Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Prinzessinnen Auguste und Amalie waren
Stammgäste im alten Komödienhause. Wir vermißten
sie sogleich, wenn ihre Plätze mal leer blieben. Besonders
trat uns Prinzessin Amalie näher als talent- und ge¬
müthvolle Verfasserin vieler trefflicher bürgerlicher Schau-
und Lustspiele. Und Jeder von uns that redlich das
Seine, diese Schöpfungen der bescheidenen Prinzessin
auch bühnenwirksam zu gestalten. Jeder Beifall des
Publikums freute uns für die fürstliche Dichterin. Vor
Kurzem ist sie still gestorben, wie sie still gelebt hatte.

Und dann kam ein wehmütiger Abend. Es war
der 31. März 1841. Es wurde zum letzten Mal auf
der kleinen, häßlichen -- lieben Bühne gespielt. Das
alte Komödienhaus war mit der Zeit doch zu eng, zu
unschön, zu altmodisch für die fröhliche, glänzende Welt-
und Kunststadt Dresden geworden. Schon im Jahre
1838 war der Grundstein zu einem neuen Schauspiel¬
hause gelegt, wenige hundert Schritt von dem alten
entfernt, und in drei Jahren hatte Meister Semper
den prächtigen, großen, schönen Kunsttempel erbaut, der
28 Jahre lang Dresdens Stolz und Freude und -- --
am 21. September 1869 ein Opfer der Flammen wurde.

Minna von Barnhelm war das letzte Stück. Dann
sprach unser Veteran Burmeister einen ergreifenden Epilog
in dem alten Hause. Uns Mitspielenden war zu Muth,
wie Kindern beim Abschied aus dem lieben Vaterhause.

Und bald darauf, am 12. April 1841, fand
die festliche Eröffnung des neuen Hauses statt. Ganz

Die Prinzeſſinnen Auguſte und Amalie waren
Stammgäſte im alten Komödienhauſe. Wir vermißten
ſie ſogleich, wenn ihre Plätze mal leer blieben. Beſonders
trat uns Prinzeſſin Amalie näher als talent- und ge¬
müthvolle Verfaſſerin vieler trefflicher bürgerlicher Schau-
und Luſtſpiele. Und Jeder von uns that redlich das
Seine, dieſe Schöpfungen der beſcheidenen Prinzeſſin
auch bühnenwirkſam zu geſtalten. Jeder Beifall des
Publikums freute uns für die fürſtliche Dichterin. Vor
Kurzem iſt ſie ſtill geſtorben, wie ſie ſtill gelebt hatte.

Und dann kam ein wehmütiger Abend. Es war
der 31. März 1841. Es wurde zum letzten Mal auf
der kleinen, häßlichen — lieben Bühne geſpielt. Das
alte Komödienhaus war mit der Zeit doch zu eng, zu
unſchön, zu altmodiſch für die fröhliche, glänzende Welt-
und Kunſtſtadt Dresden geworden. Schon im Jahre
1838 war der Grundſtein zu einem neuen Schauſpiel¬
hauſe gelegt, wenige hundert Schritt von dem alten
entfernt, und in drei Jahren hatte Meiſter Semper
den prächtigen, großen, ſchönen Kunſttempel erbaut, der
28 Jahre lang Dresdens Stolz und Freude und — —
am 21. September 1869 ein Opfer der Flammen wurde.

Minna von Barnhelm war das letzte Stück. Dann
ſprach unſer Veteran Burmeiſter einen ergreifenden Epilog
in dem alten Hauſe. Uns Mitſpielenden war zu Muth,
wie Kindern beim Abſchied aus dem lieben Vaterhauſe.

Und bald darauf, am 12. April 1841, fand
die feſtliche Eröffnung des neuen Hauſes ſtatt. Ganz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0466" n="438"/>
        <p>Die Prinze&#x017F;&#x017F;innen Augu&#x017F;te und Amalie waren<lb/>
Stammgä&#x017F;te im alten Komödienhau&#x017F;e. Wir vermißten<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ogleich, wenn ihre Plätze mal leer blieben. Be&#x017F;onders<lb/>
trat uns Prinze&#x017F;&#x017F;in Amalie näher als talent- und ge¬<lb/>
müthvolle Verfa&#x017F;&#x017F;erin vieler trefflicher bürgerlicher Schau-<lb/>
und Lu&#x017F;t&#x017F;piele. Und Jeder von uns that redlich das<lb/>
Seine, die&#x017F;e Schöpfungen der be&#x017F;cheidenen Prinze&#x017F;&#x017F;in<lb/>
auch bühnenwirk&#x017F;am zu ge&#x017F;talten. Jeder Beifall des<lb/>
Publikums freute uns für die für&#x017F;tliche Dichterin. Vor<lb/>
Kurzem i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;till ge&#x017F;torben, wie &#x017F;ie &#x017F;till gelebt hatte.</p><lb/>
        <p>Und dann kam ein wehmütiger Abend. Es war<lb/>
der 31. März 1841. Es wurde zum letzten Mal auf<lb/>
der kleinen, häßlichen &#x2014; lieben Bühne ge&#x017F;pielt. Das<lb/>
alte Komödienhaus war mit der Zeit doch zu eng, zu<lb/>
un&#x017F;chön, zu altmodi&#x017F;ch für die fröhliche, glänzende Welt-<lb/>
und Kun&#x017F;t&#x017F;tadt Dresden geworden. Schon im Jahre<lb/>
1838 war der Grund&#x017F;tein zu einem neuen Schau&#x017F;piel¬<lb/>
hau&#x017F;e gelegt, wenige hundert Schritt von dem alten<lb/>
entfernt, und in drei Jahren hatte Mei&#x017F;ter Semper<lb/>
den prächtigen, großen, &#x017F;chönen Kun&#x017F;ttempel erbaut, der<lb/>
28 Jahre lang Dresdens Stolz und Freude und &#x2014; &#x2014;<lb/>
am 21. September 1869 ein Opfer der Flammen wurde.</p><lb/>
        <p>Minna von Barnhelm war das letzte Stück. Dann<lb/>
&#x017F;prach un&#x017F;er Veteran Burmei&#x017F;ter einen ergreifenden Epilog<lb/>
in dem alten Hau&#x017F;e. Uns Mit&#x017F;pielenden war zu Muth,<lb/>
wie Kindern beim Ab&#x017F;chied aus dem lieben Vaterhau&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Und bald darauf, am 12. April 1841, fand<lb/>
die fe&#x017F;tliche Eröffnung des neuen Hau&#x017F;es &#x017F;tatt. Ganz<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0466] Die Prinzeſſinnen Auguſte und Amalie waren Stammgäſte im alten Komödienhauſe. Wir vermißten ſie ſogleich, wenn ihre Plätze mal leer blieben. Beſonders trat uns Prinzeſſin Amalie näher als talent- und ge¬ müthvolle Verfaſſerin vieler trefflicher bürgerlicher Schau- und Luſtſpiele. Und Jeder von uns that redlich das Seine, dieſe Schöpfungen der beſcheidenen Prinzeſſin auch bühnenwirkſam zu geſtalten. Jeder Beifall des Publikums freute uns für die fürſtliche Dichterin. Vor Kurzem iſt ſie ſtill geſtorben, wie ſie ſtill gelebt hatte. Und dann kam ein wehmütiger Abend. Es war der 31. März 1841. Es wurde zum letzten Mal auf der kleinen, häßlichen — lieben Bühne geſpielt. Das alte Komödienhaus war mit der Zeit doch zu eng, zu unſchön, zu altmodiſch für die fröhliche, glänzende Welt- und Kunſtſtadt Dresden geworden. Schon im Jahre 1838 war der Grundſtein zu einem neuen Schauſpiel¬ hauſe gelegt, wenige hundert Schritt von dem alten entfernt, und in drei Jahren hatte Meiſter Semper den prächtigen, großen, ſchönen Kunſttempel erbaut, der 28 Jahre lang Dresdens Stolz und Freude und — — am 21. September 1869 ein Opfer der Flammen wurde. Minna von Barnhelm war das letzte Stück. Dann ſprach unſer Veteran Burmeiſter einen ergreifenden Epilog in dem alten Hauſe. Uns Mitſpielenden war zu Muth, wie Kindern beim Abſchied aus dem lieben Vaterhauſe. Und bald darauf, am 12. April 1841, fand die feſtliche Eröffnung des neuen Hauſes ſtatt. Ganz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/466
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/466>, abgerufen am 22.11.2024.