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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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dem Gipfel des Glückes vergißt er, daß ein früher ge¬
borener Sohn auch Ansprüche hat. Ein Bürgermädchen
wurde einst von ihm getäuscht -- verlassen ... Sie
erzog ihr Kind mit übermenschlicher Anstrengung zu
einem edlen jungen Mann. Dieser (Devrient) ist Idealist,
geistreich, ernährt eine Schwester durch eine Stelle als
Sekretär, kennt seinen Vater nicht, haßt aber den
Adel, weil er ahnt, was seine Mutter einst durch einen
Hochgestellten gelitten. Er will auch nicht, daß seine
Schwester eine junge Gräfin (mich) bei sich sieht, die
unter dem Vorwand kommt, Arbeit zu bestellen und
weil sie das Bürgermädchen gern hat, in Wahrheit aber
-- weil sie heimliche Liebe für den Sekretär empfindet.
Er warnt auch seine Schwester vor den Liebesversicherungen
ihres Bruders -- des Rittmeisters, und erklärt: er würde
ihn tödten, wenn er nicht fern bliebe. -- Er erfährt, daß
ein Rendezvous stattfinden soll, entfernt die Schwester,
der Rittmeister tritt herein und -- wird von ihm er¬
schossen. Den Monolog vor dem Morde trug Devrient
meisterhaft vor. -- Der Sekretär kommt in's Gefängniß,
der Präsident muß ihn dem Gericht überliefern und --
erfährt, daß sein Sohn es ist, der sterben muß, weil
er -- seinen eigenen Bruder erschossen ...

Es wurde während der Szene zwischen Beschort und
Devrient nicht applaudirt, aber man hätte eine Nadel
fallen, eine Fliege summen hören können -- so aufmerk¬
sam, so athemlos gespannt verfolgte das Publikum das
Spiel dieser Meister. Alles sagte der unglückliche Sohn,

dem Gipfel des Glückes vergißt er, daß ein früher ge¬
borener Sohn auch Anſprüche hat. Ein Bürgermädchen
wurde einſt von ihm getäuſcht — verlaſſen … Sie
erzog ihr Kind mit übermenſchlicher Anſtrengung zu
einem edlen jungen Mann. Dieſer (Devrient) iſt Idealiſt,
geiſtreich, ernährt eine Schweſter durch eine Stelle als
Sekretär, kennt ſeinen Vater nicht, haßt aber den
Adel, weil er ahnt, was ſeine Mutter einſt durch einen
Hochgeſtellten gelitten. Er will auch nicht, daß ſeine
Schweſter eine junge Gräfin (mich) bei ſich ſieht, die
unter dem Vorwand kommt, Arbeit zu beſtellen und
weil ſie das Bürgermädchen gern hat, in Wahrheit aber
— weil ſie heimliche Liebe für den Sekretär empfindet.
Er warnt auch ſeine Schweſter vor den Liebesverſicherungen
ihres Bruders — des Rittmeiſters, und erklärt: er würde
ihn tödten, wenn er nicht fern bliebe. — Er erfährt, daß
ein Rendezvous ſtattfinden ſoll, entfernt die Schweſter,
der Rittmeiſter tritt herein und — wird von ihm er¬
ſchoſſen. Den Monolog vor dem Morde trug Devrient
meiſterhaft vor. — Der Sekretär kommt in's Gefängniß,
der Präſident muß ihn dem Gericht überliefern und —
erfährt, daß ſein Sohn es iſt, der ſterben muß, weil
er — ſeinen eigenen Bruder erſchoſſen …

Es wurde während der Szene zwiſchen Beſchort und
Devrient nicht applaudirt, aber man hätte eine Nadel
fallen, eine Fliege ſummen hören können — ſo aufmerk¬
ſam, ſo athemlos geſpannt verfolgte das Publikum das
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[114/0142] dem Gipfel des Glückes vergißt er, daß ein früher ge¬ borener Sohn auch Anſprüche hat. Ein Bürgermädchen wurde einſt von ihm getäuſcht — verlaſſen … Sie erzog ihr Kind mit übermenſchlicher Anſtrengung zu einem edlen jungen Mann. Dieſer (Devrient) iſt Idealiſt, geiſtreich, ernährt eine Schweſter durch eine Stelle als Sekretär, kennt ſeinen Vater nicht, haßt aber den Adel, weil er ahnt, was ſeine Mutter einſt durch einen Hochgeſtellten gelitten. Er will auch nicht, daß ſeine Schweſter eine junge Gräfin (mich) bei ſich ſieht, die unter dem Vorwand kommt, Arbeit zu beſtellen und weil ſie das Bürgermädchen gern hat, in Wahrheit aber — weil ſie heimliche Liebe für den Sekretär empfindet. Er warnt auch ſeine Schweſter vor den Liebesverſicherungen ihres Bruders — des Rittmeiſters, und erklärt: er würde ihn tödten, wenn er nicht fern bliebe. — Er erfährt, daß ein Rendezvous ſtattfinden ſoll, entfernt die Schweſter, der Rittmeiſter tritt herein und — wird von ihm er¬ ſchoſſen. Den Monolog vor dem Morde trug Devrient meiſterhaft vor. — Der Sekretär kommt in's Gefängniß, der Präſident muß ihn dem Gericht überliefern und — erfährt, daß ſein Sohn es iſt, der ſterben muß, weil er — ſeinen eigenen Bruder erſchoſſen … Es wurde während der Szene zwiſchen Beſchort und Devrient nicht applaudirt, aber man hätte eine Nadel fallen, eine Fliege ſummen hören können — ſo aufmerk¬ ſam, ſo athemlos geſpannt verfolgte das Publikum das Spiel dieſer Meiſter. Alles ſagte der unglückliche Sohn,

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/142>, abgerufen am 24.11.2024.