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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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sein, einem pfeifenden Hause gegenüberzustehen -- voll¬
ständig machtlos ..."

"Haben Sie sich das noch nicht versucht, liebes
Fräulein?" fragte Grohmann wie erstaunt. "Mir ist
das schon oft passirt und ich bin nicht daran gestorben ...
Aber seien Sie ganz ruhig," fügte er fast mitleidig
lächelnd hinzu -- "bis heute Abend ist Alles wieder in
bester Ordnung. Gleich nach der Probe feiern wir
ein kleines Friedensfest in feurigem Ungarwein!"

"Nur nicht zu feurig, wenn ich bitten darf" --
rief ich, schon wieder an eine neue Gefahr denkend: daß
aus dem geprügelten auszupfeifenden Liebhaber ein stark
angesäuselter werden könne! Ja, man mußte in Pest
auf Alles gefaßt sein.

Doch es ging über Erwarten gut. Der Blau¬
geprügelte war nur ein wenig -- angeheitert. Er wurde
von den zahlreich im Stehparterre anwesenden Studenten
glänzend empfangen und mit mir nach jeder Szene gerufen.
"Sehen Sie," sagte er triumphirend zu mir, "daß ein
paar blaue Flecken auch ihr Gutes haben und daß man
in Pest zu leben versteht -- leben und leben lassen!"

Aber nicht alle Mitglieder der deutschen Bühne
sahen das Pester Leben in so rosigem Licht und lebten
es so leichtlebig mit, wie Herr Grohmann. Ich hatte
mich gefreut, eine Tochter meiner guten alten Berliner
Freundin, Frau Krikeberg, bei der Rahel so gern Lebens¬
weisheit suchte und fand, als Frau Dehni in Pest zu
finden. Sie war für das Charakterfach und Anstands¬

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ſein, einem pfeifenden Hauſe gegenüberzuſtehen — voll¬
ſtändig machtlos …«

»Haben Sie ſich das noch nicht verſucht, liebes
Fräulein?« fragte Grohmann wie erſtaunt. »Mir iſt
das ſchon oft paſſirt und ich bin nicht daran geſtorben …
Aber ſeien Sie ganz ruhig,« fügte er faſt mitleidig
lächelnd hinzu — »bis heute Abend iſt Alles wieder in
beſter Ordnung. Gleich nach der Probe feiern wir
ein kleines Friedensfeſt in feurigem Ungarwein!«

»Nur nicht zu feurig, wenn ich bitten darf« —
rief ich, ſchon wieder an eine neue Gefahr denkend: daß
aus dem geprügelten auszupfeifenden Liebhaber ein ſtark
angeſäuſelter werden könne! Ja, man mußte in Peſt
auf Alles gefaßt ſein.

Doch es ging über Erwarten gut. Der Blau¬
geprügelte war nur ein wenig — angeheitert. Er wurde
von den zahlreich im Stehparterre anweſenden Studenten
glänzend empfangen und mit mir nach jeder Szene gerufen.
»Sehen Sie,« ſagte er triumphirend zu mir, »daß ein
paar blaue Flecken auch ihr Gutes haben und daß man
in Peſt zu leben verſteht — leben und leben laſſen!«

Aber nicht alle Mitglieder der deutſchen Bühne
ſahen das Peſter Leben in ſo roſigem Licht und lebten
es ſo leichtlebig mit, wie Herr Grohmann. Ich hatte
mich gefreut, eine Tochter meiner guten alten Berliner
Freundin, Frau Krikeberg, bei der Rahel ſo gern Lebens¬
weisheit ſuchte und fand, als Frau Dehni in Peſt zu
finden. Sie war für das Charakterfach und Anſtands¬

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[291/0319] ſein, einem pfeifenden Hauſe gegenüberzuſtehen — voll¬ ſtändig machtlos …« »Haben Sie ſich das noch nicht verſucht, liebes Fräulein?« fragte Grohmann wie erſtaunt. »Mir iſt das ſchon oft paſſirt und ich bin nicht daran geſtorben … Aber ſeien Sie ganz ruhig,« fügte er faſt mitleidig lächelnd hinzu — »bis heute Abend iſt Alles wieder in beſter Ordnung. Gleich nach der Probe feiern wir ein kleines Friedensfeſt in feurigem Ungarwein!« »Nur nicht zu feurig, wenn ich bitten darf« — rief ich, ſchon wieder an eine neue Gefahr denkend: daß aus dem geprügelten auszupfeifenden Liebhaber ein ſtark angeſäuſelter werden könne! Ja, man mußte in Peſt auf Alles gefaßt ſein. Doch es ging über Erwarten gut. Der Blau¬ geprügelte war nur ein wenig — angeheitert. Er wurde von den zahlreich im Stehparterre anweſenden Studenten glänzend empfangen und mit mir nach jeder Szene gerufen. »Sehen Sie,« ſagte er triumphirend zu mir, »daß ein paar blaue Flecken auch ihr Gutes haben und daß man in Peſt zu leben verſteht — leben und leben laſſen!« Aber nicht alle Mitglieder der deutſchen Bühne ſahen das Peſter Leben in ſo roſigem Licht und lebten es ſo leichtlebig mit, wie Herr Grohmann. Ich hatte mich gefreut, eine Tochter meiner guten alten Berliner Freundin, Frau Krikeberg, bei der Rahel ſo gern Lebens¬ weisheit ſuchte und fand, als Frau Dehni in Peſt zu finden. Sie war für das Charakterfach und Anſtands¬ 19 *

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/319>, abgerufen am 25.11.2024.