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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Doktorin Rintel -- mein Vater ist der Direktor der
Singakademie Zelter! -- Bethmann, ein Freund meines
Mannes, hat Sie uns empfohlen. Er kam vor seiner
schnellen Abreise noch athemlos gerannt, um dies Brief¬
chen für Sie einzuhändigen. Recht viel Liebes haben
wir von der Süddeutschen vernommen; nach Kräften
werden wir Ihnen beistehen!"

Da erschien mir Berlin doch schon in einem rosigeren
Lichte. Wir waren nicht mehr verlassen; gute, liebe
Menschen wollten sich unserer annehmen ...

Bethmann schrieb: "Um Ihretwillen, liebes Fräu¬
lein, bedaure ich hauptsächlich, Berlin so schnell verlassen
zu müssen! Denn Sie sind unstreitig von den Mitglie¬
dern die Unerfahrenste im Theater-Treiben. Doch nur
muthig vorwärts! -- Talent, Jugend und ernstes, eifriges
Streben werden auch Ihnen helfen, im neuen Kunst¬
tempel Fuß zu fassen. Vor dem Herbst kehre ich wieder
und stelle Sie meinen ehemaligen Kollegen von der könig¬
lichen Bühne vor ..."

Wie heimisch fühlten wir uns gleich bei Rintels,
wie ungenirt plauderten wir zusammen, so vertrauens¬
voll, als sei es nicht das erste Mal, daß wir am Fami¬
lientisch mit ihnen Kaffee tränken. Des Doktors sanftes,
würdiges Wesen beruhigte und flößte Sympathie ein.
Das liebenswürdige Paar bestätigte die Versicherung
Bethmann's, daß die Berliner mit Ungeduld der Er¬
öffnung des Königstädter Theaters -- damals der ein¬
zigen Bühne neben der königlichen -- entgegensähen,

Doktorin Rintel — mein Vater iſt der Direktor der
Singakademie Zelter! — Bethmann, ein Freund meines
Mannes, hat Sie uns empfohlen. Er kam vor ſeiner
ſchnellen Abreiſe noch athemlos gerannt, um dies Brief¬
chen für Sie einzuhändigen. Recht viel Liebes haben
wir von der Süddeutſchen vernommen; nach Kräften
werden wir Ihnen beiſtehen!«

Da erſchien mir Berlin doch ſchon in einem roſigeren
Lichte. Wir waren nicht mehr verlaſſen; gute, liebe
Menſchen wollten ſich unſerer annehmen …

Bethmann ſchrieb: »Um Ihretwillen, liebes Fräu¬
lein, bedaure ich hauptſächlich, Berlin ſo ſchnell verlaſſen
zu müſſen! Denn Sie ſind unſtreitig von den Mitglie¬
dern die Unerfahrenſte im Theater-Treiben. Doch nur
muthig vorwärts! — Talent, Jugend und ernſtes, eifriges
Streben werden auch Ihnen helfen, im neuen Kunſt¬
tempel Fuß zu faſſen. Vor dem Herbſt kehre ich wieder
und ſtelle Sie meinen ehemaligen Kollegen von der könig¬
lichen Bühne vor …«

Wie heimiſch fühlten wir uns gleich bei Rintels,
wie ungenirt plauderten wir zuſammen, ſo vertrauens¬
voll, als ſei es nicht das erſte Mal, daß wir am Fami¬
lientiſch mit ihnen Kaffee tränken. Des Doktors ſanftes,
würdiges Weſen beruhigte und flößte Sympathie ein.
Das liebenswürdige Paar beſtätigte die Verſicherung
Bethmann's, daß die Berliner mit Ungeduld der Er¬
öffnung des Königſtädter Theaters — damals der ein¬
zigen Bühne neben der königlichen — entgegenſähen,

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[37/0065] Doktorin Rintel — mein Vater iſt der Direktor der Singakademie Zelter! — Bethmann, ein Freund meines Mannes, hat Sie uns empfohlen. Er kam vor ſeiner ſchnellen Abreiſe noch athemlos gerannt, um dies Brief¬ chen für Sie einzuhändigen. Recht viel Liebes haben wir von der Süddeutſchen vernommen; nach Kräften werden wir Ihnen beiſtehen!« Da erſchien mir Berlin doch ſchon in einem roſigeren Lichte. Wir waren nicht mehr verlaſſen; gute, liebe Menſchen wollten ſich unſerer annehmen … Bethmann ſchrieb: »Um Ihretwillen, liebes Fräu¬ lein, bedaure ich hauptſächlich, Berlin ſo ſchnell verlaſſen zu müſſen! Denn Sie ſind unſtreitig von den Mitglie¬ dern die Unerfahrenſte im Theater-Treiben. Doch nur muthig vorwärts! — Talent, Jugend und ernſtes, eifriges Streben werden auch Ihnen helfen, im neuen Kunſt¬ tempel Fuß zu faſſen. Vor dem Herbſt kehre ich wieder und ſtelle Sie meinen ehemaligen Kollegen von der könig¬ lichen Bühne vor …« Wie heimiſch fühlten wir uns gleich bei Rintels, wie ungenirt plauderten wir zuſammen, ſo vertrauens¬ voll, als ſei es nicht das erſte Mal, daß wir am Fami¬ lientiſch mit ihnen Kaffee tränken. Des Doktors ſanftes, würdiges Weſen beruhigte und flößte Sympathie ein. Das liebenswürdige Paar beſtätigte die Verſicherung Bethmann's, daß die Berliner mit Ungeduld der Er¬ öffnung des Königſtädter Theaters — damals der ein¬ zigen Bühne neben der königlichen — entgegenſähen,

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/65>, abgerufen am 24.11.2024.