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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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spielen kann: der Mann seiner Frau zu sein! -- also:
hüte Dich davor, Louis!

Beim Abschied umarmte uns Frau von Varnhagen
sehr herzlich und nahm uns das Versprechen ab, recht
oft zur traulichen Theestunde zu kommen ... Wenn wir
nur die unschmackhafte Milchsuppe von Mann nicht mit
in den Kauf nehmen müßten!

Viele genußreiche, gemüthliche Stunden verlebten wir
schon bei Rahel. Sie scheint mir gewogen zu sein und
Gefallen an meiner übermüthigen, jungen Fröhlichkeit zu
finden, und ermuntert mich, stets so frisch von der Leber
weg zu sprechen, wie mir es gerade einfällt. Einst sagte
sie lachend zur Mutter, nachdem ihr Augenglas sehr be¬
schäftigt gewesen war, mich zu fixiren, und ich so recht
toll geplaudert hatte: "Ihre Tochter ist ein Narr! --
aber -- ein lieber Narr!" Ich bestehe nun darauf, stets
so titulirt zu werden, denn dann ist -- oder wird Rahel
selber heiter und unnachahmlich liebenswürdig.

Du fragst, ob Madame Milder-Hauptmann noch
an die Emmeline in der Schweizerfamilie erinnere, die
uns damals in Karlsruhe so entzückte -- bezauberte? --
Ach, Louis -- wie ward mir das Herz so weh ... über
das Verblühen und Verblassen und Verklingen des armen
Menschenlebens, da das Ideal unserer frohen Kinderjahre
jetzt vor der jungen Kollegin stand: eine Marmorstatue,
der es erlaubt worden, sich auf Augenblicke zu beleben! Keine
Muskel zuckte in dem edel geformten Gesichte, die Augen
blickten kalt -- fast starr -- wie abwesend. Gleich schweren

ſpielen kann: der Mann ſeiner Frau zu ſein! — alſo:
hüte Dich davor, Louis!

Beim Abſchied umarmte uns Frau von Varnhagen
ſehr herzlich und nahm uns das Verſprechen ab, recht
oft zur traulichen Theeſtunde zu kommen … Wenn wir
nur die unſchmackhafte Milchſuppe von Mann nicht mit
in den Kauf nehmen müßten!

Viele genußreiche, gemüthliche Stunden verlebten wir
ſchon bei Rahel. Sie ſcheint mir gewogen zu ſein und
Gefallen an meiner übermüthigen, jungen Fröhlichkeit zu
finden, und ermuntert mich, ſtets ſo friſch von der Leber
weg zu ſprechen, wie mir es gerade einfällt. Einſt ſagte
ſie lachend zur Mutter, nachdem ihr Augenglas ſehr be¬
ſchäftigt geweſen war, mich zu fixiren, und ich ſo recht
toll geplaudert hatte: »Ihre Tochter iſt ein Narr! —
aber — ein lieber Narr!« Ich beſtehe nun darauf, ſtets
ſo titulirt zu werden, denn dann iſt — oder wird Rahel
ſelber heiter und unnachahmlich liebenswürdig.

Du fragſt, ob Madame Milder-Hauptmann noch
an die Emmeline in der Schweizerfamilie erinnere, die
uns damals in Karlsruhe ſo entzückte — bezauberte? —
Ach, Louis — wie ward mir das Herz ſo weh … über
das Verblühen und Verblaſſen und Verklingen des armen
Menſchenlebens, da das Ideal unſerer frohen Kinderjahre
jetzt vor der jungen Kollegin ſtand: eine Marmorſtatue,
der es erlaubt worden, ſich auf Augenblicke zu beleben! Keine
Muskel zuckte in dem edel geformten Geſichte, die Augen
blickten kalt — faſt ſtarr — wie abweſend. Gleich ſchweren

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[92/0120] ſpielen kann: der Mann ſeiner Frau zu ſein! — alſo: hüte Dich davor, Louis! Beim Abſchied umarmte uns Frau von Varnhagen ſehr herzlich und nahm uns das Verſprechen ab, recht oft zur traulichen Theeſtunde zu kommen … Wenn wir nur die unſchmackhafte Milchſuppe von Mann nicht mit in den Kauf nehmen müßten! Viele genußreiche, gemüthliche Stunden verlebten wir ſchon bei Rahel. Sie ſcheint mir gewogen zu ſein und Gefallen an meiner übermüthigen, jungen Fröhlichkeit zu finden, und ermuntert mich, ſtets ſo friſch von der Leber weg zu ſprechen, wie mir es gerade einfällt. Einſt ſagte ſie lachend zur Mutter, nachdem ihr Augenglas ſehr be¬ ſchäftigt geweſen war, mich zu fixiren, und ich ſo recht toll geplaudert hatte: »Ihre Tochter iſt ein Narr! — aber — ein lieber Narr!« Ich beſtehe nun darauf, ſtets ſo titulirt zu werden, denn dann iſt — oder wird Rahel ſelber heiter und unnachahmlich liebenswürdig. Du fragſt, ob Madame Milder-Hauptmann noch an die Emmeline in der Schweizerfamilie erinnere, die uns damals in Karlsruhe ſo entzückte — bezauberte? — Ach, Louis — wie ward mir das Herz ſo weh … über das Verblühen und Verblaſſen und Verklingen des armen Menſchenlebens, da das Ideal unſerer frohen Kinderjahre jetzt vor der jungen Kollegin ſtand: eine Marmorſtatue, der es erlaubt worden, ſich auf Augenblicke zu beleben! Keine Muskel zuckte in dem edel geformten Geſichte, die Augen blickten kalt — faſt ſtarr — wie abweſend. Gleich ſchweren

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/120>, abgerufen am 23.11.2024.