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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Da war's mit meiner Ernsthaftigkeit vollends vor¬
bei. "Also Klärchen hat auch eine philosophische Nase
gehabt? Armer Egmont! Und wann, Herr Hofrath,
kommt mein armes Gesicht en face zu Ehren?"

"Als Fischermädchen in der Verlobung auf Helgo¬
land ..." polterte Esperstedt und rannte bei dem neuen
Ausbruch meiner Heiterkeit bitterböse davon, aller Welt
erzählend, solch ein übermüthiger Kindskopf sei ihm noch
nicht vorgekommen und ich passe für die Philosophie,
wie seine Nase für den Egmont. Ich habe auch wirklich
nie eine furchtbarere Habichtsnase gesehen.

Die Proben gingen ganz heiter und gelungen vor¬
über. Aber "die Seufzer und die Thränen, die kommen
hinten nach!" sagt Heine. Und Hofrath Esperstedt
sollte am Abend der Vorstellungen grausam gerächt
werden. Mir war als "Klärchen" und als "Philosophie"
nichts weniger als lachlustig zu Muth.

Der Vorhang geht auf ...

Egmont-Rebenstein thront wunderschön im dunklen
Sammetwamse mit weißen Atlaspuffen auf hohem alter¬
thümlich geschnitzten, straffgepolsterten Lederstuhle ...
Klärchen, im altdeutschen Gewande, weiß und him¬
melblau, kniet vor dem geliebten Manne, die Ellbogen
auf seine Kniee gestützt und schaut schwärmerisch zu
ihm auf ... Hinter den Coulissen klingt's leise weh¬
müthig: "Freudvoll und leidvoll ..." und dann wie
im Herzensjubel: "Glücklich allein ist die Seele, die
liebt!"

Da war's mit meiner Ernſthaftigkeit vollends vor¬
bei. »Alſo Klärchen hat auch eine philoſophiſche Naſe
gehabt? Armer Egmont! Und wann, Herr Hofrath,
kommt mein armes Geſicht en face zu Ehren?«

»Als Fiſchermädchen in der Verlobung auf Helgo¬
land …« polterte Esperſtedt und rannte bei dem neuen
Ausbruch meiner Heiterkeit bitterböſe davon, aller Welt
erzählend, ſolch ein übermüthiger Kindskopf ſei ihm noch
nicht vorgekommen und ich paſſe für die Philoſophie,
wie ſeine Naſe für den Egmont. Ich habe auch wirklich
nie eine furchtbarere Habichtsnaſe geſehen.

Die Proben gingen ganz heiter und gelungen vor¬
über. Aber »die Seufzer und die Thränen, die kommen
hinten nach!« ſagt Heine. Und Hofrath Esperſtedt
ſollte am Abend der Vorſtellungen grauſam gerächt
werden. Mir war als »Klärchen« und als »Philoſophie«
nichts weniger als lachluſtig zu Muth.

Der Vorhang geht auf …

Egmont-Rebenſtein thront wunderſchön im dunklen
Sammetwamſe mit weißen Atlaspuffen auf hohem alter¬
thümlich geſchnitzten, ſtraffgepolſterten Lederſtuhle …
Klärchen, im altdeutſchen Gewande, weiß und him¬
melblau, kniet vor dem geliebten Manne, die Ellbogen
auf ſeine Kniee geſtützt und ſchaut ſchwärmeriſch zu
ihm auf … Hinter den Couliſſen klingt's leiſe weh¬
müthig: »Freudvoll und leidvoll …« und dann wie
im Herzensjubel: »Glücklich allein iſt die Seele, die
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[136/0164] Da war's mit meiner Ernſthaftigkeit vollends vor¬ bei. »Alſo Klärchen hat auch eine philoſophiſche Naſe gehabt? Armer Egmont! Und wann, Herr Hofrath, kommt mein armes Geſicht en face zu Ehren?« »Als Fiſchermädchen in der Verlobung auf Helgo¬ land …« polterte Esperſtedt und rannte bei dem neuen Ausbruch meiner Heiterkeit bitterböſe davon, aller Welt erzählend, ſolch ein übermüthiger Kindskopf ſei ihm noch nicht vorgekommen und ich paſſe für die Philoſophie, wie ſeine Naſe für den Egmont. Ich habe auch wirklich nie eine furchtbarere Habichtsnaſe geſehen. Die Proben gingen ganz heiter und gelungen vor¬ über. Aber »die Seufzer und die Thränen, die kommen hinten nach!« ſagt Heine. Und Hofrath Esperſtedt ſollte am Abend der Vorſtellungen grauſam gerächt werden. Mir war als »Klärchen« und als »Philoſophie« nichts weniger als lachluſtig zu Muth. Der Vorhang geht auf … Egmont-Rebenſtein thront wunderſchön im dunklen Sammetwamſe mit weißen Atlaspuffen auf hohem alter¬ thümlich geſchnitzten, ſtraffgepolſterten Lederſtuhle … Klärchen, im altdeutſchen Gewande, weiß und him¬ melblau, kniet vor dem geliebten Manne, die Ellbogen auf ſeine Kniee geſtützt und ſchaut ſchwärmeriſch zu ihm auf … Hinter den Couliſſen klingt's leiſe weh¬ müthig: »Freudvoll und leidvoll …« und dann wie im Herzensjubel: »Glücklich allein iſt die Seele, die liebt!«

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/164>, abgerufen am 25.11.2024.