zehnjährige Kind in Wranitzky's jetzt vergessener Oper "Oberon" in der Titelrolle zum ersten Male die Bühne. Der Erfolg des seltenen Kindes entschied für ein Künstler¬ leben. Mit fünfzehn Jahren war Amalie Mitglied des Karlsruher Hoftheaters, Anfangs nur in kleinen Opern¬ partieen thätig. Ein Jahr darauf heirathete sie den Schauspieler Neumann und trat ihre erste glänzende Gast¬ spielreise durch Deutschland an. Aus einem zweiten Gast¬ spiel in Berlin im Jahr 1824 schrieb mir Amalie Wolff, Goethe's geliebte Schülerin und die damals geistreichste Künstlerin der Berliner Hofbühne, über die bezaubernde Persönlichkeit von Amalie Neumann: "Ein Wesen, wie eine verkleidete Prinzessin anzusehen, trat zu mir in's Zimmer, strahlend wie die Frühlingsgöttin in blühender Schönheit. Hellblauer Mousselin umwallte die etwas zu volle und gedrungene, aber doch zierliche Gestalt. Ein runder italienischer Strohhut mit weißem Band, wie ihn die englischen Touristinnen tragen, beschattete reiche hell¬ blonde Locken. Vergißmeinnicht-Augen blickten mich schelmisch-freundlich an. Griechisches Profil, purpurrother lieblicher Mund, Grübchen in den Wangen, rosig ange¬ haucht -- sanfte, wohlklingende Stimme ... so bezaubernd die ganze Erscheinung, daß ich vor staunender Bewunderung kaum zu antworten vermochte!"
Wenn eine Kollegin -- eine Rivalin in solche Be¬ geisterung ausbricht: ist es da zu verwundern, wenn in jener Zeit des Theaterenthusiasmus die ganze junge und alte Männerwelt bei Amalie Neumann's Gastrollen fast
zehnjährige Kind in Wranitzky's jetzt vergeſſener Oper »Oberon« in der Titelrolle zum erſten Male die Bühne. Der Erfolg des ſeltenen Kindes entſchied für ein Künſtler¬ leben. Mit fünfzehn Jahren war Amalie Mitglied des Karlsruher Hoftheaters, Anfangs nur in kleinen Opern¬ partieen thätig. Ein Jahr darauf heirathete ſie den Schauſpieler Neumann und trat ihre erſte glänzende Gaſt¬ ſpielreiſe durch Deutſchland an. Aus einem zweiten Gaſt¬ ſpiel in Berlin im Jahr 1824 ſchrieb mir Amalie Wolff, Goethe's geliebte Schülerin und die damals geiſtreichſte Künſtlerin der Berliner Hofbühne, über die bezaubernde Perſönlichkeit von Amalie Neumann: »Ein Weſen, wie eine verkleidete Prinzeſſin anzuſehen, trat zu mir in's Zimmer, ſtrahlend wie die Frühlingsgöttin in blühender Schönheit. Hellblauer Mouſſelin umwallte die etwas zu volle und gedrungene, aber doch zierliche Geſtalt. Ein runder italieniſcher Strohhut mit weißem Band, wie ihn die engliſchen Touriſtinnen tragen, beſchattete reiche hell¬ blonde Locken. Vergißmeinnicht-Augen blickten mich ſchelmiſch-freundlich an. Griechiſches Profil, purpurrother lieblicher Mund, Grübchen in den Wangen, roſig ange¬ haucht — ſanfte, wohlklingende Stimme … ſo bezaubernd die ganze Erſcheinung, daß ich vor ſtaunender Bewunderung kaum zu antworten vermochte!«
Wenn eine Kollegin — eine Rivalin in ſolche Be¬ geiſterung ausbricht: iſt es da zu verwundern, wenn in jener Zeit des Theaterenthuſiasmus die ganze junge und alte Männerwelt bei Amalie Neumann's Gaſtrollen faſt
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zehnjährige Kind in Wranitzky's jetzt vergeſſener Oper
»Oberon« in der Titelrolle zum erſten Male die Bühne.
Der Erfolg des ſeltenen Kindes entſchied für ein Künſtler¬
leben. Mit fünfzehn Jahren war Amalie Mitglied des
Karlsruher Hoftheaters, Anfangs nur in kleinen Opern¬
partieen thätig. Ein Jahr darauf heirathete ſie den
Schauſpieler Neumann und trat ihre erſte glänzende Gaſt¬
ſpielreiſe durch Deutſchland an. Aus einem zweiten Gaſt¬
ſpiel in Berlin im Jahr 1824 ſchrieb mir Amalie Wolff,
Goethe's geliebte Schülerin und die damals geiſtreichſte
Künſtlerin der Berliner Hofbühne, über die bezaubernde
Perſönlichkeit von Amalie Neumann: »Ein Weſen, wie
eine verkleidete Prinzeſſin anzuſehen, trat zu mir in's
Zimmer, ſtrahlend wie die Frühlingsgöttin in blühender
Schönheit. Hellblauer Mouſſelin umwallte die etwas zu
volle und gedrungene, aber doch zierliche Geſtalt. Ein
runder italieniſcher Strohhut mit weißem Band, wie ihn
die engliſchen Touriſtinnen tragen, beſchattete reiche hell¬
blonde Locken. Vergißmeinnicht-Augen blickten mich
ſchelmiſch-freundlich an. Griechiſches Profil, purpurrother
lieblicher Mund, Grübchen in den Wangen, roſig ange¬
haucht — ſanfte, wohlklingende Stimme … ſo bezaubernd
die ganze Erſcheinung, daß ich vor ſtaunender Bewunderung
kaum zu antworten vermochte!«
Wenn eine Kollegin — eine Rivalin in ſolche Be¬
geiſterung ausbricht: iſt es da zu verwundern, wenn in
jener Zeit des Theaterenthuſiasmus die ganze junge und
alte Männerwelt bei Amalie Neumann's Gaſtrollen faſt
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/51>, abgerufen am 22.11.2024.
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