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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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es in der Pastete war, sah man erst, wenn die wenigen
Lichtchen angezündet waren. Aber wie spielte es sich in
diesem kleinen, engen, schmucklosen Hause! So traulich,
so natürlich, so ungeschminkt! Wir waren da mit dem
ungeputzten Publikum gleichsam unter uns, im Haus¬
kleide und wie zu Hause. Jede Unnatur, jedes manie¬
rirte Pathos, jede Effekthascherei wären in diesem engen
Rahmen geradezu lächerlich geworden. Nur ein einfaches,
edles Spiel war hier am Platze, und das hatte sich auch
schon seit Jahren in dem alten Hause eingebürgert und
wurde mit Pietät vererbt und gepflegt. Den Namen
"Komödienhaus" verdiente es, wie kaum ein anderes
Haus. Es war so recht die Bühne, der gemüthliche
Tummelplatz für Komödien, für Lustspiele und Konver¬
sationsstücke. Die wurden hier auch meisterhaft gegeben,
wie: "Stille Wasser sind tief" -- "Die gefährliche Tante"
-- "Das letzte Mittel" von Frau von Weißenthurn --
"Die Geschwister" von Raupach -- "Rubens in Madrid"
-- "Die Schule des Lebens" -- "Chevalier St. George"
-- "Noch ist es Zeit" -- und die Stücke der Prinzessin
Amalie: "Der Majoratsherr" -- "Der Landwirth" u. a.

Köstlich war Emil Devrient als Majoratsherr, be¬
sonders in der Szene, wo er mit Bärmann im Neben¬
zimmer ein Duo geigt und Beide geigend aus der Seiten¬
thür auf die Bühne treten und der Majoratsherr erregt
ausruft: "Aber Bärmann, Ihr geigt ja besinnungslos
immer fort, immer fort ..." bis er mich plötzlich vor
sich sieht und in reizender Verlegenheit Entschuldigungen

Erinnerungen etc. 28

es in der Paſtete war, ſah man erſt, wenn die wenigen
Lichtchen angezündet waren. Aber wie ſpielte es ſich in
dieſem kleinen, engen, ſchmuckloſen Hauſe! So traulich,
ſo natürlich, ſo ungeſchminkt! Wir waren da mit dem
ungeputzten Publikum gleichſam unter uns, im Haus¬
kleide und wie zu Hauſe. Jede Unnatur, jedes manie¬
rirte Pathos, jede Effekthaſcherei wären in dieſem engen
Rahmen geradezu lächerlich geworden. Nur ein einfaches,
edles Spiel war hier am Platze, und das hatte ſich auch
ſchon ſeit Jahren in dem alten Hauſe eingebürgert und
wurde mit Pietät vererbt und gepflegt. Den Namen
»Komödienhaus« verdiente es, wie kaum ein anderes
Haus. Es war ſo recht die Bühne, der gemüthliche
Tummelplatz für Komödien, für Luſtſpiele und Konver¬
ſationsſtücke. Die wurden hier auch meiſterhaft gegeben,
wie: »Stille Waſſer ſind tief« — »Die gefährliche Tante«
— »Das letzte Mittel« von Frau von Weißenthurn —
»Die Geſchwiſter« von Raupach — »Rubens in Madrid«
— »Die Schule des Lebens« — »Chevalier St. George«
— »Noch iſt es Zeit« — und die Stücke der Prinzeſſin
Amalie: »Der Majoratsherr« — »Der Landwirth« u. a.

Köſtlich war Emil Devrient als Majoratsherr, be¬
ſonders in der Szene, wo er mit Bärmann im Neben¬
zimmer ein Duo geigt und Beide geigend aus der Seiten¬
thür auf die Bühne treten und der Majoratsherr erregt
ausruft: »Aber Bärmann, Ihr geigt ja beſinnungslos
immer fort, immer fort …« bis er mich plötzlich vor
ſich ſieht und in reizender Verlegenheit Entſchuldigungen

Erinnerungen ꝛc. 28
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[433/0461] es in der Paſtete war, ſah man erſt, wenn die wenigen Lichtchen angezündet waren. Aber wie ſpielte es ſich in dieſem kleinen, engen, ſchmuckloſen Hauſe! So traulich, ſo natürlich, ſo ungeſchminkt! Wir waren da mit dem ungeputzten Publikum gleichſam unter uns, im Haus¬ kleide und wie zu Hauſe. Jede Unnatur, jedes manie¬ rirte Pathos, jede Effekthaſcherei wären in dieſem engen Rahmen geradezu lächerlich geworden. Nur ein einfaches, edles Spiel war hier am Platze, und das hatte ſich auch ſchon ſeit Jahren in dem alten Hauſe eingebürgert und wurde mit Pietät vererbt und gepflegt. Den Namen »Komödienhaus« verdiente es, wie kaum ein anderes Haus. Es war ſo recht die Bühne, der gemüthliche Tummelplatz für Komödien, für Luſtſpiele und Konver¬ ſationsſtücke. Die wurden hier auch meiſterhaft gegeben, wie: »Stille Waſſer ſind tief« — »Die gefährliche Tante« — »Das letzte Mittel« von Frau von Weißenthurn — »Die Geſchwiſter« von Raupach — »Rubens in Madrid« — »Die Schule des Lebens« — »Chevalier St. George« — »Noch iſt es Zeit« — und die Stücke der Prinzeſſin Amalie: »Der Majoratsherr« — »Der Landwirth« u. a. Köſtlich war Emil Devrient als Majoratsherr, be¬ ſonders in der Szene, wo er mit Bärmann im Neben¬ zimmer ein Duo geigt und Beide geigend aus der Seiten¬ thür auf die Bühne treten und der Majoratsherr erregt ausruft: »Aber Bärmann, Ihr geigt ja beſinnungslos immer fort, immer fort …« bis er mich plötzlich vor ſich ſieht und in reizender Verlegenheit Entſchuldigungen Erinnerungen ꝛc. 28

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/461>, abgerufen am 22.11.2024.