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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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wenigen von Strauß und Launer abwechselnd gespielten
Tänzen glichen alle Tänzerinnen -- der armen Ophelia
in der letzten Szene. Es wurde nicht getanzt -- sondern
gerast. Davon zeugten auch die abgetretenen Schleppen,
verlornen Blumen und -- sogar einen weißen seidenen
Schuh sah man fliegen.

Aber es sollte nicht nur für die Armen getanzt,
sondern für sie auch Komödie gespielt werden. Die
Burgschauspieler wirkten alljährlich bei dieser von dem
Ortsvorstande veranstalteten Vorstellung mit, und der
geniale Charakterkomiker Korn bat auch mich um meine
Unterstützung. Ich sagte gern zu -- war es doch gleich¬
sam eine Art Vorspiel zu meinem Gastrollencyclus am
Burgtheater. Ich wählte die Salondame in dem feinen,
aus dem Französischen übersetzten Lustspiel: "Zwei Jahre
verheirathet!" -- und die letzten Akte der "Hagestolzen".
War doch die "Margarethe" in diesem liebenswürdigen
Iffland'schen Stück mein erstes und mich so glückbe¬
rauschendes Debüt zu Karlsruhe, und ich durfte ja so
dankbar auf die zwölf Jahre Bühnenleben zurückblicken,
die zwischen der ersten kindlichen Margarethe und der
jetzigen lagen. Vielleicht brachte mir diese Glücksrolle
jetzt bei den Wienern auch ein freundliches Gesicht ein!

Ich sollte nicht fehlgegriffen haben.

Kaiser Franzerl sagte nach den "Hagestolzen" zu seiner
Tochter Marie Louise, die einst Kaiserin der Franzosen war,
und deren Oberhofmeisterin mit uns in demselben Hause
wohnte und mir das hübsche Wort gleich wieder erzählte:

wenigen von Strauß und Launer abwechſelnd geſpielten
Tänzen glichen alle Tänzerinnen — der armen Ophelia
in der letzten Szene. Es wurde nicht getanzt — ſondern
geraſt. Davon zeugten auch die abgetretenen Schleppen,
verlornen Blumen und — ſogar einen weißen ſeidenen
Schuh ſah man fliegen.

Aber es ſollte nicht nur für die Armen getanzt,
ſondern für ſie auch Komödie geſpielt werden. Die
Burgſchauſpieler wirkten alljährlich bei dieſer von dem
Ortsvorſtande veranſtalteten Vorſtellung mit, und der
geniale Charakterkomiker Korn bat auch mich um meine
Unterſtützung. Ich ſagte gern zu — war es doch gleich¬
ſam eine Art Vorſpiel zu meinem Gaſtrollencyclus am
Burgtheater. Ich wählte die Salondame in dem feinen,
aus dem Franzöſiſchen überſetzten Luſtſpiel: »Zwei Jahre
verheirathet!« — und die letzten Akte der »Hageſtolzen«.
War doch die »Margarethe« in dieſem liebenswürdigen
Iffland'ſchen Stück mein erſtes und mich ſo glückbe¬
rauſchendes Debüt zu Karlsruhe, und ich durfte ja ſo
dankbar auf die zwölf Jahre Bühnenleben zurückblicken,
die zwiſchen der erſten kindlichen Margarethe und der
jetzigen lagen. Vielleicht brachte mir dieſe Glücksrolle
jetzt bei den Wienern auch ein freundliches Geſicht ein!

Ich ſollte nicht fehlgegriffen haben.

Kaiſer Franzerl ſagte nach den »Hageſtolzen« zu ſeiner
Tochter Marie Louiſe, die einſt Kaiſerin der Franzoſen war,
und deren Oberhofmeiſterin mit uns in demſelben Hauſe
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[300/0328] wenigen von Strauß und Launer abwechſelnd geſpielten Tänzen glichen alle Tänzerinnen — der armen Ophelia in der letzten Szene. Es wurde nicht getanzt — ſondern geraſt. Davon zeugten auch die abgetretenen Schleppen, verlornen Blumen und — ſogar einen weißen ſeidenen Schuh ſah man fliegen. Aber es ſollte nicht nur für die Armen getanzt, ſondern für ſie auch Komödie geſpielt werden. Die Burgſchauſpieler wirkten alljährlich bei dieſer von dem Ortsvorſtande veranſtalteten Vorſtellung mit, und der geniale Charakterkomiker Korn bat auch mich um meine Unterſtützung. Ich ſagte gern zu — war es doch gleich¬ ſam eine Art Vorſpiel zu meinem Gaſtrollencyclus am Burgtheater. Ich wählte die Salondame in dem feinen, aus dem Franzöſiſchen überſetzten Luſtſpiel: »Zwei Jahre verheirathet!« — und die letzten Akte der »Hageſtolzen«. War doch die »Margarethe« in dieſem liebenswürdigen Iffland'ſchen Stück mein erſtes und mich ſo glückbe¬ rauſchendes Debüt zu Karlsruhe, und ich durfte ja ſo dankbar auf die zwölf Jahre Bühnenleben zurückblicken, die zwiſchen der erſten kindlichen Margarethe und der jetzigen lagen. Vielleicht brachte mir dieſe Glücksrolle jetzt bei den Wienern auch ein freundliches Geſicht ein! Ich ſollte nicht fehlgegriffen haben. Kaiſer Franzerl ſagte nach den »Hageſtolzen« zu ſeiner Tochter Marie Louiſe, die einſt Kaiſerin der Franzoſen war, und deren Oberhofmeiſterin mit uns in demſelben Hauſe wohnte und mir das hübſche Wort gleich wieder erzählte:

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/328>, abgerufen am 22.11.2024.