Unser Direktor vom deutschen Hoftheater Herr v. Helmersen überraschte mich Mitte Mai 1833 mit der frohen Nachricht: daß einer der berühmtesten Mimen Berlins, Wilhelm Krüger, im Juni zum Gastspiel ein¬ treffen würde. Helmersen bat mich zugleich in seiner be¬ kannten klettenhaft inständigen Weise: doch noch vor der Ankunft des Gastes so und so viele bedeutende Rollen einzustudiren, denn ich müsse jeden Abend mit ihm auf¬ treten, da die zweite Liebhaberin, Fräulein Gerstel, trotz Anmuth und Talent unmöglich in den Trauerspielen des hauptsächlich klassischen Repertoirs die ersten Rollen über¬ nehmen könne.
Das war wirklich für die Mutter und mich eine frohe Botschaft! Denn wir schätzten Krüger nicht nur als geistvollen, hochbegabten Schauspieler -- sondern er war uns in den fünf Jahren meiner Berliner Bühnen¬ thätigkeit ein gar lieber Freund und ich sogar -- seine Gevatterin geworden, die Pathin seines Töchterchens!
Schier zum Entsetzen des sehr pedantischen Direktors jubelte ich in meiner Freude auf: "O, wie will ich meinen lieben Gevatter unterstützen! Nun sollen die Petersburger erst sehen, was ich zu leisten vermag, mit einem edlen Künstler wirkend! Nun kann ich herrliche, längst ersehnte Aufgaben lösen -- unabhängig von der Laune unseres ersten Liebhabers, der bald gut, bald schlecht spielt und oft so unerquicklich chikanirt ... O, Herr Direktor, Sie sollen mal meinen Gevatter als Wetter von Strahl sehen und mich als Käthchen von Heilbronn! Das ist ein
Unſer Direktor vom deutſchen Hoftheater Herr v. Helmerſen überraſchte mich Mitte Mai 1833 mit der frohen Nachricht: daß einer der berühmteſten Mimen Berlins, Wilhelm Krüger, im Juni zum Gaſtſpiel ein¬ treffen würde. Helmerſen bat mich zugleich in ſeiner be¬ kannten klettenhaft inſtändigen Weiſe: doch noch vor der Ankunft des Gaſtes ſo und ſo viele bedeutende Rollen einzuſtudiren, denn ich müſſe jeden Abend mit ihm auf¬ treten, da die zweite Liebhaberin, Fräulein Gerſtel, trotz Anmuth und Talent unmöglich in den Trauerſpielen des hauptſächlich klaſſiſchen Repertoirs die erſten Rollen über¬ nehmen könne.
Das war wirklich für die Mutter und mich eine frohe Botſchaft! Denn wir ſchätzten Krüger nicht nur als geiſtvollen, hochbegabten Schauſpieler — ſondern er war uns in den fünf Jahren meiner Berliner Bühnen¬ thätigkeit ein gar lieber Freund und ich ſogar — ſeine Gevatterin geworden, die Pathin ſeines Töchterchens!
Schier zum Entſetzen des ſehr pedantiſchen Direktors jubelte ich in meiner Freude auf: »O, wie will ich meinen lieben Gevatter unterſtützen! Nun ſollen die Petersburger erſt ſehen, was ich zu leiſten vermag, mit einem edlen Künſtler wirkend! Nun kann ich herrliche, längſt erſehnte Aufgaben löſen — unabhängig von der Laune unſeres erſten Liebhabers, der bald gut, bald ſchlecht ſpielt und oft ſo unerquicklich chikanirt … O, Herr Direktor, Sie ſollen mal meinen Gevatter als Wetter von Strahl ſehen und mich als Käthchen von Heilbronn! Das iſt ein
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Unſer Direktor vom deutſchen Hoftheater Herr v.
Helmerſen überraſchte mich Mitte Mai 1833 mit der
frohen Nachricht: daß einer der berühmteſten Mimen
Berlins, Wilhelm Krüger, im Juni zum Gaſtſpiel ein¬
treffen würde. Helmerſen bat mich zugleich in ſeiner be¬
kannten klettenhaft inſtändigen Weiſe: doch noch vor der
Ankunft des Gaſtes ſo und ſo viele bedeutende Rollen
einzuſtudiren, denn ich müſſe jeden Abend mit ihm auf¬
treten, da die zweite Liebhaberin, Fräulein Gerſtel, trotz
Anmuth und Talent unmöglich in den Trauerſpielen des
hauptſächlich klaſſiſchen Repertoirs die erſten Rollen über¬
nehmen könne.
Das war wirklich für die Mutter und mich eine
frohe Botſchaft! Denn wir ſchätzten Krüger nicht nur
als geiſtvollen, hochbegabten Schauſpieler — ſondern er
war uns in den fünf Jahren meiner Berliner Bühnen¬
thätigkeit ein gar lieber Freund und ich ſogar — ſeine
Gevatterin geworden, die Pathin ſeines Töchterchens!
Schier zum Entſetzen des ſehr pedantiſchen Direktors
jubelte ich in meiner Freude auf: »O, wie will ich meinen
lieben Gevatter unterſtützen! Nun ſollen die Petersburger
erſt ſehen, was ich zu leiſten vermag, mit einem edlen
Künſtler wirkend! Nun kann ich herrliche, längſt erſehnte
Aufgaben löſen — unabhängig von der Laune unſeres
erſten Liebhabers, der bald gut, bald ſchlecht ſpielt und
oft ſo unerquicklich chikanirt … O, Herr Direktor, Sie
ſollen mal meinen Gevatter als Wetter von Strahl ſehen
und mich als Käthchen von Heilbronn! Das iſt ein
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/245>, abgerufen am 25.11.2024.
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