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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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unauslöschlicher lachten, je verdutzter Sepperl seine
großen wassergrünen Augen aufriß ...

"Nun, das nenn' ich einen guten Anfang in unserer
lustigen Kaiserstadt", rief eine fröhliche Stimme, und
ein liebes, gutes, altes Gesicht lächelte uns an. Es war
der Hofschauspieler Schwarz. Er brachte uns Grüße
von Frau Brede, der innigsten Freundin von Rahel
Varnhagen, und versprach, während unseres Wiener
Aufenthalts unser treuer Steuermann durch alle Ver¬
gnügungen und Gastspielgeschäfte zu sein.

"Womit beginnen wir heute?" fragte der liebens¬
würdige Greis -- "Besuche bei Deinhardstein, -- oder
bei dem Intendanten, -- oder ..."

"Heut' nichts von Geschäften, theurer Freund, --
heut' wollen wir rechtschaffen fröhlich sein mit den
Fröhlichen", unterbrach ich übermüthig, "heute heißt's:

Was macht denn der Prater,
Sag', blüht er recht schön?"

Da fiel Schwarz ebenso ein:

"'s sein Leut drin, man kann fast
Vor Menschheit nit geh'n ..."

"Nun, für uns wird auch wohl noch ein Plätzchen
übrig sein, wo wir Kaffe trinken, Kipfel essen, und
Strauß und Lanner ihre herrlichen Tänze spielen hören
können ... Ja, mein Herr von Schwarz, ich darf mir
dergleichen Allotria heute wohl erlauben. Seit Mitte
Februar habe ich in Riga, Königsberg, Danzig, Posen,
Brünn 50 Mal gespielt und -- die Kassette ist noch

unauslöſchlicher lachten, je verdutzter Sepperl ſeine
großen waſſergrünen Augen aufriß …

»Nun, das nenn' ich einen guten Anfang in unſerer
luſtigen Kaiſerſtadt«, rief eine fröhliche Stimme, und
ein liebes, gutes, altes Geſicht lächelte uns an. Es war
der Hofſchauſpieler Schwarz. Er brachte uns Grüße
von Frau Brede, der innigſten Freundin von Rahel
Varnhagen, und verſprach, während unſeres Wiener
Aufenthalts unſer treuer Steuermann durch alle Ver¬
gnügungen und Gaſtſpielgeſchäfte zu ſein.

»Womit beginnen wir heute?« fragte der liebens¬
würdige Greis — »Beſuche bei Deinhardſtein, — oder
bei dem Intendanten, — oder …«

»Heut' nichts von Geſchäften, theurer Freund, —
heut' wollen wir rechtſchaffen fröhlich ſein mit den
Fröhlichen«, unterbrach ich übermüthig, »heute heißt's:

Was macht denn der Prater,
Sag', blüht er recht ſchön?«

Da fiel Schwarz ebenſo ein:

»'s ſein Leut drin, man kann faſt
Vor Menſchheit nit geh'n …«

»Nun, für uns wird auch wohl noch ein Plätzchen
übrig ſein, wo wir Kaffe trinken, Kipfel eſſen, und
Strauß und Lanner ihre herrlichen Tänze ſpielen hören
können … Ja, mein Herr von Schwarz, ich darf mir
dergleichen Allotria heute wohl erlauben. Seit Mitte
Februar habe ich in Riga, Königsberg, Danzig, Poſen,
Brünn 50 Mal geſpielt und — die Kaſſette iſt noch

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[256/0284] unauslöſchlicher lachten, je verdutzter Sepperl ſeine großen waſſergrünen Augen aufriß … »Nun, das nenn' ich einen guten Anfang in unſerer luſtigen Kaiſerſtadt«, rief eine fröhliche Stimme, und ein liebes, gutes, altes Geſicht lächelte uns an. Es war der Hofſchauſpieler Schwarz. Er brachte uns Grüße von Frau Brede, der innigſten Freundin von Rahel Varnhagen, und verſprach, während unſeres Wiener Aufenthalts unſer treuer Steuermann durch alle Ver¬ gnügungen und Gaſtſpielgeſchäfte zu ſein. »Womit beginnen wir heute?« fragte der liebens¬ würdige Greis — »Beſuche bei Deinhardſtein, — oder bei dem Intendanten, — oder …« »Heut' nichts von Geſchäften, theurer Freund, — heut' wollen wir rechtſchaffen fröhlich ſein mit den Fröhlichen«, unterbrach ich übermüthig, »heute heißt's: Was macht denn der Prater, Sag', blüht er recht ſchön?« Da fiel Schwarz ebenſo ein: »'s ſein Leut drin, man kann faſt Vor Menſchheit nit geh'n …« »Nun, für uns wird auch wohl noch ein Plätzchen übrig ſein, wo wir Kaffe trinken, Kipfel eſſen, und Strauß und Lanner ihre herrlichen Tänze ſpielen hören können … Ja, mein Herr von Schwarz, ich darf mir dergleichen Allotria heute wohl erlauben. Seit Mitte Februar habe ich in Riga, Königsberg, Danzig, Poſen, Brünn 50 Mal geſpielt und — die Kaſſette iſt noch

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/284>, abgerufen am 22.11.2024.