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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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mann hatte in früheren Jahren den Edwin gesungen.
Recht wehmüthig stimmte mich der Anblick der ver¬
gilbten Rolle; neben dem ausgestrichenen verblichenen
Namen der auf immer Verstummten lacht mein junger,
lebensfrischer Name von Graf Brühl's fester Hand
geschrieben. Für mich ein mahnendes Memento mori!
kein triumphirendes vive le Roi! Ich übernehme die
geistige Erbschaft der großen Künstlerin mit ernster An¬
dacht -- sie ist mir wie ein Gruß aus Jenseits: "Strebe
beharrlich vorwärts, um der Ehre würdig zu sein, mich
ersetzen zu dürfen; es ist schwer, Lorbern zu pflücken
-- auch ich mußte sie erkämpfen!"

Und welche, -- und wie viele jugend- und glück¬
strahlende Namen werden einst -- vielleicht bald neben
meinem verblaßten stehen?!

Doch -- laß Dich nicht irre machen durch die mo¬
mentane Sentimentalität Deiner Schwester -- meine
Mobilität wächst im Gegentheil riesig. Leicht ergriffen
-- noch schneller getröstet, erscheint mir mein Charakter
für den erwählten Beruf ganz geeignet.

Und nun, mein Bruder, zu meinen neuen Erleb¬
nissen! Freund Bethmann hätte zu keiner passenderen
Zeit in Berlin wieder eintreffen können, als während
meiner unfreiwilligen Ferien. Seine beruhigenden Ver¬
sicherungen trugen viel dazu bei, uns wieder heiter zu
stimmen. Bethmann lobte meine Selbstüberwindung:
der momentan glänzenden Stellung entsagt zu haben,
um eine in den Augen der Welt unbedeutendere, aber

mann hatte in früheren Jahren den Edwin geſungen.
Recht wehmüthig ſtimmte mich der Anblick der ver¬
gilbten Rolle; neben dem ausgeſtrichenen verblichenen
Namen der auf immer Verſtummten lacht mein junger,
lebensfriſcher Name von Graf Brühl's feſter Hand
geſchrieben. Für mich ein mahnendes Memento mori!
kein triumphirendes vive le Roi! Ich übernehme die
geiſtige Erbſchaft der großen Künſtlerin mit ernſter An¬
dacht — ſie iſt mir wie ein Gruß aus Jenſeits: »Strebe
beharrlich vorwärts, um der Ehre würdig zu ſein, mich
erſetzen zu dürfen; es iſt ſchwer, Lorbern zu pflücken
— auch ich mußte ſie erkämpfen!«

Und welche, — und wie viele jugend- und glück¬
ſtrahlende Namen werden einſt — vielleicht bald neben
meinem verblaßten ſtehen?!

Doch — laß Dich nicht irre machen durch die mo¬
mentane Sentimentalität Deiner Schweſter — meine
Mobilität wächſt im Gegentheil rieſig. Leicht ergriffen
— noch ſchneller getröſtet, erſcheint mir mein Charakter
für den erwählten Beruf ganz geeignet.

Und nun, mein Bruder, zu meinen neuen Erleb¬
niſſen! Freund Bethmann hätte zu keiner paſſenderen
Zeit in Berlin wieder eintreffen können, als während
meiner unfreiwilligen Ferien. Seine beruhigenden Ver¬
ſicherungen trugen viel dazu bei, uns wieder heiter zu
ſtimmen. Bethmann lobte meine Selbſtüberwindung:
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[78/0106] mann hatte in früheren Jahren den Edwin geſungen. Recht wehmüthig ſtimmte mich der Anblick der ver¬ gilbten Rolle; neben dem ausgeſtrichenen verblichenen Namen der auf immer Verſtummten lacht mein junger, lebensfriſcher Name von Graf Brühl's feſter Hand geſchrieben. Für mich ein mahnendes Memento mori! kein triumphirendes vive le Roi! Ich übernehme die geiſtige Erbſchaft der großen Künſtlerin mit ernſter An¬ dacht — ſie iſt mir wie ein Gruß aus Jenſeits: »Strebe beharrlich vorwärts, um der Ehre würdig zu ſein, mich erſetzen zu dürfen; es iſt ſchwer, Lorbern zu pflücken — auch ich mußte ſie erkämpfen!« Und welche, — und wie viele jugend- und glück¬ ſtrahlende Namen werden einſt — vielleicht bald neben meinem verblaßten ſtehen?! Doch — laß Dich nicht irre machen durch die mo¬ mentane Sentimentalität Deiner Schweſter — meine Mobilität wächſt im Gegentheil rieſig. Leicht ergriffen — noch ſchneller getröſtet, erſcheint mir mein Charakter für den erwählten Beruf ganz geeignet. Und nun, mein Bruder, zu meinen neuen Erleb¬ niſſen! Freund Bethmann hätte zu keiner paſſenderen Zeit in Berlin wieder eintreffen können, als während meiner unfreiwilligen Ferien. Seine beruhigenden Ver¬ ſicherungen trugen viel dazu bei, uns wieder heiter zu ſtimmen. Bethmann lobte meine Selbſtüberwindung: der momentan glänzenden Stellung entſagt zu haben, um eine in den Augen der Welt unbedeutendere, aber

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/106>, abgerufen am 22.11.2024.