Auch in dem kleinen Drama "Fluch und Segen" und besonders durch den damit verbundenen Vortrag von Schiller's "Glocke" hatte sie während ihres zwölf¬ maligen Gastspiels in Berlin den größten Erfolg.
Und doch hatte diese große Künstlerin eine Schwäche -- als Weib! Die hat sie oft und schwer büßen müssen.
Sie hatte in ihrer Jugend naive und sentimentale Liebhaberinnen gegeben. Es ward ihr schwer, sich von der "Jugend" zu trennen.
Einst erschien sie in Müller's "Schuld" als Elvira vor den Wienern. Zu ihrem Unglück hat Graf Hugo von dem Gürtel zu sprechen, den er um "Elvira's schlanken Leib" legen will ... und da lachten die lach¬ lustigen Wiener laut über die kleine, dicke, unschöne Elvira.
Und auch in Berlin sollte Sophie Schröder diese Weiberschwäche büßen.
Sie hatte darauf bestanden, die Maria Stuart zu spielen und nicht die Königin Elisabeth. In Berlin gab die schöne Auguste Stich sonst die Maria Stuart -- und sie war eine bezaubernde Schottenkönigin. Nun trat eine kleine, dicke, unschöne Maria, die überdies in der großen Stuartshaube noch um zehn Jahre älter aus¬ sah, als sonst, vor die verwöhnten Berliner, Amalie Wolff als Elisabeth erschien dagegen jung und schön. Und als dann zum Ueberfluß Mortimer begeistert zu Maria Stuart sagt:
"Du bist das schönste Weib auf dieser Erde!"
Auch in dem kleinen Drama »Fluch und Segen« und beſonders durch den damit verbundenen Vortrag von Schiller's »Glocke« hatte ſie während ihres zwölf¬ maligen Gaſtſpiels in Berlin den größten Erfolg.
Und doch hatte dieſe große Künſtlerin eine Schwäche — als Weib! Die hat ſie oft und ſchwer büßen müſſen.
Sie hatte in ihrer Jugend naive und ſentimentale Liebhaberinnen gegeben. Es ward ihr ſchwer, ſich von der »Jugend« zu trennen.
Einſt erſchien ſie in Müller's »Schuld« als Elvira vor den Wienern. Zu ihrem Unglück hat Graf Hugo von dem Gürtel zu ſprechen, den er um »Elvira's ſchlanken Leib« legen will … und da lachten die lach¬ luſtigen Wiener laut über die kleine, dicke, unſchöne Elvira.
Und auch in Berlin ſollte Sophie Schröder dieſe Weiberſchwäche büßen.
Sie hatte darauf beſtanden, die Maria Stuart zu ſpielen und nicht die Königin Eliſabeth. In Berlin gab die ſchöne Auguſte Stich ſonſt die Maria Stuart — und ſie war eine bezaubernde Schottenkönigin. Nun trat eine kleine, dicke, unſchöne Maria, die überdies in der großen Stuartshaube noch um zehn Jahre älter aus¬ ſah, als ſonſt, vor die verwöhnten Berliner, Amalie Wolff als Eliſabeth erſchien dagegen jung und ſchön. Und als dann zum Ueberfluß Mortimer begeiſtert zu Maria Stuart ſagt:
»Du biſt das ſchönſte Weib auf dieſer Erde!«
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0355"n="327"/><p>Auch in dem kleinen Drama »Fluch und Segen«<lb/>
und beſonders durch den damit verbundenen Vortrag<lb/>
von Schiller's »Glocke« hatte ſie während ihres zwölf¬<lb/>
maligen Gaſtſpiels in Berlin den größten Erfolg.</p><lb/><p>Und doch hatte dieſe große <hirendition="#g">Künſtlerin</hi> eine<lb/>
Schwäche — als <hirendition="#g">Weib</hi>! Die hat ſie oft und ſchwer<lb/>
büßen müſſen.</p><lb/><p>Sie hatte in ihrer Jugend naive und ſentimentale<lb/>
Liebhaberinnen gegeben. Es ward ihr ſchwer, ſich von<lb/>
der »Jugend« zu trennen.</p><lb/><p>Einſt erſchien ſie in Müller's »Schuld« als Elvira<lb/>
vor den Wienern. Zu ihrem Unglück hat Graf Hugo<lb/>
von dem Gürtel zu ſprechen, den er um »Elvira's<lb/>ſchlanken Leib« legen will … und da lachten die lach¬<lb/>
luſtigen Wiener laut über die kleine, dicke, unſchöne Elvira.</p><lb/><p>Und auch in Berlin ſollte Sophie Schröder dieſe<lb/>
Weiberſchwäche büßen.</p><lb/><p>Sie hatte darauf beſtanden, die Maria Stuart zu<lb/>ſpielen und nicht die Königin Eliſabeth. In Berlin<lb/>
gab die ſchöne Auguſte Stich ſonſt die Maria Stuart —<lb/>
und ſie war eine bezaubernde Schottenkönigin. Nun<lb/>
trat eine kleine, dicke, unſchöne Maria, die überdies in<lb/>
der großen Stuartshaube noch um zehn Jahre älter aus¬<lb/>ſah, als ſonſt, vor die verwöhnten Berliner, Amalie<lb/>
Wolff als Eliſabeth erſchien dagegen jung und ſchön.<lb/>
Und als dann zum Ueberfluß Mortimer begeiſtert zu<lb/>
Maria Stuart ſagt:<lb/><lgtype="poem"><lrendition="#c">»Du biſt das ſchönſte Weib auf dieſer Erde!«</l></lg><lb/></p></div></body></text></TEI>
[327/0355]
Auch in dem kleinen Drama »Fluch und Segen«
und beſonders durch den damit verbundenen Vortrag
von Schiller's »Glocke« hatte ſie während ihres zwölf¬
maligen Gaſtſpiels in Berlin den größten Erfolg.
Und doch hatte dieſe große Künſtlerin eine
Schwäche — als Weib! Die hat ſie oft und ſchwer
büßen müſſen.
Sie hatte in ihrer Jugend naive und ſentimentale
Liebhaberinnen gegeben. Es ward ihr ſchwer, ſich von
der »Jugend« zu trennen.
Einſt erſchien ſie in Müller's »Schuld« als Elvira
vor den Wienern. Zu ihrem Unglück hat Graf Hugo
von dem Gürtel zu ſprechen, den er um »Elvira's
ſchlanken Leib« legen will … und da lachten die lach¬
luſtigen Wiener laut über die kleine, dicke, unſchöne Elvira.
Und auch in Berlin ſollte Sophie Schröder dieſe
Weiberſchwäche büßen.
Sie hatte darauf beſtanden, die Maria Stuart zu
ſpielen und nicht die Königin Eliſabeth. In Berlin
gab die ſchöne Auguſte Stich ſonſt die Maria Stuart —
und ſie war eine bezaubernde Schottenkönigin. Nun
trat eine kleine, dicke, unſchöne Maria, die überdies in
der großen Stuartshaube noch um zehn Jahre älter aus¬
ſah, als ſonſt, vor die verwöhnten Berliner, Amalie
Wolff als Eliſabeth erſchien dagegen jung und ſchön.
Und als dann zum Ueberfluß Mortimer begeiſtert zu
Maria Stuart ſagt:
»Du biſt das ſchönſte Weib auf dieſer Erde!«
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/355>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.