Ludwig Tieck erbot sich bei meinem Engagement in Dresden im Frühjahr 1835 freundlich, jede Rolle als Dramaturg mit mir durchzugehen, und erlaubte mir, nach jedem ersten Auftreten in einer neuen Rolle, sein kritisches Urtheil darüber einzuholen. "Auch sonst werden Sie mir immer herzlich willkommen sein, und meine alte Komödiantenerfahrung und mein väterlicher Rath stehen Ihnen jede Stunde offen. Ihr glückliches Gesicht, Ihr frohes Lachen erquicken mich. Also auf baldiges und oftmaliges Wiedersehen und gute Freundschaft!" -- sagte er mit seinem bezaubernden Lächeln und hielt mir seine schöne, alabasterweiße Hand hin.
Und ob ich einschlug? O, von Herzen gern, und mein ganzes volles, jubelndes Herz legte ich zugleich in diese liebenswürdige Hand. Ich war bezaubert von Ludwig Tieck. Ich liebte, ich bewunderte ihn, ich schwärmte für ihn. Und wie oft, wie unzählige Male bin ich über den Dresdener Altmarkt geeilt und in das liebe, alte
XI. Beim alten Dramaturgen.
Ludwig Tieck erbot ſich bei meinem Engagement in Dresden im Frühjahr 1835 freundlich, jede Rolle als Dramaturg mit mir durchzugehen, und erlaubte mir, nach jedem erſten Auftreten in einer neuen Rolle, ſein kritiſches Urtheil darüber einzuholen. »Auch ſonſt werden Sie mir immer herzlich willkommen ſein, und meine alte Komödiantenerfahrung und mein väterlicher Rath ſtehen Ihnen jede Stunde offen. Ihr glückliches Geſicht, Ihr frohes Lachen erquicken mich. Alſo auf baldiges und oftmaliges Wiederſehen und gute Freundſchaft!« — ſagte er mit ſeinem bezaubernden Lächeln und hielt mir ſeine ſchöne, alabaſterweiße Hand hin.
Und ob ich einſchlug? O, von Herzen gern, und mein ganzes volles, jubelndes Herz legte ich zugleich in dieſe liebenswürdige Hand. Ich war bezaubert von Ludwig Tieck. Ich liebte, ich bewunderte ihn, ich ſchwärmte für ihn. Und wie oft, wie unzählige Male bin ich über den Dresdener Altmarkt geeilt und in das liebe, alte
<TEI><text><body><pbfacs="#f0410"n="[382]"/><divn="1"><head><hirendition="#aq">XI</hi>.<lb/><hirendition="#b">Beim alten Dramaturgen.</hi><lb/></head><p><hirendition="#in">L</hi>udwig Tieck erbot ſich bei meinem Engagement in<lb/>
Dresden im Frühjahr 1835 freundlich, jede Rolle als<lb/>
Dramaturg mit mir durchzugehen, und erlaubte mir,<lb/>
nach jedem erſten Auftreten in einer neuen Rolle, ſein<lb/>
kritiſches Urtheil darüber einzuholen. »Auch ſonſt werden<lb/>
Sie mir immer herzlich willkommen ſein, und meine alte<lb/>
Komödiantenerfahrung und mein väterlicher Rath ſtehen<lb/>
Ihnen jede Stunde offen. Ihr glückliches Geſicht, Ihr<lb/>
frohes Lachen erquicken mich. Alſo auf baldiges und<lb/>
oftmaliges Wiederſehen und gute Freundſchaft!« —ſagte<lb/>
er mit ſeinem bezaubernden Lächeln und hielt mir ſeine<lb/>ſchöne, alabaſterweiße Hand hin.</p><lb/><p>Und ob ich einſchlug? O, von Herzen gern, und<lb/>
mein ganzes volles, jubelndes Herz legte ich zugleich in<lb/>
dieſe liebenswürdige Hand. Ich war bezaubert von<lb/>
Ludwig Tieck. Ich liebte, ich bewunderte ihn, ich ſchwärmte<lb/>
für ihn. Und wie oft, wie unzählige Male bin ich über<lb/>
den Dresdener Altmarkt geeilt und in das liebe, alte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[382]/0410]
XI.
Beim alten Dramaturgen.
Ludwig Tieck erbot ſich bei meinem Engagement in
Dresden im Frühjahr 1835 freundlich, jede Rolle als
Dramaturg mit mir durchzugehen, und erlaubte mir,
nach jedem erſten Auftreten in einer neuen Rolle, ſein
kritiſches Urtheil darüber einzuholen. »Auch ſonſt werden
Sie mir immer herzlich willkommen ſein, und meine alte
Komödiantenerfahrung und mein väterlicher Rath ſtehen
Ihnen jede Stunde offen. Ihr glückliches Geſicht, Ihr
frohes Lachen erquicken mich. Alſo auf baldiges und
oftmaliges Wiederſehen und gute Freundſchaft!« — ſagte
er mit ſeinem bezaubernden Lächeln und hielt mir ſeine
ſchöne, alabaſterweiße Hand hin.
Und ob ich einſchlug? O, von Herzen gern, und
mein ganzes volles, jubelndes Herz legte ich zugleich in
dieſe liebenswürdige Hand. Ich war bezaubert von
Ludwig Tieck. Ich liebte, ich bewunderte ihn, ich ſchwärmte
für ihn. Und wie oft, wie unzählige Male bin ich über
den Dresdener Altmarkt geeilt und in das liebe, alte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. [382]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/410>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.