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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Wie wahnsinnig -- noch im Theaterkostüm stürzt
Stich nach Hause ... Sogenannte gute Freunde hatten
ihn schon früher vor dem glühenden, offen zur Schau
getragenen Enthusiasmus Blücher's gewarnt und seine
Eifersucht geweckt ... Auf der Treppe zu seiner Woh¬
nung begegnet er einem Manne, ganz in einen langen
Civilmantel gehüllt. "Wer sind Sie? was haben Sie
hier zu suchen?" Statt der Antwort sucht der Verhüllte
ihn bei Seite zu schieben und die Treppe hinabzusteigen.
... Da reißt Stich ihm den Mantel herab ... und
sinkt, von einem Dolchstoß getroffen, mit einem gellen
Hülferuf blutend auf der Treppe nieder ... So findet
ihn seine Gattin ... Auch die Straße hat sich bereits
mit Neugierigen gefüllt ... Nur das Dazwischentreten
einiger angesehener Bürger, die den Grafen Blücher auf
die Hauptwache führen, kann diesen vor der Wuth des
Volkes retten.

Stich war nicht tödtlich getroffen, wie man anfangs
gefürchtet hatte. Er erholte sich langsam wieder. Graf
Blücher wurde zu mehreren Jahren Festung verurtheilt.
Später sah ich ihn wieder in Berlin: eine schlanke, noble
Figur mit blassen, edlen Zügen, schwärmerischen Augen --
eine interessante Erscheinung!

Madame Stich erwartete eine härtere Strafe. Für
die wenigen Minuten Unterredung -- denn Schlimmeres
wagten ihr selbst ihre Feinde nicht nachzusagen -- sah
sie den Gatten wochenlang mit dem Tode ringen. Sie
pflegte ihn mit Aufopferung und -- er dankte ihr durch

Erinnerungen etc. 11

Wie wahnſinnig — noch im Theaterkoſtüm ſtürzt
Stich nach Hauſe … Sogenannte gute Freunde hatten
ihn ſchon früher vor dem glühenden, offen zur Schau
getragenen Enthuſiasmus Blücher's gewarnt und ſeine
Eiferſucht geweckt … Auf der Treppe zu ſeiner Woh¬
nung begegnet er einem Manne, ganz in einen langen
Civilmantel gehüllt. »Wer ſind Sie? was haben Sie
hier zu ſuchen?« Statt der Antwort ſucht der Verhüllte
ihn bei Seite zu ſchieben und die Treppe hinabzuſteigen.
… Da reißt Stich ihm den Mantel herab … und
ſinkt, von einem Dolchſtoß getroffen, mit einem gellen
Hülferuf blutend auf der Treppe nieder … So findet
ihn ſeine Gattin … Auch die Straße hat ſich bereits
mit Neugierigen gefüllt … Nur das Dazwiſchentreten
einiger angeſehener Bürger, die den Grafen Blücher auf
die Hauptwache führen, kann dieſen vor der Wuth des
Volkes retten.

Stich war nicht tödtlich getroffen, wie man anfangs
gefürchtet hatte. Er erholte ſich langſam wieder. Graf
Blücher wurde zu mehreren Jahren Feſtung verurtheilt.
Später ſah ich ihn wieder in Berlin: eine ſchlanke, noble
Figur mit blaſſen, edlen Zügen, ſchwärmeriſchen Augen —
eine intereſſante Erſcheinung!

Madame Stich erwartete eine härtere Strafe. Für
die wenigen Minuten Unterredung — denn Schlimmeres
wagten ihr ſelbſt ihre Feinde nicht nachzuſagen — ſah
ſie den Gatten wochenlang mit dem Tode ringen. Sie
pflegte ihn mit Aufopferung und — er dankte ihr durch

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[161/0189] Wie wahnſinnig — noch im Theaterkoſtüm ſtürzt Stich nach Hauſe … Sogenannte gute Freunde hatten ihn ſchon früher vor dem glühenden, offen zur Schau getragenen Enthuſiasmus Blücher's gewarnt und ſeine Eiferſucht geweckt … Auf der Treppe zu ſeiner Woh¬ nung begegnet er einem Manne, ganz in einen langen Civilmantel gehüllt. »Wer ſind Sie? was haben Sie hier zu ſuchen?« Statt der Antwort ſucht der Verhüllte ihn bei Seite zu ſchieben und die Treppe hinabzuſteigen. … Da reißt Stich ihm den Mantel herab … und ſinkt, von einem Dolchſtoß getroffen, mit einem gellen Hülferuf blutend auf der Treppe nieder … So findet ihn ſeine Gattin … Auch die Straße hat ſich bereits mit Neugierigen gefüllt … Nur das Dazwiſchentreten einiger angeſehener Bürger, die den Grafen Blücher auf die Hauptwache führen, kann dieſen vor der Wuth des Volkes retten. Stich war nicht tödtlich getroffen, wie man anfangs gefürchtet hatte. Er erholte ſich langſam wieder. Graf Blücher wurde zu mehreren Jahren Feſtung verurtheilt. Später ſah ich ihn wieder in Berlin: eine ſchlanke, noble Figur mit blaſſen, edlen Zügen, ſchwärmeriſchen Augen — eine intereſſante Erſcheinung! Madame Stich erwartete eine härtere Strafe. Für die wenigen Minuten Unterredung — denn Schlimmeres wagten ihr ſelbſt ihre Feinde nicht nachzuſagen — ſah ſie den Gatten wochenlang mit dem Tode ringen. Sie pflegte ihn mit Aufopferung und — er dankte ihr durch Erinnerungen ꝛc. 11

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/189>, abgerufen am 22.11.2024.