücken.

sondern auch in andern Weltlichen Dingen waren sie Abergläubig/ welches
S. Paulus an ihnen strafft/ und sie darauf eines bessern unterweiset/ ich sehe
auch/ daß ihr in allen Stücken/ nicht nur in einem Punct/ in allen Stücken/
allzuabergläubig seyd.

Lehr.

WOrbey wir jetzo wieder von einem besondern Laster/ so eigentlich wi-Lehr.
Vom Aber-
glauben.

der GOTT den HErrn laufft und streitet/ zu reden und darvor zu
warnen haben/ welches heisset: Superstitio, der Aberglaube/
daß sich ein Gewissenhaffter Christ alles Aberglaubens abthun/ und
enthalten solle.

Von dem Aberglaubischen Wesen so viel die Religion und den Gottes-
dienst belangt/ und ein selbsterwehlter Gottesdienst genennet wird/ haben wir
unlängsten schon außführlich geredt/ auß den Worten Christi/ da er sagt
Matth. 15. Vergeblich dienen sie mir/ dieweil sie lehren solche Lehr/ die nichts
denn Menschen Gebott sind. Darum wollen wir dißmal allein von der Art
deß Aberglaubens reden/ da man auß solchen Sachen/ die weder in GOTtes

Wort

Vom Aberglauben.
einreiſſen wolte/ darum nahmen ſie allhie Paulum/ fuͤhrten ihn auf dieſenſagt:
Richtplatz/ und ſprachen: Koͤnnen wir auch erfahren/ was das fuͤr ein neue
Lehr ſey/ die du lehreſt. Paulus aber verantwortet ſich durch eine ſchoͤne Red/
fieng an und ſagt: Jhr Maͤnner von Athen/ diß war Captatio benevo-Jhr Maͤn-
ner von A-
then.

lentiæ, oder/ der angenehme Titul der Athenienſer/ damit ihme Paulus einen
guten Willen machte/ daß man ihme deſto lieber und deſto fleiſſiger zuhoͤrte/
wie auch der vortreffliche Redner Demoſthenes in ſeinen Orationibus, die er
zu Athen gehalten/ zum oͤffteren dieſe Wort eingemenget: Ἄνδρες ἀθηνα῀οι, ihr
Maͤnner von Athen/ dann ſie wuſten/ daß ſie und ihre Statt und Hoheſchul
in der gantzen Welt beruͤhmt war/ und hoͤrtens dennoch gern/ wann man ſie
Burger oder Maͤnner von Athen nennete. Darnach haͤlt ihnen S. Paulus in
unſern vorhabendẽ Worten fuͤr/ was er bey ihnen gefunden: Jch ſehe euch/Jch ſehe
euch/

ſagt er/ daß ihr in allen Stuͤcken allzu aberglaͤubiſch ſeyd. Der Aber-
glaube iſt ein ſolches Laſter/ da man in Goͤttlichen und Weltlichen Sachen/
den Glauben und das gemeine Leben belangend/ ſolche eitele Dinge vornim̃t/
darauf bleibet und trauet/ ſo weder in GOttes Wort und in der Natur kei-Aberglau-
biſch

nen Grund haben. Diß ſahe der Apoſtel Paulus zu Athen/ daß ſie auf ei-
nem beſondern Altar dem unbekandten GOtt opfferten und dieneten/ ſie ver-
ehreten nicht allein viel Abgoͤtter mit Namen/ ſondern ſie beſorgten/ es moͤchte
irꝛgend noch ein anderer GOtt mehr ſeyn/ den ſie nicht kenneten/ damit nun
derſelbe von ihnen nicht uͤbergangen wuͤrde/ thaten ſie ihm auf ſolchem Altar
auch ihren Gottesdienſt. Nicht allein aber diß/ was die Religion belanget/in allen
Stuͤcken.

ſondern auch in andern Weltlichen Dingen waren ſie Aberglaͤubig/ welches
S. Paulus an ihnen ſtrafft/ und ſie darauf eines beſſern unterweiſet/ ich ſehe
auch/ daß ihr in allen Stuͤcken/ nicht nur in einem Punct/ in allen Stuͤcken/
allzuaberglaͤubig ſeyd.

Lehr.

WOrbey wir jetzo wieder von einem beſondern Laſter/ ſo eigentlich wi-Lehr.
Vom Aber-
glauben.

der GOTT den HErꝛn laufft und ſtreitet/ zu reden und darvor zu
warnen haben/ welches heiſſet: Superſtitio, der Aberglaube/
daß ſich ein Gewiſſenhaffter Chriſt alles Aberglaubens abthun/ und
enthalten ſolle.

Von dem Aberglaubiſchen Weſen ſo viel die Religion und den Gottes-
dienſt belangt/ und ein ſelbſterwehlter Gottesdienſt genennet wird/ haben wir
unlaͤngſten ſchon außfuͤhrlich geredt/ auß den Worten Chriſti/ da er ſagt
Matth. 15. Vergeblich dienen ſie mir/ dieweil ſie lehren ſolche Lehr/ die nichts
denn Menſchen Gebott ſind. Darum wollen wir dißmal allein von der Art
deß Aberglaubens reden/ da man auß ſolchen Sachen/ die weder in GOTtes

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[103/0173] Vom Aberglauben. einreiſſen wolte/ darum nahmen ſie allhie Paulum/ fuͤhrten ihn auf dieſen Richtplatz/ und ſprachen: Koͤnnen wir auch erfahren/ was das fuͤr ein neue Lehr ſey/ die du lehreſt. Paulus aber verantwortet ſich durch eine ſchoͤne Red/ fieng an und ſagt: Jhr Maͤnner von Athen/ diß war Captatio benevo- lentiæ, oder/ der angenehme Titul der Athenienſer/ damit ihme Paulus einen guten Willen machte/ daß man ihme deſto lieber und deſto fleiſſiger zuhoͤrte/ wie auch der vortreffliche Redner Demoſthenes in ſeinen Orationibus, die er zu Athen gehalten/ zum oͤffteren dieſe Wort eingemenget: Ἄνδρες ἀθηνα῀οι, ihr Maͤnner von Athen/ dann ſie wuſten/ daß ſie und ihre Statt und Hoheſchul in der gantzen Welt beruͤhmt war/ und hoͤrtens dennoch gern/ wann man ſie Burger oder Maͤnner von Athen nennete. Darnach haͤlt ihnen S. Paulus in unſern vorhabendẽ Worten fuͤr/ was er bey ihnen gefunden: Jch ſehe euch/ ſagt er/ daß ihr in allen Stuͤcken allzu aberglaͤubiſch ſeyd. Der Aber- glaube iſt ein ſolches Laſter/ da man in Goͤttlichen und Weltlichen Sachen/ den Glauben und das gemeine Leben belangend/ ſolche eitele Dinge vornim̃t/ darauf bleibet und trauet/ ſo weder in GOttes Wort und in der Natur kei- nen Grund haben. Diß ſahe der Apoſtel Paulus zu Athen/ daß ſie auf ei- nem beſondern Altar dem unbekandten GOtt opfferten und dieneten/ ſie ver- ehreten nicht allein viel Abgoͤtter mit Namen/ ſondern ſie beſorgten/ es moͤchte irꝛgend noch ein anderer GOtt mehr ſeyn/ den ſie nicht kenneten/ damit nun derſelbe von ihnen nicht uͤbergangen wuͤrde/ thaten ſie ihm auf ſolchem Altar auch ihren Gottesdienſt. Nicht allein aber diß/ was die Religion belanget/ ſondern auch in andern Weltlichen Dingen waren ſie Aberglaͤubig/ welches S. Paulus an ihnen ſtrafft/ und ſie darauf eines beſſern unterweiſet/ ich ſehe auch/ daß ihr in allen Stuͤcken/ nicht nur in einem Punct/ in allen Stuͤcken/ allzuaberglaͤubig ſeyd. ſagt: Jhr Maͤn- ner von A- then. Jch ſehe euch/ Aberglau- biſch in allen Stuͤcken. Lehr. WOrbey wir jetzo wieder von einem beſondern Laſter/ ſo eigentlich wi- der GOTT den HErꝛn laufft und ſtreitet/ zu reden und darvor zu warnen haben/ welches heiſſet: Superſtitio, der Aberglaube/ daß ſich ein Gewiſſenhaffter Chriſt alles Aberglaubens abthun/ und enthalten ſolle. Lehr. Vom Aber- glauben. Von dem Aberglaubiſchen Weſen ſo viel die Religion und den Gottes- dienſt belangt/ und ein ſelbſterwehlter Gottesdienſt genennet wird/ haben wir unlaͤngſten ſchon außfuͤhrlich geredt/ auß den Worten Chriſti/ da er ſagt Matth. 15. Vergeblich dienen ſie mir/ dieweil ſie lehren ſolche Lehr/ die nichts denn Menſchen Gebott ſind. Darum wollen wir dißmal allein von der Art deß Aberglaubens reden/ da man auß ſolchen Sachen/ die weder in GOTtes Wort

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/173>, abgerufen am 22.11.2024.