Rumpelkasten, als säße hier eine Familie traulich bei¬ sammen.
Dieses gegenseitige Verstehen und Vertrauen hat sicher viel zu der damaligen herrlichen harmonischen Kunstepoche beigetragen.
Als Feste anderer Art, höchst reizend und beneidens¬ werth, galten uns die Vorstellungen in dem Palais des Königs, wo kleine Lustspiele, Gesang, Ballet mit lebenden Bildern abwechselten.
Auf einem winzigen, provisorisch errichteten Theater, im größten Saal des Palais, wurden die Proben abge¬ halten, -- heiter und zwanglos, oft übermüthig. -- Da wurden Gruppen lebender Bilder gestellt, während be¬ gleitender Gesang aus den Coulissen ertönte. Dann wanderte wieder das fliegende Orchester in den Saal hinab, um Henriette Sontag und Mad. Seidler zu accom¬ pagniren, von Musikdirektor Möser dirigirt. Die Tänzerinnen figurirten in graziösen Pas, und am Schluß der Probe setzte man sich an reich servirte Tische zum Dejeauner a la fourchette -- zu Gast bei Sr. Majestät.
Der leutselige Monarch wohnte manches Mal ein Stündchen den Proben bei und befahl, wenn Alle sich ehrerbietig verbeugten und verstummten, ungenirt fort¬ zufahren, mit Interesse das Treiben des Künstlervölk¬ chens betrachend. Nicht selten richtete der König gütige Worte an die Mitwirkenden. Er konnte auch wohl herzlich lachen, z. B. als Meister Gropius das lebende
Rumpelkaſten, als ſäße hier eine Familie traulich bei¬ ſammen.
Dieſes gegenſeitige Verſtehen und Vertrauen hat ſicher viel zu der damaligen herrlichen harmoniſchen Kunſtepoche beigetragen.
Als Feſte anderer Art, höchſt reizend und beneidens¬ werth, galten uns die Vorſtellungen in dem Palais des Königs, wo kleine Luſtſpiele, Geſang, Ballet mit lebenden Bildern abwechſelten.
Auf einem winzigen, proviſoriſch errichteten Theater, im größten Saal des Palais, wurden die Proben abge¬ halten, — heiter und zwanglos, oft übermüthig. — Da wurden Gruppen lebender Bilder geſtellt, während be¬ gleitender Geſang aus den Couliſſen ertönte. Dann wanderte wieder das fliegende Orcheſter in den Saal hinab, um Henriette Sontag und Mad. Seidler zu accom¬ pagniren, von Muſikdirektor Möſer dirigirt. Die Tänzerinnen figurirten in graziöſen Pas, und am Schluß der Probe ſetzte man ſich an reich ſervirte Tiſche zum Déjeûner à la fourchette — zu Gaſt bei Sr. Majeſtät.
Der leutſelige Monarch wohnte manches Mal ein Stündchen den Proben bei und befahl, wenn Alle ſich ehrerbietig verbeugten und verſtummten, ungenirt fort¬ zufahren, mit Intereſſe das Treiben des Künſtlervölk¬ chens betrachend. Nicht ſelten richtete der König gütige Worte an die Mitwirkenden. Er konnte auch wohl herzlich lachen, z. B. als Meiſter Gropius das lebende
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Rumpelkaſten, als ſäße hier eine Familie traulich bei¬
ſammen.
Dieſes gegenſeitige Verſtehen und Vertrauen hat
ſicher viel zu der damaligen herrlichen harmoniſchen
Kunſtepoche beigetragen.
Als Feſte anderer Art, höchſt reizend und beneidens¬
werth, galten uns die Vorſtellungen in dem Palais des
Königs, wo kleine Luſtſpiele, Geſang, Ballet mit lebenden
Bildern abwechſelten.
Auf einem winzigen, proviſoriſch errichteten Theater,
im größten Saal des Palais, wurden die Proben abge¬
halten, — heiter und zwanglos, oft übermüthig. — Da
wurden Gruppen lebender Bilder geſtellt, während be¬
gleitender Geſang aus den Couliſſen ertönte. Dann
wanderte wieder das fliegende Orcheſter in den Saal
hinab, um Henriette Sontag und Mad. Seidler zu accom¬
pagniren, von Muſikdirektor Möſer dirigirt. Die
Tänzerinnen figurirten in graziöſen Pas, und am
Schluß der Probe ſetzte man ſich an reich ſervirte Tiſche
zum Déjeûner à la fourchette — zu Gaſt bei Sr.
Majeſtät.
Der leutſelige Monarch wohnte manches Mal ein
Stündchen den Proben bei und befahl, wenn Alle ſich
ehrerbietig verbeugten und verſtummten, ungenirt fort¬
zufahren, mit Intereſſe das Treiben des Künſtlervölk¬
chens betrachend. Nicht ſelten richtete der König gütige
Worte an die Mitwirkenden. Er konnte auch wohl
herzlich lachen, z. B. als Meiſter Gropius das lebende
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/162>, abgerufen am 22.11.2024.
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