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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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von der Unbarmhertzigkeit.
Erklärung deß Texts.

DEmnach uns der Apostel Jacobus in den vorher-gehenden Worten
das Göttliche/ und wie er es nennet/ das Königliche Gesetz ins ge-
mein vorgehalten/ dessen Summa ist: Liebe deinen Nächsten als
dich selbst Und darbey angezeiget/ wer das übertrette/ der soll von
dem Gesetz/ als ein Ubertretter gerichtet und gestraffet werden. So kommt er
jetzo insonderheit auf die Unbarmhertzigen/ und saget in unsern vorgenomme-
nen Text-Worten: Es wird aber ein unbarmhertzig Gericht über
den gehen/ der nicht Barmhertzigkeit gethan hat.
UnbarmhertzigUber die
Unbarm-
hertzigen/

seyn die jenigen/ welche deß Nächsten Unfall und Unglück/ Elend und
Dürfftigkeit nicht mögen ansehen/ mögen nichts darvon hören und wissen/
oder da sie zwar solches wissen und sehen/ dannoch ihr Hertz gegen ihnen also
verhärten/ daß sie sich zu keinem Mit-Leiden bewegen lassen/ dem Nächsten
zu dienen/ sondern ihn in seinem zugestandenen Elend Rath-Trost- und
Hülff-loß verligen und verderben lassen/ oder wol gar/ wider alles Verschul-
den und Verdienen selbsten zufahren/ ihm an Haab und Gut/ oder an Leib
und Leben Schaden thun/ und wie die Tyrannen tractiren und halten.
Solchen Unbarmhertzigen drohet Jacobus allhier das Gericht/ sie sollen inwird ein un-
barmhertzig
Gericht ge-
hen.

diesem Leben nach dem Gesetz gerichtet/ und mit GOttes gerechten Straffen
beleget werden/ sollen am Jüngsten Tag auferstehen und hervor gehen zum
Gericht/ Joh. 5. sollen vor den Richter-Stuhl Christigestellet werden/ allda
sie ihres Thuns und Lassens halben Rechenschafft geben/ und empfahen sollen/
nach dem sie gehandelt haben bey Leibes Leben/ 2. Cor. 5. Und zwar sagt Ja-
cobus von einem unbarmhertzigen Gericht/ es werde ein schweres/ hartes/
strenges/ unbarmhertzig Gericht über sie gehen/ es werde ihnen Glei-
ches mit Gleichem vergolten werden/ und wie sie unbarmhertzig mit ihrem
Nächsten gehandelt haben/ also werden sie auch mit Unbarmhertzigkeit gerich-
tet/ und darauf von den Höllischen Peinigern ewiglich gemartert und gequä-
let werden.

Lehr.

HJer haben wir nun von einem andern Laster/ das eigentlich auf denLehr.
Ein Christ
soll nicht un-
barmhertzig
seyn gegen
seinen Näch-
sten/ weil es
ein

Nächsten siehet und gehet/ zu reden/ und darfür zu warnen/ das heisset
Immisericordia, die Unbarmhertzigkeit/ daß sich ein Christ ge-
gen seinem Nächsten nicht unbarmhertzig erzeigen solle/ welches dann
geschehen soll vornemlich um nachfolgende vier Ursachen willen.

I. Soll ein Christ nicht unbarmhertzig seyn gegen seinem Nächsten/
weil die Unbarmhertzigkeit ein Ungöttlich Laster ist. Ungöttlich/ dann

GOtt
K k k k k k 3
von der Unbarmhertzigkeit.
Erklaͤrung deß Texts.

DEmnach uns der Apoſtel Jacobus in den vorher-gehenden Worten
das Goͤttliche/ und wie er es nennet/ das Koͤnigliche Geſetz ins ge-
mein vorgehalten/ deſſen Summa iſt: Liebe deinen Naͤchſten als
dich ſelbſt Und darbey angezeiget/ wer das uͤbertrette/ der ſoll von
dem Geſetz/ als ein Ubertretter gerichtet und geſtraffet werden. So kommt er
jetzo inſonderheit auf die Unbarmhertzigen/ und ſaget in unſern vorgenomme-
nen Text-Worten: Es wird aber ein unbarmhertzig Gericht uͤber
den gehen/ der nicht Barmhertzigkeit gethan hat.
UnbarmhertzigUber die
Unbarm-
hertzigen/

ſeyn die jenigen/ welche deß Naͤchſten Unfall und Ungluͤck/ Elend und
Duͤrfftigkeit nicht moͤgen anſehen/ moͤgen nichts darvon hoͤren und wiſſen/
oder da ſie zwar ſolches wiſſen und ſehen/ dannoch ihr Hertz gegen ihnen alſo
verhaͤrten/ daß ſie ſich zu keinem Mit-Leiden bewegen laſſen/ dem Naͤchſten
zu dienen/ ſondern ihn in ſeinem zugeſtandenen Elend Rath-Troſt- und
Huͤlff-loß verligen und verderben laſſen/ oder wol gar/ wider alles Verſchul-
den und Verdienen ſelbſten zufahren/ ihm an Haab und Gut/ oder an Leib
und Leben Schaden thun/ und wie die Tyrannen tractiren und halten.
Solchen Unbarmhertzigen drohet Jacobus allhier das Gericht/ ſie ſollen inwird ein un-
barmhertzig
Gericht ge-
hen.

dieſem Leben nach dem Geſetz gerichtet/ und mit GOttes gerechten Straffen
beleget werden/ ſollen am Juͤngſten Tag auferſtehen und hervor gehen zum
Gericht/ Joh. 5. ſollen vor den Richter-Stuhl Chriſtigeſtellet werden/ allda
ſie ihres Thuns und Laſſens halben Rechenſchafft geben/ und empfahen ſollen/
nach dem ſie gehandelt haben bey Leibes Leben/ 2. Cor. 5. Und zwar ſagt Ja-
cobus von einem unbarmhertzigen Gericht/ es werde ein ſchweres/ hartes/
ſtrenges/ unbarmhertzig Gericht uͤber ſie gehen/ es werde ihnen Glei-
ches mit Gleichem vergolten werden/ und wie ſie unbarmhertzig mit ihrem
Naͤchſten gehandelt haben/ alſo werden ſie auch mit Unbarmhertzigkeit gerich-
tet/ und darauf von den Hoͤlliſchen Peinigern ewiglich gemartert und gequaͤ-
let werden.

Lehr.

HJer haben wir nun von einem andern Laſter/ das eigentlich auf denLehr.
Ein Chriſt
ſoll nicht un-
barmhertzig
ſeyn gegen
ſeinen Naͤch-
ſten/ weil es
ein

Naͤchſten ſiehet und gehet/ zu reden/ und darfuͤr zu warnen/ das heiſſet
Immiſericordia, die Unbarmhertzigkeit/ daß ſich ein Chriſt ge-
gen ſeinem Naͤchſten nicht unbarmhertzig erzeigen ſolle/ welches dann
geſchehen ſoll vornemlich um nachfolgende vier Urſachen willen.

I. Soll ein Chriſt nicht unbarmhertzig ſeyn gegen ſeinem Naͤchſten/
weil die Unbarmhertzigkeit ein Ungoͤttlich Laſter iſt. Ungoͤttlich/ dann

GOtt
K k k k k k 3
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[997/1067] von der Unbarmhertzigkeit. Erklaͤrung deß Texts. DEmnach uns der Apoſtel Jacobus in den vorher-gehenden Worten das Goͤttliche/ und wie er es nennet/ das Koͤnigliche Geſetz ins ge- mein vorgehalten/ deſſen Summa iſt: Liebe deinen Naͤchſten als dich ſelbſt Und darbey angezeiget/ wer das uͤbertrette/ der ſoll von dem Geſetz/ als ein Ubertretter gerichtet und geſtraffet werden. So kommt er jetzo inſonderheit auf die Unbarmhertzigen/ und ſaget in unſern vorgenomme- nen Text-Worten: Es wird aber ein unbarmhertzig Gericht uͤber den gehen/ der nicht Barmhertzigkeit gethan hat. Unbarmhertzig ſeyn die jenigen/ welche deß Naͤchſten Unfall und Ungluͤck/ Elend und Duͤrfftigkeit nicht moͤgen anſehen/ moͤgen nichts darvon hoͤren und wiſſen/ oder da ſie zwar ſolches wiſſen und ſehen/ dannoch ihr Hertz gegen ihnen alſo verhaͤrten/ daß ſie ſich zu keinem Mit-Leiden bewegen laſſen/ dem Naͤchſten zu dienen/ ſondern ihn in ſeinem zugeſtandenen Elend Rath-Troſt- und Huͤlff-loß verligen und verderben laſſen/ oder wol gar/ wider alles Verſchul- den und Verdienen ſelbſten zufahren/ ihm an Haab und Gut/ oder an Leib und Leben Schaden thun/ und wie die Tyrannen tractiren und halten. Solchen Unbarmhertzigen drohet Jacobus allhier das Gericht/ ſie ſollen in dieſem Leben nach dem Geſetz gerichtet/ und mit GOttes gerechten Straffen beleget werden/ ſollen am Juͤngſten Tag auferſtehen und hervor gehen zum Gericht/ Joh. 5. ſollen vor den Richter-Stuhl Chriſtigeſtellet werden/ allda ſie ihres Thuns und Laſſens halben Rechenſchafft geben/ und empfahen ſollen/ nach dem ſie gehandelt haben bey Leibes Leben/ 2. Cor. 5. Und zwar ſagt Ja- cobus von einem unbarmhertzigen Gericht/ es werde ein ſchweres/ hartes/ ſtrenges/ unbarmhertzig Gericht uͤber ſie gehen/ es werde ihnen Glei- ches mit Gleichem vergolten werden/ und wie ſie unbarmhertzig mit ihrem Naͤchſten gehandelt haben/ alſo werden ſie auch mit Unbarmhertzigkeit gerich- tet/ und darauf von den Hoͤlliſchen Peinigern ewiglich gemartert und gequaͤ- let werden. Uber die Unbarm- hertzigen/ wird ein un- barmhertzig Gericht ge- hen. Lehr. HJer haben wir nun von einem andern Laſter/ das eigentlich auf den Naͤchſten ſiehet und gehet/ zu reden/ und darfuͤr zu warnen/ das heiſſet Immiſericordia, die Unbarmhertzigkeit/ daß ſich ein Chriſt ge- gen ſeinem Naͤchſten nicht unbarmhertzig erzeigen ſolle/ welches dann geſchehen ſoll vornemlich um nachfolgende vier Urſachen willen. Lehr. Ein Chriſt ſoll nicht un- barmhertzig ſeyn gegen ſeinen Naͤch- ſten/ weil es ein I. Soll ein Chriſt nicht unbarmhertzig ſeyn gegen ſeinem Naͤchſten/ weil die Unbarmhertzigkeit ein Ungoͤttlich Laſter iſt. Ungoͤttlich/ dann GOtt K k k k k k 3

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 997. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/1067>, abgerufen am 21.11.2024.