und Bouquets gesehen, die für Lola Montez bestimmt waren. Durften die Herren Ehemänner der Tänzerin nicht öffentlich huldigen? Ich erfuhr, daß die Blumen für den zweiten Tanz aufgespart waren. Aber -- Lola Montez wollte nicht mehr tanzen vor so undankbaren Barbaren! Das sagte mir der Intendant v. Lüttichau sehr aufgeregt. Ich war auf dem Wege nach dem Konversationszimmer und trug meine beiden kleinen Wachtelhunde auf dem Arm, mit denen Fräulein Berg im zweiten Akt als überschwengliche Hundefreundin er¬ scheinen sollte. "Sie müssen mir beistehen, den Trotzkopf zur Raison zu bringen!" fuhr der Intendant fort. "Mein Latein ist zu Ende und an Ihnen hat der Kobold ja einen Narren gefressen. Mußte ich ihr doch versprechen, morgen schon wieder ein Lustspiel zu geben, in dem Sie auf¬ treten. Nein, so ein unerzogenes, ungezogenes Fräulein ist mir auf den Brettern noch nicht vorgekommen -- -- da sehen Sie selber ..." und damit öffnete Herr von Lüttichau die Thür zur Garderobe der Tänzerin.
Das war allerdings ein urkomisches Bild, das sich uns im Rahmen der Thür bot. In der Mitte stand Lola Montez in ihrem winzigen spanischen Balletkostüm; die Hände auf den Toilettentisch gestützt, hüpfte sie mit beiden Füßen zugleich wild in die Höhe, wie ein Schul¬ kind, und schlug dabei trotz des mobilsten jungen Fohlens hintenaus ... und im Halbkreise und respektvollster Entfernung -- von wegen des Hintenausschlagens -- umstanden sie mit trübseligen, rathlosen Mienen die
und Bouquets geſehen, die für Lola Montez beſtimmt waren. Durften die Herren Ehemänner der Tänzerin nicht öffentlich huldigen? Ich erfuhr, daß die Blumen für den zweiten Tanz aufgeſpart waren. Aber — Lola Montez wollte nicht mehr tanzen vor ſo undankbaren Barbaren! Das ſagte mir der Intendant v. Lüttichau ſehr aufgeregt. Ich war auf dem Wege nach dem Konverſationszimmer und trug meine beiden kleinen Wachtelhunde auf dem Arm, mit denen Fräulein Berg im zweiten Akt als überſchwengliche Hundefreundin er¬ ſcheinen ſollte. »Sie müſſen mir beiſtehen, den Trotzkopf zur Raiſon zu bringen!« fuhr der Intendant fort. »Mein Latein iſt zu Ende und an Ihnen hat der Kobold ja einen Narren gefreſſen. Mußte ich ihr doch verſprechen, morgen ſchon wieder ein Luſtſpiel zu geben, in dem Sie auf¬ treten. Nein, ſo ein unerzogenes, ungezogenes Fräulein iſt mir auf den Brettern noch nicht vorgekommen — — da ſehen Sie ſelber …« und damit öffnete Herr von Lüttichau die Thür zur Garderobe der Tänzerin.
Das war allerdings ein urkomiſches Bild, das ſich uns im Rahmen der Thür bot. In der Mitte ſtand Lola Montez in ihrem winzigen ſpaniſchen Balletkoſtüm; die Hände auf den Toilettentiſch geſtützt, hüpfte ſie mit beiden Füßen zugleich wild in die Höhe, wie ein Schul¬ kind, und ſchlug dabei trotz des mobilſten jungen Fohlens hintenaus … und im Halbkreiſe und reſpektvollſter Entfernung — von wegen des Hintenausſchlagens — umſtanden ſie mit trübſeligen, rathloſen Mienen die
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und Bouquets geſehen, die für Lola Montez beſtimmt
waren. Durften die Herren Ehemänner der Tänzerin
nicht öffentlich huldigen? Ich erfuhr, daß die Blumen
für den zweiten Tanz aufgeſpart waren. Aber — Lola
Montez wollte nicht mehr tanzen vor ſo undankbaren
Barbaren! Das ſagte mir der Intendant v. Lüttichau
ſehr aufgeregt. Ich war auf dem Wege nach dem
Konverſationszimmer und trug meine beiden kleinen
Wachtelhunde auf dem Arm, mit denen Fräulein Berg
im zweiten Akt als überſchwengliche Hundefreundin er¬
ſcheinen ſollte. »Sie müſſen mir beiſtehen, den Trotzkopf
zur Raiſon zu bringen!« fuhr der Intendant fort.
»Mein Latein iſt zu Ende und an Ihnen hat der Kobold
ja einen Narren gefreſſen. Mußte ich ihr doch verſprechen,
morgen ſchon wieder ein Luſtſpiel zu geben, in dem Sie auf¬
treten. Nein, ſo ein unerzogenes, ungezogenes Fräulein
iſt mir auf den Brettern noch nicht vorgekommen — —
da ſehen Sie ſelber …« und damit öffnete Herr von
Lüttichau die Thür zur Garderobe der Tänzerin.
Das war allerdings ein urkomiſches Bild, das ſich
uns im Rahmen der Thür bot. In der Mitte ſtand
Lola Montez in ihrem winzigen ſpaniſchen Balletkoſtüm;
die Hände auf den Toilettentiſch geſtützt, hüpfte ſie mit
beiden Füßen zugleich wild in die Höhe, wie ein Schul¬
kind, und ſchlug dabei trotz des mobilſten jungen Fohlens
hintenaus … und im Halbkreiſe und reſpektvollſter
Entfernung — von wegen des Hintenausſchlagens —
umſtanden ſie mit trübſeligen, rathloſen Mienen die
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/482>, abgerufen am 22.11.2024.
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