Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

überzeugt, daß sie freudigst sich der Kunst wieder
widmete.

Ihr wurde das seltene Glück zu Theil, nach jahre¬
langer Pause, in des Lebens Hochsommer noch Triumphe
zu feiern, aber ein trauriges Sterben entriß sie ihren
Lieben. In Mexiko, fern von Deutschland, von ihren
Kindern und Geschwistern und Freunden erlag sie
der Cholera. Nur ihr Gatte war bei ihr. Ihr letztes
Wort nach Deutschland war: "Der Beifall ist hier
förmlich tropisch!" Welche Gefühle mögen ihr Herz
bewegt haben, ehe es brach!

Frau Charles Maier, die Gattin des damals be¬
rühmtesten Klaviervirtuosen, welche die Gräffin Rossi
oft in Petersburg gefeiert und im Glanze ihrer Stellung
gesehen, -- diese Dame stand auf der Elbbrücke in
Dresden, als der Sarg, aus Mexiko angelangt, aus¬
geschifft wurde.

Sie erzählte mir später, welch' einen wehmüthigen
Eindruck dieser Leichenzug gemacht, der beinahe unbemerkt,
nur von Wenigen begleitet, durch Dresdens Straßen sich
bewegte.

Von Dresden wurde die Leiche nach dem letzten
Wunsche der großen Sängerin in das Kloster St. Marien¬
thal bei Ostritz übergeführt, wo die Schwester Nina Sontag
längst als Nonne lebte. Auch Marie Herold, früher erste
Liebhaberin im tragischen Fach auf der Königstädter
Bühne und von Kritikern für eine würdige Nachfolgerin
der Stich gehalten, war in ihrer Glanzzeit in's Kloster

überzeugt, daß ſie freudigſt ſich der Kunſt wieder
widmete.

Ihr wurde das ſeltene Glück zu Theil, nach jahre¬
langer Pauſe, in des Lebens Hochſommer noch Triumphe
zu feiern, aber ein trauriges Sterben entriß ſie ihren
Lieben. In Mexiko, fern von Deutſchland, von ihren
Kindern und Geſchwiſtern und Freunden erlag ſie
der Cholera. Nur ihr Gatte war bei ihr. Ihr letztes
Wort nach Deutſchland war: »Der Beifall iſt hier
förmlich tropiſch!« Welche Gefühle mögen ihr Herz
bewegt haben, ehe es brach!

Frau Charles Maier, die Gattin des damals be¬
rühmteſten Klaviervirtuoſen, welche die Gräffin Roſſi
oft in Petersburg gefeiert und im Glanze ihrer Stellung
geſehen, — dieſe Dame ſtand auf der Elbbrücke in
Dresden, als der Sarg, aus Mexiko angelangt, aus¬
geſchifft wurde.

Sie erzählte mir ſpäter, welch' einen wehmüthigen
Eindruck dieſer Leichenzug gemacht, der beinahe unbemerkt,
nur von Wenigen begleitet, durch Dresdens Straßen ſich
bewegte.

Von Dresden wurde die Leiche nach dem letzten
Wunſche der großen Sängerin in das Kloſter St. Marien¬
thal bei Oſtritz übergeführt, wo die Schweſter Nina Sontag
längſt als Nonne lebte. Auch Marie Herold, früher erſte
Liebhaberin im tragiſchen Fach auf der Königſtädter
Bühne und von Kritikern für eine würdige Nachfolgerin
der Stich gehalten, war in ihrer Glanzzeit in's Kloſter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="151"/>
überzeugt, daß &#x017F;ie freudig&#x017F;t &#x017F;ich der Kun&#x017F;t wieder<lb/>
widmete.</p><lb/>
        <p>Ihr wurde das &#x017F;eltene Glück zu Theil, nach jahre¬<lb/>
langer Pau&#x017F;e, in des Lebens Hoch&#x017F;ommer noch Triumphe<lb/>
zu feiern, aber ein trauriges Sterben entriß &#x017F;ie ihren<lb/>
Lieben. In Mexiko, fern von Deut&#x017F;chland, von ihren<lb/>
Kindern und Ge&#x017F;chwi&#x017F;tern und Freunden erlag &#x017F;ie<lb/>
der Cholera. Nur ihr Gatte war bei ihr. Ihr letztes<lb/>
Wort nach Deut&#x017F;chland war: »Der Beifall i&#x017F;t hier<lb/>
förmlich tropi&#x017F;ch!« Welche Gefühle mögen ihr Herz<lb/>
bewegt haben, ehe es brach!</p><lb/>
        <p>Frau Charles Maier, die Gattin des damals be¬<lb/>
rühmte&#x017F;ten Klaviervirtuo&#x017F;en, welche die Gräffin Ro&#x017F;&#x017F;i<lb/>
oft in Petersburg gefeiert und im Glanze ihrer Stellung<lb/>
ge&#x017F;ehen, &#x2014; die&#x017F;e Dame &#x017F;tand auf der Elbbrücke in<lb/>
Dresden, als der Sarg, aus Mexiko angelangt, aus¬<lb/>
ge&#x017F;chifft wurde.</p><lb/>
        <p>Sie erzählte mir &#x017F;päter, welch' einen wehmüthigen<lb/>
Eindruck die&#x017F;er Leichenzug gemacht, der beinahe unbemerkt,<lb/>
nur von Wenigen begleitet, durch Dresdens Straßen &#x017F;ich<lb/>
bewegte.</p><lb/>
        <p>Von Dresden wurde die Leiche nach dem letzten<lb/>
Wun&#x017F;che der großen Sängerin in das Klo&#x017F;ter St. Marien¬<lb/>
thal bei O&#x017F;tritz übergeführt, wo die Schwe&#x017F;ter Nina Sontag<lb/>
läng&#x017F;t als Nonne lebte. Auch Marie Herold, früher er&#x017F;te<lb/>
Liebhaberin im tragi&#x017F;chen Fach auf der König&#x017F;tädter<lb/>
Bühne und von Kritikern für eine würdige Nachfolgerin<lb/>
der Stich gehalten, war in ihrer Glanzzeit in's Klo&#x017F;ter<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[151/0179] überzeugt, daß ſie freudigſt ſich der Kunſt wieder widmete. Ihr wurde das ſeltene Glück zu Theil, nach jahre¬ langer Pauſe, in des Lebens Hochſommer noch Triumphe zu feiern, aber ein trauriges Sterben entriß ſie ihren Lieben. In Mexiko, fern von Deutſchland, von ihren Kindern und Geſchwiſtern und Freunden erlag ſie der Cholera. Nur ihr Gatte war bei ihr. Ihr letztes Wort nach Deutſchland war: »Der Beifall iſt hier förmlich tropiſch!« Welche Gefühle mögen ihr Herz bewegt haben, ehe es brach! Frau Charles Maier, die Gattin des damals be¬ rühmteſten Klaviervirtuoſen, welche die Gräffin Roſſi oft in Petersburg gefeiert und im Glanze ihrer Stellung geſehen, — dieſe Dame ſtand auf der Elbbrücke in Dresden, als der Sarg, aus Mexiko angelangt, aus¬ geſchifft wurde. Sie erzählte mir ſpäter, welch' einen wehmüthigen Eindruck dieſer Leichenzug gemacht, der beinahe unbemerkt, nur von Wenigen begleitet, durch Dresdens Straßen ſich bewegte. Von Dresden wurde die Leiche nach dem letzten Wunſche der großen Sängerin in das Kloſter St. Marien¬ thal bei Oſtritz übergeführt, wo die Schweſter Nina Sontag längſt als Nonne lebte. Auch Marie Herold, früher erſte Liebhaberin im tragiſchen Fach auf der Königſtädter Bühne und von Kritikern für eine würdige Nachfolgerin der Stich gehalten, war in ihrer Glanzzeit in's Kloſter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/179
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/179>, abgerufen am 22.11.2024.