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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die CIV Laster-Predigt/
Seiten auß beyden Meeren die Schiff pflegten anzukommen/ daher allerley
Handtierung und Kauffmannschafften daselbst starck getrieben wurden. Jn
prediget S.
Paulus/
dieser Statt Corinth hatte sich S. Paulus anderthalb Jahr aufgehalten bey
Aquila einem Teppichmacher/ bey deme er/ weil er gleiches Handwercks war/
gearbeitet/ daneben gieng er alle Sabbather in die Schul/ und lehrete offent-
lich beyde die Juden und Griechen/ und bekehret viel Leut zu Christo. Gesch. 18.
undAls er nun dem HERRN CHristo eine feine Gemein daselbsten gesammelt/
rissen nachgehends in seinem Abwesen/ nicht allein durch List der falschen Apo-
stel allerley Ketzereien ein/ und unter ihnen selbsten gab es Spaltungen in der
Lehr und Kirchen-Ceremonien/ sondern wie es in grossen Stätten zugehet/ gien-
gen auch grosse Sünden und Laster im Schwang/ als Füllerey/ Hurerey/
Blutschand/ Zanck/ Geitz/ sonderlich aber bey ihrem grossen Gewerb und
Kauffmanschafft/ war die Ungerechtigkeit sehr groß/ wann sie einen Contract
mit einander getroffen/ hielten sie nicht alle Treu und Glauben/ oder es sahe je
einer/ wie er den andern im Kauffen und Verkauffen mit verfälschter Wahr/
Maß/ Elen und Gewicht überlisten und verfortheilen/ oder da sie darüber zu
streiten kamen/ und sich nicht selber vergleichen konnten/ vor der Heydnischen
schreibt ih-
nen/
Obrigkeit eines versetzen möchte. Dardurch ward Paulus bewegt ihnen zwo
besondere Epistlen zu schreiben/ in deren ersten/ er sie ernstlich und unterschied-
lich straffet/ und zwar c. 6. Darauß unsere verlesene vorhabende Wort ge-
nommen seyn/ strafft er sie eben wegen deß Zancks vor Gericht/ da sie einander
für die Heydnische Obrigkeit zogen/ und sagt/ sie thäten besser/ wann sie auß ih-
rem Mittel/ nemlich auß den Christen/ einen erwehleten/ der zwischen ihnen ein
Urtheil spreche; Ja/ er sagt/ sie solten ihnen lieber lassen unrecht thun/ und sich
lassen vervortheilen/ als daß sie mit einander für die unglaubige/ für die Heyd-
nische Richter lauffen/ dann hiemit thüen sie selbsten unrecht/ und das dazu an
in unserm
Text:
Die Unge-
rechten/
den. Brüdern und Mit-Christen. Sagt darauf in unsern vorhabenden Wor-
ten: Wisset ihr nicht/ daß die Ungerechten werden das Reich
Gottes nicht ererben.
Das Wörtlein Ungerecht kan in unterschiedli-
chem respect verstanden werden: 1. Nach dem Gesetz/ wer nicht alle Wort deß
Göttlichen Gesetzes unzerbrüchlich hält und erfüllet/ der ist ungerecht. Fürs
2. nach dem Evangelio/ wer sich nicht mit wahrem Glauben an den HErrn
Christum hält/ und seine vollkommene Gerechtigkeit ihme selbsten zueignet/ der
ist auch ungerecht. 3. Nach dem Bürgerlichen gemeinen Leben/ Handel und
Wandel/ wer eintweder im Gericht wider die Rechten und Gesetz urtheilet;
oder ausser dem Gericht/ nicht einem jeden gibt/ was ihm von Rechts wegen
gebührt/ oder sonsten in Kauffen und Verkauffen/ und dergleichen Burgerli-
chen Conträcten/ Verträg- und Handlungen den Nächsten betreugt und vervor-
theilt/ der ist auch ungerecht. Und von diesen allen/ sonderlich aber von den
letzten/ das Burgerliche Wesen betreffend/ sagt allhie S. Paulus/ sie werden

das

Die CIV Laſter-Predigt/
Seiten auß beyden Meeren die Schiff pflegten anzukommen/ daher allerley
Handtierung und Kauffmannſchafften daſelbſt ſtarck getrieben wurden. Jn
prediget S.
Paulus/
dieſer Statt Corinth hatte ſich S. Paulus anderthalb Jahr aufgehalten bey
Aquila einem Teppichmacher/ bey deme er/ weil er gleiches Handwercks war/
gearbeitet/ daneben gieng er alle Sabbather in die Schul/ und lehrete offent-
lich beyde die Juden und Griechen/ und bekehret viel Leut zu Chriſto. Geſch. 18.
undAls er nun dem HERRN CHriſto eine feine Gemein daſelbſten geſammelt/
riſſen nachgehends in ſeinem Abweſen/ nicht allein durch Liſt der falſchen Apo-
ſtel allerley Ketzereien ein/ und unter ihnen ſelbſten gab es Spaltungen in der
Lehr und Kirchen-Ceremonien/ ſondern wie es in groſſen Staͤtten zugehet/ gien-
gen auch groſſe Suͤnden und Laſter im Schwang/ als Fuͤllerey/ Hurerey/
Blutſchand/ Zanck/ Geitz/ ſonderlich aber bey ihrem groſſen Gewerb und
Kauffmanſchafft/ war die Ungerechtigkeit ſehr groß/ wann ſie einen Contract
mit einander getroffen/ hielten ſie nicht alle Treu und Glauben/ oder es ſahe je
einer/ wie er den andern im Kauffen und Verkauffen mit verfaͤlſchter Wahr/
Maß/ Elen und Gewicht uͤberliſten und verfortheilen/ oder da ſie daruͤber zu
ſtreiten kamen/ und ſich nicht ſelber vergleichen konnten/ vor der Heydniſchen
ſchreibt ih-
nen/
Obrigkeit eines verſetzen moͤchte. Dardurch ward Paulus bewegt ihnen zwo
beſondere Epiſtlen zu ſchreiben/ in deren erſten/ er ſie ernſtlich und unterſchied-
lich ſtraffet/ und zwar c. 6. Darauß unſere verleſene vorhabende Wort ge-
nommen ſeyn/ ſtrafft er ſie eben wegen deß Zancks vor Gericht/ da ſie einander
fuͤr die Heydniſche Obrigkeit zogen/ und ſagt/ ſie thaͤten beſſer/ wann ſie auß ih-
rem Mittel/ nemlich auß den Chriſten/ einen erwehleten/ der zwiſchen ihnen ein
Urtheil ſpreche; Ja/ er ſagt/ ſie ſolten ihnen lieber laſſen unrecht thun/ und ſich
laſſen vervortheilen/ als daß ſie mit einander fuͤr die unglaubige/ fuͤr die Heyd-
niſche Richter lauffen/ dann hiemit thuͤen ſie ſelbſten unrecht/ und das dazu an
in unſerm
Text:
Die Unge-
rechten/
den. Bruͤdern und Mit-Chriſten. Sagt darauf in unſern vorhabenden Wor-
ten: Wiſſet ihr nicht/ daß die Ungerechten werden das Reich
Gottes nicht ererben.
Das Woͤrtlein Ungerecht kan in unterſchiedli-
chem reſpect verſtanden werden: 1. Nach dem Geſetz/ wer nicht alle Wort deß
Goͤttlichen Geſetzes unzerbruͤchlich haͤlt und erfuͤllet/ der iſt ungerecht. Fuͤrs
2. nach dem Evangelio/ wer ſich nicht mit wahrem Glauben an den HErꝛn
Chriſtum haͤlt/ und ſeine vollkommene Gerechtigkeit ihme ſelbſten zueignet/ der
iſt auch ungerecht. 3. Nach dem Buͤrgerlichen gemeinen Leben/ Handel und
Wandel/ wer eintweder im Gericht wider die Rechten und Geſetz urtheilet;
oder auſſer dem Gericht/ nicht einem jeden gibt/ was ihm von Rechts wegen
gebuͤhrt/ oder ſonſten in Kauffen und Verkauffen/ und dergleichen Burgerli-
chen Contraͤcten/ Vertraͤg- und Handlungen den Naͤchſten betreugt und vervor-
theilt/ der iſt auch ungerecht. Und von dieſen allen/ ſonderlich aber von den
letzten/ das Burgerliche Weſen betreffend/ ſagt allhie S. Paulus/ ſie werden

das
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[1006/1076] Die CIV Laſter-Predigt/ Seiten auß beyden Meeren die Schiff pflegten anzukommen/ daher allerley Handtierung und Kauffmannſchafften daſelbſt ſtarck getrieben wurden. Jn dieſer Statt Corinth hatte ſich S. Paulus anderthalb Jahr aufgehalten bey Aquila einem Teppichmacher/ bey deme er/ weil er gleiches Handwercks war/ gearbeitet/ daneben gieng er alle Sabbather in die Schul/ und lehrete offent- lich beyde die Juden und Griechen/ und bekehret viel Leut zu Chriſto. Geſch. 18. Als er nun dem HERRN CHriſto eine feine Gemein daſelbſten geſammelt/ riſſen nachgehends in ſeinem Abweſen/ nicht allein durch Liſt der falſchen Apo- ſtel allerley Ketzereien ein/ und unter ihnen ſelbſten gab es Spaltungen in der Lehr und Kirchen-Ceremonien/ ſondern wie es in groſſen Staͤtten zugehet/ gien- gen auch groſſe Suͤnden und Laſter im Schwang/ als Fuͤllerey/ Hurerey/ Blutſchand/ Zanck/ Geitz/ ſonderlich aber bey ihrem groſſen Gewerb und Kauffmanſchafft/ war die Ungerechtigkeit ſehr groß/ wann ſie einen Contract mit einander getroffen/ hielten ſie nicht alle Treu und Glauben/ oder es ſahe je einer/ wie er den andern im Kauffen und Verkauffen mit verfaͤlſchter Wahr/ Maß/ Elen und Gewicht uͤberliſten und verfortheilen/ oder da ſie daruͤber zu ſtreiten kamen/ und ſich nicht ſelber vergleichen konnten/ vor der Heydniſchen Obrigkeit eines verſetzen moͤchte. Dardurch ward Paulus bewegt ihnen zwo beſondere Epiſtlen zu ſchreiben/ in deren erſten/ er ſie ernſtlich und unterſchied- lich ſtraffet/ und zwar c. 6. Darauß unſere verleſene vorhabende Wort ge- nommen ſeyn/ ſtrafft er ſie eben wegen deß Zancks vor Gericht/ da ſie einander fuͤr die Heydniſche Obrigkeit zogen/ und ſagt/ ſie thaͤten beſſer/ wann ſie auß ih- rem Mittel/ nemlich auß den Chriſten/ einen erwehleten/ der zwiſchen ihnen ein Urtheil ſpreche; Ja/ er ſagt/ ſie ſolten ihnen lieber laſſen unrecht thun/ und ſich laſſen vervortheilen/ als daß ſie mit einander fuͤr die unglaubige/ fuͤr die Heyd- niſche Richter lauffen/ dann hiemit thuͤen ſie ſelbſten unrecht/ und das dazu an den. Bruͤdern und Mit-Chriſten. Sagt darauf in unſern vorhabenden Wor- ten: Wiſſet ihr nicht/ daß die Ungerechten werden das Reich Gottes nicht ererben. Das Woͤrtlein Ungerecht kan in unterſchiedli- chem reſpect verſtanden werden: 1. Nach dem Geſetz/ wer nicht alle Wort deß Goͤttlichen Geſetzes unzerbruͤchlich haͤlt und erfuͤllet/ der iſt ungerecht. Fuͤrs 2. nach dem Evangelio/ wer ſich nicht mit wahrem Glauben an den HErꝛn Chriſtum haͤlt/ und ſeine vollkommene Gerechtigkeit ihme ſelbſten zueignet/ der iſt auch ungerecht. 3. Nach dem Buͤrgerlichen gemeinen Leben/ Handel und Wandel/ wer eintweder im Gericht wider die Rechten und Geſetz urtheilet; oder auſſer dem Gericht/ nicht einem jeden gibt/ was ihm von Rechts wegen gebuͤhrt/ oder ſonſten in Kauffen und Verkauffen/ und dergleichen Burgerli- chen Contraͤcten/ Vertraͤg- und Handlungen den Naͤchſten betreugt und vervor- theilt/ der iſt auch ungerecht. Und von dieſen allen/ ſonderlich aber von den letzten/ das Burgerliche Weſen betreffend/ ſagt allhie S. Paulus/ ſie werden das prediget S. Paulus/ und ſchreibt ih- nen/ in unſerm Text: Die Unge- rechten/

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 1006. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/1076>, abgerufen am 23.11.2024.