die Augen wie träumend -- schwermüthig in's Weite starrend -- zu finden. Ernst, resignirt horchte sie schein¬ bar aufmerksam auf die süßen Worte eines alten, be¬ weglichen Herrchens.
Vater Müller sonnte sich in den gespendeten Lobes¬ erhebungen und antwortete, wie Audienz ertheilend, den Verehrern.
Ich wollte die Gefeierte nicht auch noch in Anspruch nehmen und versprach wiederzukommen. Sophie zog mich aber aufs Sopha neben sich und flüsterte: "O, kommen Sie mir doch zu Hülfe, meine Kraft ist er¬ schöpft ..." Dann stellte sie mir den alten Herrn vor: "August Wilhelm von Schlegel!" lehnte sich in die Ecke des Sophas zurück und schloß die Augen ... während ich das Glück hatte, mich mit dem Uebersetzer Shakespeare's unterhalten zu dürfen -- -- d. h. ihn immer sprechen zu hören ... Dabei konnte ich mir aber den Freund von Frau von Stael mit Muße betrachten ... und mich immer wieder fragen: dieses zierlich aufgeputzte Männchen mit der hellblonden Lockenperrücke und ge¬ schminkten Wangen, das unablässig die runde Tabaks¬ dose dreht, dabei wohlgefällige Blicke in den auf dem Deckel angebrachten Spiegel werfend ... heißt: August Wilhelm von Schlegel?! -- Diese lächerliche Parodie auf einen Mann konnte Friederike Bethmann so reizend besingen und Shakespeare so wunderbar schön übersetzen?
Nun glaubte ich aber die mir oft erzählte und nie für möglich gehaltene Geschichte, daß er, ein Kind um¬
die Augen wie träumend — ſchwermüthig in's Weite ſtarrend — zu finden. Ernſt, reſignirt horchte ſie ſchein¬ bar aufmerkſam auf die ſüßen Worte eines alten, be¬ weglichen Herrchens.
Vater Müller ſonnte ſich in den geſpendeten Lobes¬ erhebungen und antwortete, wie Audienz ertheilend, den Verehrern.
Ich wollte die Gefeierte nicht auch noch in Anſpruch nehmen und verſprach wiederzukommen. Sophie zog mich aber aufs Sopha neben ſich und flüſterte: »O, kommen Sie mir doch zu Hülfe, meine Kraft iſt er¬ ſchöpft …« Dann ſtellte ſie mir den alten Herrn vor: »Auguſt Wilhelm von Schlegel!« lehnte ſich in die Ecke des Sophas zurück und ſchloß die Augen … während ich das Glück hatte, mich mit dem Ueberſetzer Shakeſpeare's unterhalten zu dürfen — — d. h. ihn immer ſprechen zu hören … Dabei konnte ich mir aber den Freund von Frau von Staël mit Muße betrachten … und mich immer wieder fragen: dieſes zierlich aufgeputzte Männchen mit der hellblonden Lockenperrücke und ge¬ ſchminkten Wangen, das unabläſſig die runde Tabaks¬ doſe dreht, dabei wohlgefällige Blicke in den auf dem Deckel angebrachten Spiegel werfend … heißt: Auguſt Wilhelm von Schlegel?! — Dieſe lächerliche Parodie auf einen Mann konnte Friederike Bethmann ſo reizend beſingen und Shakeſpeare ſo wunderbar ſchön überſetzen?
Nun glaubte ich aber die mir oft erzählte und nie für möglich gehaltene Geſchichte, daß er, ein Kind um¬
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die Augen wie träumend — ſchwermüthig in's Weite
ſtarrend — zu finden. Ernſt, reſignirt horchte ſie ſchein¬
bar aufmerkſam auf die ſüßen Worte eines alten, be¬
weglichen Herrchens.
Vater Müller ſonnte ſich in den geſpendeten Lobes¬
erhebungen und antwortete, wie Audienz ertheilend, den
Verehrern.
Ich wollte die Gefeierte nicht auch noch in Anſpruch
nehmen und verſprach wiederzukommen. Sophie zog
mich aber aufs Sopha neben ſich und flüſterte: »O,
kommen Sie mir doch zu Hülfe, meine Kraft iſt er¬
ſchöpft …« Dann ſtellte ſie mir den alten Herrn vor:
»Auguſt Wilhelm von Schlegel!« lehnte ſich in die Ecke
des Sophas zurück und ſchloß die Augen … während
ich das Glück hatte, mich mit dem Ueberſetzer Shakeſpeare's
unterhalten zu dürfen — — d. h. ihn immer ſprechen
zu hören … Dabei konnte ich mir aber den Freund
von Frau von Staël mit Muße betrachten … und
mich immer wieder fragen: dieſes zierlich aufgeputzte
Männchen mit der hellblonden Lockenperrücke und ge¬
ſchminkten Wangen, das unabläſſig die runde Tabaks¬
doſe dreht, dabei wohlgefällige Blicke in den auf dem
Deckel angebrachten Spiegel werfend … heißt: Auguſt
Wilhelm von Schlegel?! — Dieſe lächerliche Parodie
auf einen Mann konnte Friederike Bethmann ſo reizend
beſingen und Shakeſpeare ſo wunderbar ſchön überſetzen?
Nun glaubte ich aber die mir oft erzählte und nie
für möglich gehaltene Geſchichte, daß er, ein Kind um¬
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/182>, abgerufen am 25.11.2024.
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