stieg mir nach und schob mir ein großes goldenes Buch unter den Arm, rückte meine philosophische Nase in's reinste Profil und stellte auf meine Stirn, da wo die Locken begannen, -- ein ausgewachsenes diamantenfun¬ kelndes Entenei! Das war der Stein der Weisen, aber leider nicht das Ei des Columbus, denn es wackelte trotz der dünnen Drähte, die von meinem griechischen Haar¬ knoten ausgingen und das Ei festhalten sollten, bei der leisesten Bewegung bedenklich hin und her. Und ich hatte keine Stütze für meine Arme, keine Lehne für den Rücken. Ich kam mir auf meinem luftigen Sitzlein vor, wie der Vogel auf dem höchsten Blatt eines Baumwipfels. Das hatte mir in den Proben und auch jetzt anfangs noch, vor dem Aufrollen des Vorhanges, gar wohl gefallen. Aber, wie viel Meister Gropius heute Abend an den Falten meines himmelblauen, goldgesternten griechischen Gewandes, an meinen Locken, meiner Nase und vor allen Dingen an dem unglückseligen Stein der Weisen auf meiner Stirn zu arrangiren hatte! Ueberdies saß ich in einem Sternenkranze von blinkenden Lampen, die ihr volles Licht strahlend, glühend auf mein armes Persönchen concentrirten. Mir flirrte es schon vor den Augen, noch ehe der Vorhang aufging -- und dann, als auch die Kron¬ leuchter aus dem Saale ihre Kreuzlichter auf die Bühne streuten und ich so viele kritische Augen auf mich gerichtet sah -- als mir der Qualm der Lampen betäubend, widerlich in meine philosophische Nase stieg und mir über¬ dies noch ein schadenfroher Kobold den höllischen Gedanken
ſtieg mir nach und ſchob mir ein großes goldenes Buch unter den Arm, rückte meine philoſophiſche Naſe in's reinſte Profil und ſtellte auf meine Stirn, da wo die Locken begannen, — ein ausgewachſenes diamantenfun¬ kelndes Entenei! Das war der Stein der Weiſen, aber leider nicht das Ei des Columbus, denn es wackelte trotz der dünnen Drähte, die von meinem griechiſchen Haar¬ knoten ausgingen und das Ei feſthalten ſollten, bei der leiſeſten Bewegung bedenklich hin und her. Und ich hatte keine Stütze für meine Arme, keine Lehne für den Rücken. Ich kam mir auf meinem luftigen Sitzlein vor, wie der Vogel auf dem höchſten Blatt eines Baumwipfels. Das hatte mir in den Proben und auch jetzt anfangs noch, vor dem Aufrollen des Vorhanges, gar wohl gefallen. Aber, wie viel Meiſter Gropius heute Abend an den Falten meines himmelblauen, goldgeſternten griechiſchen Gewandes, an meinen Locken, meiner Naſe und vor allen Dingen an dem unglückſeligen Stein der Weiſen auf meiner Stirn zu arrangiren hatte! Ueberdies ſaß ich in einem Sternenkranze von blinkenden Lampen, die ihr volles Licht ſtrahlend, glühend auf mein armes Perſönchen concentrirten. Mir flirrte es ſchon vor den Augen, noch ehe der Vorhang aufging — und dann, als auch die Kron¬ leuchter aus dem Saale ihre Kreuzlichter auf die Bühne ſtreuten und ich ſo viele kritiſche Augen auf mich gerichtet ſah — als mir der Qualm der Lampen betäubend, widerlich in meine philoſophiſche Naſe ſtieg und mir über¬ dies noch ein ſchadenfroher Kobold den hölliſchen Gedanken
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ſtieg mir nach und ſchob mir ein großes goldenes Buch
unter den Arm, rückte meine philoſophiſche Naſe in's
reinſte Profil und ſtellte auf meine Stirn, da wo die
Locken begannen, — ein ausgewachſenes diamantenfun¬
kelndes Entenei! Das war der Stein der Weiſen, aber
leider nicht das Ei des Columbus, denn es wackelte trotz
der dünnen Drähte, die von meinem griechiſchen Haar¬
knoten ausgingen und das Ei feſthalten ſollten, bei der
leiſeſten Bewegung bedenklich hin und her. Und ich hatte
keine Stütze für meine Arme, keine Lehne für den Rücken.
Ich kam mir auf meinem luftigen Sitzlein vor, wie der
Vogel auf dem höchſten Blatt eines Baumwipfels. Das
hatte mir in den Proben und auch jetzt anfangs noch,
vor dem Aufrollen des Vorhanges, gar wohl gefallen.
Aber, wie viel Meiſter Gropius heute Abend an den
Falten meines himmelblauen, goldgeſternten griechiſchen
Gewandes, an meinen Locken, meiner Naſe und vor allen
Dingen an dem unglückſeligen Stein der Weiſen auf
meiner Stirn zu arrangiren hatte! Ueberdies ſaß ich
in einem Sternenkranze von blinkenden Lampen, die ihr
volles Licht ſtrahlend, glühend auf mein armes Perſönchen
concentrirten. Mir flirrte es ſchon vor den Augen, noch
ehe der Vorhang aufging — und dann, als auch die Kron¬
leuchter aus dem Saale ihre Kreuzlichter auf die Bühne
ſtreuten und ich ſo viele kritiſche Augen auf mich gerichtet
ſah — als mir der Qualm der Lampen betäubend,
widerlich in meine philoſophiſche Naſe ſtieg und mir über¬
dies noch ein ſchadenfroher Kobold den hölliſchen Gedanken
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/167>, abgerufen am 25.11.2024.
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