Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

genug zu behalten, um ihre gefiederten Freunde nicht
abschaffen zu müssen!"

"Gefiederte Freunde?" fragte ich verwundert.

"Ja, bemerkten Sie denn nicht die Menge Käfige
mit Kanarienvögeln? Frau Krikeberg hört das lustige
Geschmetter so gern und freut sich kindisch, wenn die
reizenden Haushaltungen durch ausgebrütete Ankömm¬
linge vermehrt werden. Sie hat mir soeben versprochen,
nächstens einen Kaffee zu geben mit Theater-Damen --
vom Großmutterfach bis zu den Kinderrollen. Sie
kommen auch, lieber Narr?"

"Mit Freuden! ich helfe dann die Honneurs machen."

"Und ich spendire die Kuchen. Das wird hübsch
werden. Ich verkehre gern mit dem Theatervölkchen.
Es sind meistens gute Menschen; wenn auch der Dämon
der Leidenschaften unter ihnen wohnt, so macht er sich
doch nur blitzartig -- vorübergehend bemerkbar. Das
Bessere überwiegt bei weitem die Fehler -- und ich
wiederhole, ich liebe, ich verehre die Künstler, ihr Um¬
gang erfrischt mein Gemüth!"

Während dieser Lobeserhebungen hatte ich meine
liebe Noth: bald mußte ich das Tuch erhaschen, welches
stets von Rahel's Schultern glitt, dem Hut unbemerkt
einen Knuff geben, denn er war schief aufgesetzt -- sie
stützen, denn alle Augenblicke trat sie auf ihr zu langes
Kleid. Sie umarmte mich herzlich und schien keine
Ahnung zu haben von ihrer so ganz eigenen, wunder¬
lichen Toilette. Als ich Frau Brede frug, weshalb sie,

genug zu behalten, um ihre gefiederten Freunde nicht
abſchaffen zu müſſen!«

»Gefiederte Freunde?« fragte ich verwundert.

»Ja, bemerkten Sie denn nicht die Menge Käfige
mit Kanarienvögeln? Frau Krikeberg hört das luſtige
Geſchmetter ſo gern und freut ſich kindiſch, wenn die
reizenden Haushaltungen durch ausgebrütete Ankömm¬
linge vermehrt werden. Sie hat mir ſoeben verſprochen,
nächſtens einen Kaffee zu geben mit Theater-Damen —
vom Großmutterfach bis zu den Kinderrollen. Sie
kommen auch, lieber Narr?«

»Mit Freuden! ich helfe dann die Honneurs machen.«

»Und ich ſpendire die Kuchen. Das wird hübſch
werden. Ich verkehre gern mit dem Theatervölkchen.
Es ſind meiſtens gute Menſchen; wenn auch der Dämon
der Leidenſchaften unter ihnen wohnt, ſo macht er ſich
doch nur blitzartig — vorübergehend bemerkbar. Das
Beſſere überwiegt bei weitem die Fehler — und ich
wiederhole, ich liebe, ich verehre die Künſtler, ihr Um¬
gang erfriſcht mein Gemüth!«

Während dieſer Lobeserhebungen hatte ich meine
liebe Noth: bald mußte ich das Tuch erhaſchen, welches
ſtets von Rahel's Schultern glitt, dem Hut unbemerkt
einen Knuff geben, denn er war ſchief aufgeſetzt — ſie
ſtützen, denn alle Augenblicke trat ſie auf ihr zu langes
Kleid. Sie umarmte mich herzlich und ſchien keine
Ahnung zu haben von ihrer ſo ganz eigenen, wunder¬
lichen Toilette. Als ich Frau Brede frug, weshalb ſie,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="85"/>
genug zu behalten, um ihre gefiederten Freunde nicht<lb/>
ab&#x017F;chaffen zu mü&#x017F;&#x017F;en!«</p><lb/>
        <p>»Gefiederte Freunde?« fragte ich verwundert.</p><lb/>
        <p>»Ja, bemerkten Sie denn nicht die Menge Käfige<lb/>
mit Kanarienvögeln? Frau Krikeberg hört das lu&#x017F;tige<lb/>
Ge&#x017F;chmetter &#x017F;o gern und freut &#x017F;ich kindi&#x017F;ch, wenn die<lb/>
reizenden Haushaltungen durch ausgebrütete Ankömm¬<lb/>
linge vermehrt werden. Sie hat mir &#x017F;oeben ver&#x017F;prochen,<lb/>
näch&#x017F;tens einen Kaffee zu geben mit Theater-Damen &#x2014;<lb/>
vom Großmutterfach bis zu den Kinderrollen. Sie<lb/>
kommen auch, lieber Narr?«</p><lb/>
        <p>»Mit Freuden! ich helfe dann die Honneurs machen.«</p><lb/>
        <p>»Und ich &#x017F;pendire die Kuchen. Das wird hüb&#x017F;ch<lb/>
werden. Ich verkehre gern mit dem Theatervölkchen.<lb/>
Es &#x017F;ind mei&#x017F;tens gute Men&#x017F;chen; wenn auch der Dämon<lb/>
der Leiden&#x017F;chaften unter ihnen wohnt, &#x017F;o macht er &#x017F;ich<lb/>
doch nur blitzartig &#x2014; vorübergehend bemerkbar. Das<lb/>
Be&#x017F;&#x017F;ere überwiegt bei weitem die Fehler &#x2014; und ich<lb/>
wiederhole, ich liebe, ich verehre die Kün&#x017F;tler, ihr Um¬<lb/>
gang erfri&#x017F;cht mein Gemüth!«</p><lb/>
        <p>Während die&#x017F;er Lobeserhebungen hatte ich meine<lb/>
liebe Noth: bald mußte ich das Tuch erha&#x017F;chen, welches<lb/>
&#x017F;tets von Rahel's Schultern glitt, dem Hut unbemerkt<lb/>
einen Knuff geben, denn er war &#x017F;chief aufge&#x017F;etzt &#x2014; &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;tützen, denn alle Augenblicke trat &#x017F;ie auf ihr zu langes<lb/>
Kleid. Sie umarmte mich herzlich und &#x017F;chien keine<lb/>
Ahnung zu haben von ihrer &#x017F;o ganz eigenen, wunder¬<lb/>
lichen Toilette. Als ich Frau Brede frug, weshalb <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi>,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0113] genug zu behalten, um ihre gefiederten Freunde nicht abſchaffen zu müſſen!« »Gefiederte Freunde?« fragte ich verwundert. »Ja, bemerkten Sie denn nicht die Menge Käfige mit Kanarienvögeln? Frau Krikeberg hört das luſtige Geſchmetter ſo gern und freut ſich kindiſch, wenn die reizenden Haushaltungen durch ausgebrütete Ankömm¬ linge vermehrt werden. Sie hat mir ſoeben verſprochen, nächſtens einen Kaffee zu geben mit Theater-Damen — vom Großmutterfach bis zu den Kinderrollen. Sie kommen auch, lieber Narr?« »Mit Freuden! ich helfe dann die Honneurs machen.« »Und ich ſpendire die Kuchen. Das wird hübſch werden. Ich verkehre gern mit dem Theatervölkchen. Es ſind meiſtens gute Menſchen; wenn auch der Dämon der Leidenſchaften unter ihnen wohnt, ſo macht er ſich doch nur blitzartig — vorübergehend bemerkbar. Das Beſſere überwiegt bei weitem die Fehler — und ich wiederhole, ich liebe, ich verehre die Künſtler, ihr Um¬ gang erfriſcht mein Gemüth!« Während dieſer Lobeserhebungen hatte ich meine liebe Noth: bald mußte ich das Tuch erhaſchen, welches ſtets von Rahel's Schultern glitt, dem Hut unbemerkt einen Knuff geben, denn er war ſchief aufgeſetzt — ſie ſtützen, denn alle Augenblicke trat ſie auf ihr zu langes Kleid. Sie umarmte mich herzlich und ſchien keine Ahnung zu haben von ihrer ſo ganz eigenen, wunder¬ lichen Toilette. Als ich Frau Brede frug, weshalb ſie,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/113
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/113>, abgerufen am 23.11.2024.